422 Sitzung vom 20. Okt ober 1909 daß es mir lieber geweſen wäre, wenn man der⸗ Anderungsantrag zu einem Punkt der Tages⸗ artige Ausnahmefälle nicht konſtruiert hätte, (ſehr richtig!) und ich kann mich auch der Rechtsauslegung des Herrn Syndikus nicht anſchließen, wenn er zum Vergleich auf die Grundſtücke hinweiſt, die keinen Kanalanſchluß haben und infolgedeſſen von den Kanaliſationsgebühren befreit ſind. Ja, meine Herren, ein unbebautes Grundſtück würde ich allerdings auch für Müllgebühren nicht heran⸗ ziehen; aber auf einem bebauten und bewohnten Grundſtück wird ſelbſtverſtändlich Müll produziert, und hier iſt ja auch nicht beſtritten, daß das Müll auf dem Grundſtück produziert wird, ſondern es iſt von dem Herrn Stadtrat ausgeführt, daß dieſes Müll ſehr wohl in dem eigenen Wirtſchaftsbetriebe wiederum verwendet werden kann. Damit iſt meines Erachtens allerdings die Unhaltbarkeit des Standpunktes ohne weiteres zugegeben. Denn derartige Fälle können nicht konſtruiert werden; ſonſt könnte ja jeder Hausbeſitzer ſagen: das Müli kann ich viel beſſer bei mir verwerten, ich ſchließe mich nicht an. Darin liegt ſelbſtverſtändlich eine Benachteiligung der Geſellſchaft und des Stadt⸗ ſäckels. Ich würde auch zu dem Ergebnis kommen: es wäre ſehr gut, wenn die Angelegenheit in einer allgemein befriedigenden Weiſe geregelt werden könnte. Sind Sie übrigens der Meinung, wollen Sie den Petitionsausſchuß ausdrücklich für zu⸗ ſtändig erklären, auch dieſe Frage einmal zu ven⸗ tilieren, — meine Herren, der Petitionsausſchuß iſt ein ſo hervorragendes Organ der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung, daß er zweifellos auch dieſe Angelegenheit zu Ihrer Befriedigung löſen wird. (Heiterkeit.) Stadtv. Dr. Borchardt: Ich kann mich nur den Ausführungen des Herrn Kollegen Crüger voll anſchließen. Ich hatte mich nur zum Worte gemeldet, um dringend davor zu warnen, die Petition aus Gründen, die mit ihr gar nichts zu tun haben, an den Petitionsausſchuß zurückzu⸗ verweiſen. Auch ich war begierig, das zu hören, was Herr Kollege Liſſauer aus der Petition vor⸗ leſen wollte. Ich habe dieſe Petition inzwiſchen durchgeleſen und kann auch nur ſagen: ich habe abſolut nichts gefunden, was dieſe Materie berührt. Es handelt ſich in der Petition lediglich darum, das gegenwärtige Syſtem der Müllabfuhr als irrationell aufzuheben, und der Petitionsausſchuß empfiehlt Ihnen, darüber zur Tagesordnung über⸗ zugehen. Ich kann Sie nur bitten, ſich dem an⸗ zuſchließen. (Sehr richtig!) Denn wenn Sie dieſe Petition an den Petitions⸗ ausſchuß zur nochmaligen Verhandlung zurück⸗ verweiſen, ſo kann er immer nur die Frage prüfen, ob es ſich empfiehlt, der Petition ſtattzugeben, das jetzige Syſtem der Müllabfuhr aufzuheben. Die anderen Fragen zu prüfen, iſt der Petitions⸗ ausſchuß ja gar nicht in der Lage. Hätte Herr Kollege Liſſauer den Antrag, den er vorhin geſtellt hatte, nicht zurückgezogen, ſo hätte ich überhaupt Einſpruch dagegen erhoben, daß er heute zur Verhandlung käme, da er vorher nicht angekündigt