Sitzung vom 20. Oktober 1909 UÜber die Zurückweiſung von Angriffen durch den Magiſtrat iſt lediglich referierend etwas geſagt; dieſe Angriffe gehen alſo den Petitionsausſchuß nichts an. Meine Herren, aus dem Umſtande, daß der Ausſchuß Ubergang zur Tagesordnung empfiehlt, kann, glaube ich, keiner von unſern Kollegen einen Vorwurf gegen den Petitionsausſchuß herleiten; denn in der Lage ſind wir ſehr häufig. Ob es be⸗ gründet oder nicht begründet iſt, darüber haben Sie zu entſcheiden, die Stadtverordnetenverſammlung. Aber eine Schroffheit der Form liegt darin nicht. Es kommt eben darauf an, ob das uns unterbreitete Material uns dazu führt, den Ubergang zur Tages⸗ ordnung zu empfehlen oder eine Überweiſung an den Magiſtrat als Material bzw. zur Berückſichti⸗ gung. Ich glaube, dieſe Angelegenheit wird damit wohl erledigt ſein. Ich habe das nur noch be⸗ ſonders betont, weil ich Mitglied des Petitionsaus⸗ ſchuſſes und inſofern etwas beteiligt bin. Nun aber käme die andere Frage der Be⸗ freiung der Hausbeſitzer von der Müllabfuhr. Meine Herren, dieſe Angelegenheit — es war eben davon die Rede, ſie an den Petitionsausſchuß zurückzuverweiſen — iſt im Ausſchuß auch ſehr ein⸗ gehend erwogen worden. Dabei hat ſich heraus⸗ geſtellt, daß, wenn jemand ein Recht hat, darauf hinzuweiſen, daß einzelne Grundbeſitzer ſich der Ver⸗ pflichtung entziehen, es die Geſellſchaft für Müll⸗ verwertung iſt, die in der Tat ein Intereſſe daran hat, möglichſt viel von den gut verwertbaren Ab⸗ fällen zu erhalten. Es iſt in den Zeitungen auch von einem oder mehreren Fällen die Rede ge⸗ weſen, wo die Geſellſchaft im Wege der Klage gegen Hausbeſitzer vorgegangen iſt. Wir haben uns im Petitionsausſchuß auf den Standpuntkt geſtellt, daß es in erſter Linie Sache der Müllabfuhrgeſellſchaft iſt, dieſe Frage zu erörtern. Im übrigen gebe ich aber Herrn Kollegen Liſſauer und auch den andern Herren, die in ähnlichem Sinne geſprochen haben, darin Recht, daß es nicht unbedenklich iſt, daß ein Teil der Hausbeſier in Charlott en b urg von der Ver⸗ pflichtung entbunden iſt. Wir müſſen doch bedenken: es beſteht nicht nur die Ver⸗ pflichtung, das Müll abfahren zu laſſen und die Gebühr zu bezahlen, ſondern auch die Verpflichtung, dieſe Dreiteilung, die von vielen unangenehm empfundene Dreiteilung in der Küche vorzunehmen. Daß ſehr viele Familien, die noch auf den alten Herden kochen, einen Teil des Mülls verbrennen könnten, wird von keiner Seite bezweifelt werden können. Ich möchte aber doch ſehr bezweifeln, ob die Müllabfuhrgeſellſchaft damit zufrieden ſein würde, wenn alle Familien das tun wollten. Alſo, meine Herren, es wird ſich wohl empfehlen, daß der Magiſtrat nähere Erwägungen über dieſe Frage einmal anſtellt. Er wird dann vielleicht zu einem beſtimmten Reſultat gelangen. Wenn Sie in dieſer Richtung wirken wollen, ſo würde ich anheimgeben, einen Antrag neben dem Antrag des Ausſchuſſes etwa dahin zu ſtellen, daß der Magiſtat Erwägungen über die vor⸗ gekommenen Befreiungen anſtellen möge. Aber eine Zurückverweiſung der Petition an den Aus⸗ ſchuß hat meines Erachtens gar keinen Zweck. Die Sache hängt auch nur loſe mit dieſer Petition zu⸗ ſammen. Wir können da weiter nichts machen. Die Befreiung von 59 Hausbeſitzern hat natürlich auch zur Folge, daß die andern Hausbeſitzer 419 höhere Abgaben zu zahlen haben; das iſt nicht zu leugnen. (Sehr richtig!) Ich glaube, dieſe Frage muß ſorgſam erwogen werden. Ich möchte Herrn Kollegen Liſſauer an⸗ regen, einen derartigen Antrag zu formulieren. