Sitzung vom 20. Oktober 1909 führt wird, für gewiſſe Zwecke für die Wahlen außerordentlich wichtig, (Sehr gut! und Heiterkeit bei den Liberalen) und das hat ergeben, daß man hier Angriffe im allgemeinen erhebt, die im einzelnen nicht zu be⸗ weiſen ſind. Herr Kollege Gebert darf überzeugt ſein, daß alle Beſtrebungen, die darauf zielen, unſer Volksſchulweſen auszugeſtalten und es immer reichlicher zu unterſtützen, auf unſerer Seite jederzeit die beſte Unterſtützung finden werden, natürlich im Einklang mit der finanziellen Kraft der Stadt, daß wir aber allen ungerechtfertigten Angriffen gegen unſer blühendes Volksſchulweſen auf das entſchiedenſte entgegentreten werden. (Bravo! bei den Liberalen.) Stadtv. Wilk: Meine Herren, es iſt wohl in ganz Charlottenburg noch kein Stadtteil vom Magiſtrat ſo vernachläſſigt worden als gerade der Stadtteil jenſeits der Spree, Martinikenfelde und Kalowswerder. Seit mindeſtens zehn Jahren ver⸗ folge ich hier in Charlottenburg ſchon, daß ſtets und ſtändig wegen Regulierung der beiden Stadtteile Kalowswerder und Martinikenfelde petitioniert wird. Es ſind mehrere Vereine geweſen, die ſich immer und ewig deswegen an den Magiſtrat gewandt haben. Herr Kollege Otto hat meinem Freunde Gebert zum Vorwurf gemacht, daß er geſagt hat, daß die Stadtgemeinde ihren Verpflichtungen bezüglich Gemeindeſchulbauten nicht nachkommt. Mein Freund Gebert hat inſofern unbedingt recht, als er ſagt, daß der Stadtteil jenſeits der Spree, Nordweſt, tatſächlich vernachläſſigt iſt. Hier hat der der Magiſtrat ſeine Schuldigkeit nicht getan. Ich glaube, die Mitglieder des Magiſtrats haben ſich niemals davon überzeugt, wie dieſer Stadtteil jenſeits der Spree ausfieht. Gerade dieſer Stadt⸗ teil iſt in einer ganz koloſſalen Weiſe bebaut worden, hat ſich ſo rapide entwickelt, daß es mir geradezu unverſtändlich erſcheint, daß man ſich mit dem Bau einer neuen Schule dort noch gar nicht weiter be⸗ ſchäftigt hat. Ich möchte weiter gegenüber einer Außerung des Herrn Kollegen Otto darauf hinweiſen, daß unſererſeits ſtets und ſtändig bei jeder Etatsbe⸗ ratung beantragt war, Mittel für den Neubau von Schulen bereit zu ſtellen. Ich möchte dann noch den Magiſtrat bitten, daß, wenn es jetzt noch nicht geboten erſcheint, den Neubau einer Schule zu errichten, er doch wenigſtens fliegende Klaſſen dort drüben vorſieht. Die Not⸗ wendigkeit liegt vor. Faſt mit jedem Tage werden die Verhältniſſe dort drüben ſchlechter werden; Sie müſſen ſich ernſthaft mit dieſer Frage be⸗ ſchäftigen. Soviel ich weiß, ſteht Ihnen ein Haus zur Verfügung; wenn ich nicht irre, iſt es das Haus Kaiſerin⸗Auguſta⸗Allee 23 a. Ein Vertreter der Schulbehörde hat ſich ſchon über die Beſchaffenheit der Räume, über die Weite des Hofes informiert. Mit einigen baulichen Veränderungen wird ſich dieſes Haus ſehr wohl für eine Hilfsſchule her⸗ richten laſſen. Der Herr Stadtſchulrat hatte die Liebens⸗ würdigkeit, zu erklären, daß für die Einwohner des Stadtteils jenſeits der Spree auf Antrag das Schulgeld, das ſie an Berlin zu entrichten haben, von der Stadtgemeinde übernommen werden ſoll. Meine Herren, es muß hier ausgeſprochen werden, daß die Stadtverordnetenverſammlung es grund⸗ ſätzlich überhaupt