war, und daß er in der Form, wie er eingebracht war, lediglich von einem ein⸗ zigen Mitglieder unterzeichnet, auch in der nächſten Sitzung zur Verhandlung käme. Denn es iſt kein ordnung, ſondern ein ſelbſtändiger Antrag, der von mehreren Mitgliedern unterzeichnet werden muß. Wenn die Herren der Meinung ſind, daß über die Frage, die mit der Petition gar nichts zu tun hat, in welcher Weiſe die Einſchätzung zur Müllabfuhr erfolgt, und über die Frage, ob dabei Ungerechtigkeiten und Ausnahmen vorkommen, Unklarheit herrſcht, und daß über dieſe Fragen Klarheit geſchaffen werden muß, ſo kann ich Sie nur bitten, das in Form einer Interpellation an den Magiſtrat zu tun, damit der Magiſtrat ſich damit beſchäftigt, oder einen ſelbſtändigen Antrag zu unterbreiten, der beſtimmte Wünſche ausdrückt, — wenn er nämlich von der ſicheren Vorausſetzung ausgeht, daß ſolche Dinge vorkommen; ich bin darüber nicht orientiert; würden ſie in der Weiſe, wie geſchildert, vorkommen, ſo würde ich ſie ver⸗ urteilen. Iſt das aber zunächſt nur eine Mut⸗ maßung, ſo iſt der Weg, Klarheit zu bekommen, der einer ordnungsmäßigen Interpellation an den Magiſtrat. Über die Petition bitte ich Sie nach dem Antrage des Petitionsausſchuſſes zu verfahren. Stadtv. Liſſauer (zur Geſchäftsordnung): Ich habe vorhin überſehen, das aus der Petition vorzuleſen. Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Das iſt wohl nicht zur Geſchäftsordnung; dann würden Sie in der Rednerliſte verzeichnet werden. Eine Ergänzung Ihrer früheren Ausführungen können Sie nicht zur Geſchäftsordnung geben. Sta dtv. Liſſauer (fortfahrend): Habe ich das Wort zur Geſchäftsordnung? — Es iſt mir vor⸗ geworfen, es wird behauptet: die Befreiungsſache ſtehe nicht darin. Vorſteher Kaufmann (unterbrechend): Sie ſtehen in der Rednerliſte; Sie werden das Wort bekommen, ſobald Sie an die Reihe gelangen, Zur Geſchäftsordnung würde eine Ergänzung Ihrer früheren Ausführungen nicht zuläſſig ſein. Stadtſyndikus Dr. Maier: Die Ausfüh⸗ rungen des Herrn Stadtv. Dr Crüger veranlaſſen mich, doch noch einmal auf die Angelegenheit zurück⸗ zukommen. Nach der Theorie, die Herr Stadtv. Dr Crüger entwickelt hat, müßten für jedes be⸗ wohnte Grunſtück eo ipso die Müllabfuhrgebühren erhoben werden. Das würde dem ausdrücklichen Wortlaut unſerer Gebührenordnung widerſprechen, welcher dahin geht: Die Gebühr wird von jedem bewohnten Grund⸗ ſtück, für welches die Veranſtaltung benutzt wird, nach Maßgabe des Nutzungswertes erhoben (Zuruf: Muß aber benutzt werden!) — Meine Herren, in welchem Umfange die Müll⸗ abfuhrveranſtaltung benutzt werden muß, iſt nicht eine Frage, die der ſtädtiſchen Verwaltung zur Entſcheidung überlaſſen iſt, ſondern ausdrücklich der Polizeiverwaltung. Erklärt die Polizeiver⸗ waltung: dieſes bewohnte Grundſtück braucht ſich der Müllabfuhrveranſtaltung nicht zu bedienen, ſich nicht an ſie anzuſchließen, weil eine Müll⸗ produktion nicht ſtattfindet, dann dürfen Sie auch keine Gebühren erheben. Es iſt ein Einmaleins des Kommunalabgabenrechts, daß eine Gebühr