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, ich möchte die ſpäteren Herren Redner bitten, wenn ich auch bisher nicht unterbrochen habe, bei dem Gegenſtande der Petition zu bleiben. Die letzte Diskuſſion, die Anregung zu beſonderen Anträgen hat mit dieſem Gegenſtande abſolut nichts zu tun. Hier handelt es ſich um die Aufhebung der Ordnung, die eingeführt worden iſt; das iſt zurückgewieſen worden. Ich möchte daher bitten, daß die ſpäteren Herren Redner möglichſt bei dieſer Sache bleiben. Haben Sie andere Wünſche, ſo werden Sie dieſe, zu einem Antrage verdichtet, hier zur Beratung bringen können. Stadtſyndikus Dr. Maier: Meine Herren, ſo bedauerlich es iſt, muß ich doch auf den Teil der Ausführungen zurückkommen, der auf die Be⸗ hauptung abzielt, es würde hier einem Teile der Grundſtückseigentümer eine Freiheit von der be⸗ ſtehenden Gemeindeveranſtaltung eingeräumt, die nach der beſtehenden Ordnung für die Gebühren⸗ erhebung und nach der Polizeiverordnung un⸗ begründet ſei. Dieſe Behauptung enthält den Vorwurf, daß bezüglich der dem Magiſtrat ob⸗ liegenden Handhabung der Ordnung betreffend die Erhebung von Gebühren nicht mit gleichem Maße gemeſſen ſei. Dies könnte in der Bürgerſchaft eine Verwirrung herbeiführen. Es erſcheint daher not⸗ wendig, darauf zurückzukommen. (Sehr richtig!) Meine Herren, es handelt ſich nicht darum, daß hier ein Teil der Bürger von einer Gemeindever⸗ anſtaltung befreit iſt, ſondern es handelt ſich lediglich um die juriſtiſche Frage, in welchem Falle man von einer gebührenpflichtigen Leiſtung ſprechen kann, einer Leiſtung, die nach der Gebührenordnung mit Gebühren belegt werden darf. Wenn Sie ein kanaliſiertes Grundſtück haben, das unbebaut iſt, das nach der beſtehenden Kanaliſationsverordnung nicht anzuſchließen iſt, weil Sie es nicht bewohnen, nicht benutzen, dann kann naturgemäß für dieſes Grundſtück keine Kanaliſationsgebühr erhoben werden, und es wird auch keine erhoben. (Zuruf: Jawohl!) — Bei einem unbebauten Grundſtücke werden keine Kanaliſationsgebühren erhoben, das iſt ſelbſtver⸗ ſtändlich; es ſei denn, daß das Grundſtück ausnahms⸗ weiſe an die Kanaliſation angeſchloſſen iſt. Die Frage, ob ein gebührenpflichtiger Akt vorliegt, iſt eine reine Rechtsfrage. Wenn eine gebühren⸗ pflichtige Benutzung vorliegt, dann muß ſelbſt⸗ verſtändlich die Gebühr erhoben werden. Liegt eine gebührenpflichtige Benutzung nicht vor, dann wird eine Gebühr nicht erhoben. Alſo von einer Freiſtellung iſt gar keine Rede. Es handelt ſich um die reine Rechtsfrage: liegt ein gebührenpflichtiger Akt vor oder nicht? Dieſe Rechtsfrage, meine Herren, kann allein die Deputation und der Magiſtrat entſcheiden, niemals aber der Petitionsausſchuß, dem Sie die Sache überweiſen wollen. (Unruhe.)