424 Stadtv. Jolenberg: Meine Herren, ich möchte nicht unterlaſſen, einer irrtümlichen Auffaſſung des Herrn Stadtv. Dr Crüger entgegenzutreten. Herr Dr Crüger hat geſagt, daß die Geſamtheit der Haus⸗ und Grundbeſitzer dadurch nicht geſchädigt wird, daß einzelne Ausnahmen gemacht werden. Herr Dr Crüger, das iſt ein gewaltiger Irrtum. Denn die Gebühren für die Müllabfuhr werden nach dem Umlageverfahren erhoben, das heißt alſo: es wird eine beſtimmte Summe von der Geſamtheit des Gebäudenutzungswertes prozentual erhoben. Wenn alſo einzelne Hausbeſitzer von dieſer Abgabe befreit ſind, ſo muß natürlich der Reſt der Hausbeſitzer ſo viel mehr aufbringen, als die Befreiten weniger bezahlen. (Sehr richtig!) Mir ſcheint doch die Angelegenheit wichtig genug, um ſie noch weiter zu verfolgen, und ich ſehe in dieſem Augenblick kein anderes Mittel dazu als die Zurückverweiſung an den Petitions⸗ ausſchuß. Denn auf dieſe Weiſe halten wir die Angelegenheit wenigſtens in Fluß und hören noch einmal davon und können uns noch einmal darüber unterhalten. (Sehr richtig!) Stadtv. Schmidt: Meine Herren, ich wollte bloß bemerken: wenn das Beiſpiel des Herrn Stadtſyndikus von dem Omnibus auf die Müll⸗ abfuhr zutreffen würde und ich das Recht hätte, wenn ich ein Grundſtück kaufe, den Müll auf Hof⸗ gärten zu ſammeln, jahraus jahrein dort aufzu⸗ häufen und dann dieſen Müll, je nachdem es geſammelt wird, durch Fuhrwerke wegfahren zu laſſen, dann hätte ſchließlich jeder Hausbeſitzer dasſelbe Recht; denn das könnte unter dieſen Um⸗ ſtänden jeder andere Hausbeſitzer auch machen. (Große Unruhe. Rufe: Lauter!) Unrecht iſt es auf alle Fälle, wenn derartige Aus⸗ nahmen gemacht werden wie hier, wenn 50 Be⸗ ſitzer herausgenommen werden. Das iſt nicht im Intereſſe aller anderen Beſitzer; das hat hier Herr Kollege Jolenberg ganz richtig angeführt. Die Sache muß im Ausſchuß noch näher erörtert und zur Sprache gebracht werden. Stadtv. Holz: Meine Herren, ich glaube, wir tun am richtigſten, wir verweiſen die Sache noch einmal an den Petitionsausſchuß. Herr Kollege Crüger hat ja bereits geſagt, daß im Pe⸗ titionsausſchuß die Sache geſtreift worden iſt. Nun, meine Herren, wenn einmal die Anregung gegeben worden iſt, und wenn wir der Meinung ſind, daß die Sache ernſter juriſtiſcher Prüfung bedarf, ſo ſehe ich gar nicht ein, weshalb wir die Frage ſtellen ſollen: gehört die Sache in den Petitions⸗ ausſchuß oder nicht? Sie haben gehört, daß die Rechtsfrage mindeſtens zweifelhaft iſt. Der Pe⸗ titionsausſchuß ſcheint mir der richtige Ort zu ſein, weil er ſich im allgemeinen ſchon mit der Sache befaßt hat. Der Herr Stadtſyndikus ſagt: der Wortlaut in dem Statut, auf Grund deſſen die Einrichtung benutzt wird, geht eigentlich die Stadtverordneten⸗ verſammlung gar nichts an, es iſt eine rein polizei⸗ liche Aufgabe, zu prüfen, ob die betreffenden Grundſtücke hinzugezogen werden ſollen oder nicht. Nun, meine Herren, wenn eine ſolche Beſtimmung in dem Statut enthalten iſt, ſo haben wir doch mit Rückſicht auf die hygieniſche Frage, die