wünſcht, daß der Magiſtrat die 431 Koſten hierfür übernimmt. Denn ich halte mich hier an die letzte Außerung, die vorhin der Herr Stadtſyndikus getan hat, indem er ſagte: wir würden den Mann beſteuern für eine Handlung, die wir nicht leiſten. Wir leiſten hier dem betreffenden Bürger etwas nicht, infolgedeſſen hat auch die Stadtgemeinde unbedingt die Pflicht, dieſe Aus⸗ gabe, die der Mann gezwungen iſt für ſeine Familie außerordentlich zu leiſten, ſelbſt zu übernehmen. Stadtv. Gebert: Meine Herren, es freut mich, daß Herr Kollege Otto ſo liebenswürdig war, daß er die beſtehenden Mißſtünde, ſoweit ſie nach ſeiner Anſchaunug beſtehen, zugab. Aber Herr Kollege Otto ſagte, daß außerordentlich viel für den Ausbau unſeres Schulweſens Sorge getragen wird, und zwar in erſter Linie für das Volksſchulweſen. Nun will ich auf eins hinweiſen: bei unſerer letzten Etats⸗ beratung und bei allen Etatsberatungen iſt von unſerer Seite aus beantragt worden: Gewährung von freien Lernmitteln — und Sie waren es, die es ablehnten! Alſo, meine Herren, können Sie uns da nicht den Vorwurf machen. (Zuruf.) — Wenn Herr Kollege Otto dazwiſchenruft: das gehört nicht zur Petition, ſo hatte aber Herr Kollege Otto doch die Liebenswürdigkeit, uns zu ſagen, daß bei den Etatsberatungen ſtets und ſtändig mit Hochdruck danach getrachtet worden iſt, daß das Volksſchulweſen ausgebaut werden ſoll. Nun kommt aber noch eins hinzu: der Herr Schulrat war ja ſo liebenswürdig, am Schluß ſeiner Ausführungen zu ſagen: „Sparen! Fragt nur den Kämmerer, wollen nur mal hören, was der dazu ſagt!“ Das letzte Wort war: ſparen, und ich behaupte ohne weiteres, daß wir in betreff der Schulbauten ſehr langſam gearbeitet haben. Wenn mir geſagt wird, daß in der Sybelſtraße Erſatz geſchaffen ſei für die Spielhagenſtraße, ſo gebe ich das unumwunden zu, muß aber auch hier konſtatieren, daß die in Frage kommende Schule bei der Eröffnung noch nicht fertig war. Ob ſie jetzt ſchon fertig iſt, entzieht ſich meiner Kenntnis. (Zuruf vom Magiſtratstiſch: Jawohl, ſie iſt fertig!) Nun ſagt der Herr Schulrat weiter, daß die Umſchulung der Kinder hauptſächlich daraus ent⸗ ſtanden ſei, daß die Leute ſo weit von den in Frage kommenden Schulbezirken fortziehen. Ich will hier nur einen kraſſen Fall zitieren. Ich kenne jemanden, der bereits ſeit fünf Jahren in einer und derſelben Straße von Alt⸗Charlottenburg wohnt, und deſſen Kinder mußten es erleben, fünfmal umgeſchult zu werden! Sie wohnten ſchon in einem alten Bezirk; alſo trifft das nicht zu, was der Herr Schulrat ſagt. Und deren Fälle haben wir nicht nur einen, ſondern mehrere. Ich will nur auf eins hinweiſen, und zwar will ich Herrn Kollegen Otto antworten, daß wir gar keine Urſache haben, Wahlreden zu halten, (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) auf die er vielleicht hinſpielte. (Widerſpruch des Stadtv. Otto.) — Herr Kollege Otto, wenn Sie das nicht geſagt haben, ſo haben Sie aber darauf hingedeutet, und Sie werden uns wohl nicht verargen können, wenn wir Ihnen ſagen, daß wir keine Urſache haben, auf dieſem Giebete hier Wahlreden zu halten. Wir haben, wenn ſich das darauf beziehen ſollte, ſoviel Material, daß wir dieſen Fall überhaupt nicht ge⸗ brauchen.