Sitzung vom 22. September 1909 401 hafte Effekt eintreten, daß die Kurſe ſinken, und daß und würde inſofern ein Unikum in der Geſetz⸗ vor allen Dingen — hier iſt der Kernpunkt des Intereſſes der Steuerzahler — bei Neuemiſſionen nur niedrigere Preiſe als bisher erzielt werden könnten. Nach der Berechnung, die uns der Herr Kämmerer im Ausſchuß vorlegte, wird die Talon⸗ ſteuer im Durchſchnitt der nächſten 10 Jahre die Stadt mit 25 000 ℳ belaſten. Würden wir aber die Talonſteuer nicht übernehmen, dann würde — das unterliegt nach dem, was im Ausſchuß aus⸗ geführt worden iſt, nicht dem geringſten Zweifel — der Kurs der Kommunalanleihen — die, wie ich hier einſchalten darf, überhaupt ein Papier ſind, das auf dem Markte nicht allzu gern geſehen wird — um mindeſtens 1 % fallen. Das hieße bei einer einzigen Anleihe von 20 Millionen 200 000 ℳ. Dieſe 200 000 ℳ würden natürlich dem Stadtſäckel entzogen werden, und der Verluſt, der auf dieſe Weiſe für die ſtädtiſche Bürgerſchaft entſtünde, wäre viel größer als der, der bedauerlicherweiſe entſtehen wird, wenn wir die Talonſteuer über⸗ nehmen. Deshalb dürfen wir uns nicht wundern, daß von den Kommunen, die ſich bisher mit der Angelegenheit befaßt haben, auch die weitaus meiſten beſchloſſen haben, die Steuer zu über⸗ nehmen. Es haben bisher ſo beſchloſſen Hannover, Düſſeldorf, Crefeld, Flensburg, Würzburg, Kottbus, Karlsruhe, Regensburg und Ludwigshafen; nur Altona und Linden haben ſich bisher auf den ent⸗ gegengeſetzten Standpunkt geſtellt. Dieſe Liſte, die der Herr Kämmerer ſich kurz vor unſerer Aus⸗ ſchußſitzung verſchafft hat, kann übrigens auf Vollſtändigkeit keinen Anſpruch erheben; denn gerade in den letzten Tagen haben ſich noch andere Kommunen in größerer Zahl damit befaßt, und es dürfte anzunehmen ſein, daß die meiſten zu dem Beſchluſſe gekommen ſind, die Talonſteuer zu tragen. Meine Herren, aus dieſen Geſichtspunkten, über die ſich mit einer Ausnahme ſämtliche Mit⸗ glieder des Ausſchuſſes einig waren, ergibt ſich die Konſequenz, daß wir die Talonſteuer übernehmen, wie es die Magiſtratsvorlage vorſchlägt, für die nach dem 1. Auguſt ausgegebenen Talons. Da⸗ gegen beantragt der Ausſchuß einſtimmig, die Magiſtratsvorlage abzulehnen, ſoweit es ſich um die vor dem 1. Auguſt ausgegebenen Talons handelt, weil in dieſer Beziehung nach der Rechts⸗ lage eine Verpflichtung zur Zahlung der Steuer nach Anſicht des Ausſchuſſes nicht beſteht. Auch der Herr Vertreter des Magiſtrats hat ſich mit dieſer Stellungnahme des Ausſchuſſes abgefunden. Indem der Ausſchuß dieſen Beſchluß gefaßt hat, meine Herren, hat er allerdings auch zum Ausdruck bringen wollen — und ich hoffe, Sie werden ſich gerade darin dem Ausſchuſſe gern an⸗ ſchließen —, daß er durchaus nicht geneigt iſt, ſich ſchon jetzt mit der Idee eines künftigen Ergänzungs⸗ geſetzes abzufinden, das etwa die Steuer ausdehnt, (Sehr richtig!) daß er vielmehr erwartet, daß der Geſetzgeber nicht dazu kommen wird, ein Geſetz zu machen, das den Traditionen der deutſchen Geſetzgebung wider⸗ ſprechen würde. Denn, meine Herren, ein Geſetz, das jetzt noch die Talonſteuer hinſichtlich der vor dem 1. Auguſt, alſo vor dem Inkrafttreten des Geſetzes ausgegebenen Talons einführen würde, wäre in gewiſſem