uns Sitzung vom 20. Oktober 1909 damals geleitet hat, alle Veranlaſſung, darauf zu halten und dafür zu ſorgen, daß alle Grundſtücke hineingezogen werden. Darin ſtimme ich mit Herrn Kollegen Jolenberg vollſtändig überein. Deshalb bitte ich auch, meine Herren, die Sache an den Petitionsausſchuß zurückzuverweiſen, der ſich materiell mit der Sache befaßt hat. Nach den Worten des Herrn Kollegen Crüger iſt aber die Sache nur geſtreift worden. Ich bitte, den Antrag ein⸗ ſtimmig anzunehmen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, ich möchte Sie doch dringend warnen, unſere Geſchäfte hier in der Weiſe zu erledigen, daß eine hier irgend⸗ wie herausgegriffene Frage an einen Ausſchuß verwieſen wird, der ein ganz begrenztes Arbeits⸗ gebiet hat (Stadtv. Dr Crüger: Sehr richtig!) und mit der hier herausgegriffenen Frage gar nichts zu tun hat. Ich bin überhaupt einigermaßen verwundert, daß, nachdem authentiſch feſtgeſtellt iſt, daß in der uns vorliegenden Petition dieſe Frage auch mit keinem Worte geſtreift iſt, die Debatte darüber überhaupt noch weitergeht. Sollten Sie, meine Herren, tatſächlich die Petition an den Petitionsausſchuß zurückverweiſen, ſo kann ich Ihnen heute ſchon mitteilen, daß ich meinerſeits verſuchen werde, alle geſchäftsordnungsmäßigen Mittel zur Anwendung zu bringen, um zu ver⸗ hindern, daß bei Gelegenheit eines Berichtes des Petitionsausſchuſſes, den er uns noch einmal erteilt, wiederum eine nicht zur Sache gehörige Frage hier erörtert wird. Sie können, wenn der Petitionsausſchuß die Petition noch einmal be⸗ kommt, und wenn er uns nachher empfiehlt, entweder über die Petition zur Tagesordnung überzugehen oder ſie als Material oder zur Be⸗ rückſichtigung dem Magiſtrat zu überweiſen, bei dem Bericht des Petitionsausſchuſſes dieſe Frage ebenſo wenig klären wie heute; Sie können ſie auch, wenn ſie nicht vorher auf die Tagesordnung durch einen beſonderen Antrag oder eine Inter⸗ pellation geſtellt iſt, falls Sie die Geſchäftsord⸗ nung beſſer beachten als heute, gar nicht einmal verhandeln. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Ich für meine Perſon werde alles verſuchen, zu verhindern, daß unſere Zeit nicht derart ver⸗ geudet wird. (Bravo!) Denn es iſt eine Vertrödelung unſerer Zeit, wenn wir uns ſtundenlang mit einer Frage beſchäftigen, die nicht auf der Tagesordnung geſtanden hat und daher nicht zu verhandeln iſt, und die wir jetzt zu klären nicht in der Lage ſind. (Bravo!) Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, ich glaube, daß die Verſammlung tatſächlich beſſer tun wird, die Sache nicht an den Petitionsausſchuß zurückzuverweiſen, weil die ganzen Verhand⸗ lungen, die ich bei der Wichtigkeit der Angelegenheit zugelaſſen habe, mit der Petition ſelbſt nicht in direktem Zuſammenhange ſtehen; es iſt aber ein indirekter Zuſammenhang. Sie werden viel beſſer tun, die Sache in einem beſonderen Geſchäfts⸗ gang zu regeln. Ich erteile nunmehr Herrn Kollegen Dr Crüger das Wort zu einem Antrage, den er hier in der Angelegenheit ſtellen wird.