418 Sitzung vom 20. Oktober 1909 nicht noch weiter erhöht wird, wie es nach allem, Recht ſuchen, ſo milde zu beſcheiden, wie es unter was mir darüber bekannt iſt, den Anſchein hat. Stadtv. Liſſauer: Meine Herren, der Herr Stadtrat hat ausgeführt, daß die Befreiungen ordnungsmäßig ſtattgefunden haben. Ich habe feſt⸗ geſtellt, daß die mir zu Geſicht gekommene Ver⸗ ordnung über die Müllabfuhr überhaupt dieſe Art von Befreiungen nicht zuläßt. Was der Herr Stadt⸗ rat ſagte: es gibt Leute, die kein Müll im Hauſe haben, in den Häuſern, die nur von ein paar Parteien bewohnt werden —, das kann doch nicht à la lettre genommen werden. Müll iſt in einem jeden Hauſe, und es iſt doch ganz klar, daß, wenn jeder für ſich eine Ausnahme konſtruieren will, wie wie er ſie ſich denkt, dann auch jeder einzelne das Recht hat, ſein Müll auszuſondern und auf ſeine Weiſe fortzuſchaffen, was doch eben die „Drei⸗ teilung“ beſeitigen ſoll. Es kann doch aber eine Befreiung, ſoviel ich rechtsverſtändig bin, nur dann vorgenommen werden, wenn ſie auch in der Müll⸗ ordnung vorgeſehen iſt. Darin iſt aber nur vorge⸗ ſehen, daß lediglich gewerbliche Anlagen für den gewerblichen Abfall befreit ſind. Es iſt ja denkbar, daß beiſpielsweiſe auf einem Fabrikgrundſtücke, wo auch ein Wohnhaus für Beamte und dergleichen vorhanden iſt, eine geſonderte Feſtlegung des ge⸗ meinen Nutzungswerts vorgenommen iſt. In dieſem Falle muß dieſe Art der Befreiung von anderen Fällen unterſchieden werden. Wenn der Herr Stadtrat meint, daß die Müllordnung auf ſeine Weiſe angeſehen werden könne, dann durchlöchert er meiner Anſicht nach das ganze Prinzip. Dann wird der eine aus de m Grunde, der andere aus jenem Grunde, der eine auf dieſe Weiſe, der andere auf jene Weiſe ſein Müll wieder ſelbſt beſeitigen. Es handelt ſich nicht darum, wie der Herr Stadtrat geſagt hat, ob es beiſeite gebracht wird, ſondern es handelt ſich darum, daß eine Dreiteilung ſtattfindet, wie es die Polizeiverordnung vorgeſchrieben hat. Alſo die Aufklärung erbitte ich mir noch vom Magiſtrat; vielleicht werde ich dann überzeugt. Ich habe bis jetzt nur einſeitige Informationen bekommen. Was die formelle Frage des Tones betrifft, ſo möchte ich dies nicht weiter ausführen, es könnte dies als Nebenſache der Sache ſelbſt vielleicht Ab⸗ bruch tun. Ich habe geſagt, daß keine Angriffe ſeitens des Hausbeſitzervereins gemacht worden ſind, Herr Stadtverordnetenvorſteher, und daß daher auch keine Angriffe zurückgewieſen werden können. Bürger haben auseinandergeſetzt, daß neue ſtädtiſche Einrichtungen ſie belaſten, und ſie bitten, für die Folge darauf zu achten, daß dieſe Belaſtung fortfällt oder ermäßigt wird. Das ſind doch keine Angriffe gegen den Magiſtrat oder die Stadtverordnetenverſammlung; ſie können daher auch nicht zurückgewieſen werden. Wenn die Stadtverordnetenverſammlung oder der Magiſtrat eine Engabe an die Regierung mit ſolchen Dar⸗ legungen macht und der Herr Regierungspräſident Ihnen antwortet: Ihre Angriffe gegen das und das werden zurückgewieſen, dann würden Sie mit Recht ſehr empört ſein. Was dem einen recht iſt, iſt dem andern billig. Aber ich bin noch zu jung, zu neu in Ihrem Kreiſe, um vielleicht ganz genau den Ton zu kennen, der üblich iſt. Iſt das ſo üblich, ſo ziehe ich meine Bedenken zurück. Für meinen Teil würde ich es immer für beſſer halten, Petenten, die ihr Bürgern der Fall ſein ſoll. Ich beſtehe aber auf dieſer Forderung nicht, ſondern erbitte mir nur eine Erklärung, auf welche Beſtimmungen ſich dieſe Befreiungen gründen, und wie ſie zu recht⸗ fertigen ſind. Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, ich vermag zwar nicht einzuſehen, welcher Zuſammen⸗ hang zwiſchen der Petition und der Angelegenheit beſteht, die Herr Stadtv. Liſſauer hier eben angeregt hat. Die Beſchwerde, um nicht zu ſagen der Angriff des Herrn Stadtv. Liſſauer richtet ſich da⸗ gegen, daß von tauſend und ſo und ſoviel Haus⸗ beſitzern 59 nicht zur Müllabfuhr veranlagt ſind, obgleich ſie nach der Anſchauung des Herrn Stadtv. Liſſauer dazu hätten veranlagt werden ſollen. Daraus kann doch unu keineswegs hergeleitet werden, daß die andern Hausbeſitzer auch ein Recht haben nicht veranlagt zu werden, oder ein Recht, daß ſie die Mülleinrichtung nicht zu benutzen hätten. (Zuruf: Doch!) Mit demſelben Recht können Sie ſagen: wenn ſo und ſoviele Bürger von der Einkommenſteuer oder ähnlichen Abgaben freigeſtellt werden, haben alle übrigen Bürger auch das Recht, keine Einkommen⸗ ſteuer zu bezahlen. (Zurufe: Das iſt was anderes!) — Ich habe dieſe Vorausſetzung nur bedingt aus⸗ geſprochen; jedenfalls könnte doch nur unter Erfüllung dieſer Vorausſetzung der daraus gezogene Schluß eintreffen. Aber daß dieſe Vorausſetzung zutrifft, d. h., daß jene Hausbeſitzer die Ver⸗ pflichtung haben, die Müllgebühr zu bezahlen, und daß ſie von dieſer Pflicht willkürlich befreit worden ſind, iſt von keiner Seite bewieſen worden. Jedenfalls hat dieſe ganze Erörterung abſolut nichts mit dem Gegenſtande der Petition zu tun, die uns augenblicklich beſchäftigt. Ob ich daher auf die Materie noch eingehen ſoll, iſt mir ſehr zweifel⸗ haft. Ich glaube nicht, daß wir dieſe Frage hier klären werden. Wenn Sie es für nötig halten, würde es ſich vielleicht empfehlen, die Angelegenheit noch einmal an den Ausſchuß zurückzuverweiſen. (Sehr richtig!) Zur weiteren Prüfung würde es notwendig ſein, daß man die ganze Polizeiordnung über die Müll⸗ abfuhr, unſer Statut, eingehend durcharbeitet und auslegt. Ich werde für den Augenblick darauf ver⸗ zichten, die Sache weiter zu erörtern, weil ich tat⸗ ſächlich nicht davon überzeugt bin, daß dieſe ganze Angelegenheit mit der hier in Frage ſtehenden Petition überhaupt etwas zu tun hat. Sollte die Diskuſſion ſich mit dem Gegenſtande weiter be⸗ ſchäftigen, ſo wird ſich noch Gelegenheit finden, vielleicht auch hier im Plenum darauf zurückzu⸗ greifen. Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, der Herr Vorſteher hat es ja bereits zurückgewieſen, daß der Petitionsausſchuß hier eine herbe Form ge⸗ wählt habe; aber ich glaube, ſowohl der Herr Vor⸗ ſteher als Herr Kollege Liſſauer haben ſich in einem Irtum befunden, wenn ſie annahmen, daß der Petitionsausſchuß Angriffe als unbegründet zurück⸗ gewieſen hat. Davon ſteht nirgends etwas. Der Petitionsausſchuß hat nicht Angriffe als unbe⸗ ½. zurückgewieſen, ſondern er hat lediglich den bergang zur Tagesordnung empfohlen. (Sehr richtig!)