Sinne ein Geſetz mit rück⸗ wirkender Kraft, das in erworbene Rechte eingreift, gebung bilden. Aber abgeſehen von dem formalen Geſichtspunkt, verlangen wir doch auch von dem Geſetzgeber, daß er auf den wirtſchaftlichen Erfolg Rückſicht nimmt und dem völligen Fiasko, das dieſe Steuer gemacht hat, und das gar nicht ſchärfer zum Ausdruck kommen kann als in dem Entſchluſſe der Städte, der Hypothekenbanken und der Land⸗ ſchaften, demzufolge ſie die Steuer übernehmen müſſen und nicht die Inhaber der Wertpapiere, — daß er dieſem Fiasko Rechnung trägt und nicht noch ein Geſetz ſchafft, das dieſe ſchlechte Steuer noch verſchärft und noch mehr die Faktoren belaſtet, die nicht belaſtet werden ſollen und im Sinne einer Beſitzſteuer auch ganz gewiß nicht belaſtet werden dürfen. (Bravo!) Stadtv. Liſſauer: Ich ſtimme mit dem Herrn Berichterſtatter darin überein, daß die Steuer als ſolche nicht glücklich gewählt und nicht glücklich formuliert iſt, beſonders aus dem Grunde, weil man zwar die Reichsanleihen und die ſtaatlichen Anleihen freigelaſſen hat und mit demſelben Rechte auch die ſtädtiſchen Anleihen hätte freilaſſen müſſen. Denn wie jene beſtimmt ſind, für die Anſtalten des Staates die Koſten zu tragen, ſo ſind die ſtädtiſchen Anleihen beſtimmt, das für die Kommunen zu be⸗ ſorgen. Nach Lage der Sache aber kann ich nicht dem zuſtimmen, daß nun die Kommunen berechtigt ſind, die Talonſteuer ſelbſt zu übernehmen, und zwar, ſoweit ſie Anleihen betreffen, die bereits emittiert ſind. Wir wollen uns doch einmal das rechtliche Ver⸗ hältnis klarmachen. Der jetzige Inhaber der Obli⸗ gationen hat dieſe gegen einen beſtimmten Preis übernommen, und er hat jetzt das Recht, Talons zur weiteren Zinszahlung zu verlangen. Zweifellos iſt er auch verpflichtet, den jetzt verfügten Stempel demjenigen zu erſetzen, der deren Übergabe ver⸗ mittelt. Wenn nun die Inhaber unſerer Stadt⸗ obligationen ſämtlich Charlottenburger Bürger wären, dann könnte man vielleicht ſagen: nun, das iſt ein rechneriſches Exempel, bei dem das aus der einen Taſche Entnommene in die andere Taſche des Charlottenburger Bürgers wandert. Das iſt aber nicht der Fall. Die meiſten Inhaber wohnen vielmehr in ganz Preußen, im Reiche; es ſind alſo für Charlottenburg Forenſen, für die wir gar keine Veranlaſſung haben, irgendwelche Koſten zu tragen, und namentlich deshalb nicht, weil der Stadtſäckel nicht bloß aus den Taſchen der Be⸗ ſitzenden, ſondern auch aus denen der weniger Be⸗ ſitzenden gefüllt wird. Wenn wir uns das rechneriſch vergegenwärtigen, ſteuern die Steuerzahler zwiſchen 900 und 3000 ℳ., wenn man Einkommenſteuer und Gewerbeſteuer und ſonſtige Steuerumlagen zu⸗ ſammenrechnet, etwa den dritten Teil zu den direkten Steuern, ohne daß ſie zu den Beſitzenden abſolut zu zählen ſind — und ſie ſollen dazu beitragen, für fremde Bürger, die gar nicht zur Gemeinde ge⸗ hören, Stempelſteuer nun zu erſetzen, wozu ſie abſolut gar keine Veranlaſſung haben! Der Zuſchuß für die Talonſteuer beträgt nach den Angaben des Herrn Stadtkämmerers jährlich 25 000 ℳ. Wenn wir uns z. B. vorſtellen, daß der Stempel ſtatt 2 per Mille 5 per Mille betragen würde, ſo würde die Ausgabe für den Stadtſäckel einige 60 000 ℳ betragen, und wenn durch irgend⸗