436 Vorſteher Kaufmann: Punkt 6 der Tages⸗ ordnung: Borlage betr. Verſtärtung der Etatsnum mer Ord. Kap. X 13—1 für 1909. — Druckſache 295. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Etatsnummer Ord. Kapitel X Abſchn. 13 Nr. 1 für 1909 wird um den Betrag von 7600 ℳ aus dem Dispoſitionsfonds verſtärkt. Punkt 7 der Tagesordnung: Vorlage betr. umwandlung einer Lehrerſtelle in eine Rektorſtelle. — Druckſache 296. (Die Beratung wird eröffnet und geſchloſſen. Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: Die Umwandlung einer Lehrerſtelle in eine Rektorſtelle im Etat für 1909 wird ge⸗ nehmigt.) Punkt 8: 2 Vorlage betr. Errichtung von A⸗Klaſſen an den Gemeindeſchulen. — Druckſache 297. Berichterſtatter Stadtv. Otto: Meine Herren, dieſe Vorlage ſtellt den Schlußſtein der Reform unſerer Gemeindeſchule dar, die dieſe Verſammlung ja ſchon ſeit Jahren beſchäftigt. Es iſt bei dieſem Abſchluß gewiß geſtattet, einen ganz kurzen Rück⸗ blick auf dieſe Reform zu werfen. Sie ging aus von dem Beſtreben, das Schülermaterial der Volks⸗ ſchule nach ſeiner geiſtigen Befähigung nach Möglich⸗ keit zu ſcheiden, dadurch eine vertiefte individuali⸗ ſierende Behandlung zu ermöglichen und auf dieſe Weiſe die geiſtige Entwicklung mehr, als das bisher geſchehen konnte, zu fördern. Um dieſen Zweck zu erreichen, ſind von Ihnen bisher drei Maßnahmen beſchloſſen worden: einmal die Reform unſerer Grundklaſſen, die ſich auf alle Grundklaſſen Char⸗ lottenburgs bezogen hat, zweitens die Einrichtung des Nachhilfeunterrichts, drittens die Errichtung von B-⸗Klaſſen, die diejenigen Kinder umfaſſen, die geiſtig ſchwächer ſind als der Durchſchnitts⸗ ſchüler. Dazu kommt nun viertens die Errichtung von A⸗Klaſſen, die alſo im Verhältns zum Durch⸗ ſchnitt über den Durchſchnitt hinaus das bedeuten, was die B⸗Klaſſen unter dem geiſtigen Durchſchnitt bedeuten, die alſo beſtimmt ſind, beſonders be⸗ fähigten und zugleich würdigen Schülern unſerer Volksſchule eine beſſere Ausbildung zu geben, als das in den Normalklaſſen möglich iſt. Die ganze Reform iſt ſeinerzeit ausgegangen von dem Beſtreben der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung, die Vorſchule möglichſt überflüſſig zu machen. In den Akten findet ſich eine Ausführung des Herrn Stadtſchulrats, wonach er urſprünglich die Abſicht hatte, vorzuſchlagen, ſchon nach dem erſten Schul⸗ jahr einen Kurſus an der Volksſchule einzurichten, der im zweiten und dritten Schuljahre das Penſum der Vorſchule bewältige und ſo auch Schülern der Volksſchule nach drei Jahren die Möglichkeit gebe, in höhere Lehranſtalten überzugehen. Der Herr Stadtſchulrat führte bei dieſer Gelegenheit aus, daß er des Widerſpruchs wegen, der gegen dieſe ſeine Sitzung vom 20. Oktober 1909 Idee erfolgte, vorläufig von deren Weiterverfolgung abſehe, den Weg aber vor wie nach für richtig halte und ſich vorbehalte, darauf bei geeigneter Gelegen⸗ heit zurückzukommen. Ich führe dieſe Erinnerung an, um auch unſerſeits bei dieſer Gelegenheit erneut zu erklären, daß der Magiſtrat uns ſtets an ſeiner Seite finden wird, wenn er geeignete Vorſchläge macht, die die Vorſchule überflüſſig machen. Der Herr Stadtſchulrat iſt durch dieſen Widerſpruch den er dagegen fand, nun auf den Weg gekommen, den er uns hier durch die A-Klaſſen vorſchlägt. Die A-⸗Klaſſen ſollen alſo das vorhin bereits bezeichnete Schülermaterial umfaſſen. Sie ſollen denjenigen Schülern und Schülerinnen unſerer Gemeinde⸗ ſchulen offenſtehen, die die vierte Klaſſe unſerer Gemeindeſchule abſolviert haben, die alſo vier Schuljahre zurückgelegt haben. Dieſen Schülern ſoll ein reines achtklaſſiges Syſtem zur Verfügung geſtellt werden, indem ſich die A⸗Klaſſen in vier Jahreskurſen mit je einjährigem Penſum aufbauen. Das iſt der weſentliche Unterſchied gegen die Normalklaſſen der Gemeindeſchulen, die ſich jetzt nur als ſiebenſtufige Schulen darſtellen. Die Magiſtratsvorlage ſpricht davon, daß es bei Beſchränkung gewiſſer Unterrichtsfächer be⸗ züglich der Stunden, die ſie in Anſpruch nehmen, möglich ſein wird, in anderen Fächern etwas weiterzugehen, über das Durchſchnittspenſum der Volksſchule hinauszugehen, und daß es auch möglich ſein wird, eine Fremdſprache in den Lehrplan dieſer A⸗Klaſſen aufzunehmen. Die Vorlage ſpricht aus⸗ ſchließlich von einer Fremdſprache. Daß nur Eng⸗ liſch oder Franzöſiſch in Betracht kommen kann, iſt ſelbſtverſtändlich. Es wäre ſehr dankenswert, wenn der Herr Vertreter des Magiſtrats Gelegen⸗ heit nehmen wollte, einige nähere Andeutungen darüber zu machen, wie er ſich die praktiſche Ver⸗ wirklichung dieſes Vorſchlages denkt. Die Vorlage weiſt dann mit Worten, die gewiß jeder von uns gern unterſchreibt, auf die volks⸗ wirtſchaftliche Bedeutung der neuen Einrichtung hin, indem ſie die Hoffnung ausſpricht, daß dadurch vor allem unſerm Mittelſtande, dem kaufmänniſchem wie dem gewerblichen, und dem Handwerkerſtande beſſer vorgebildete Elemente zugeführt werden. Inwieweit dieſe Hoffnungen in Erfüllung gehen, wird erſt die Erfahrung zeigen. Und wir werden ja bereits nach zwei Jahren über eine gewiſſe Erfahrung verfügen, wenn wir vor die Entſcheidung geſtellt werden, die A⸗Klaſſen, die zum 1. April nächſten Jahres nur für die weſtlichen Schulen Charlottenburgs eingerichtet werden ſollen, auch für die öſtlichen Schulen Charlottenburgs einzurichten. Ich zweifle nicht daran, daß uns die Erfahrungen, die bis dahin gemacht ſind, aus⸗ führlich dargelegt werden, und ich hoffe, daß die Wünſche, die die Magiſtratsvorlage in dieſer Be⸗ ziehung ausſpricht, ſich erfüllen. Ich ſtehe gar nicht an, zu erklären, daß ich gerade dieſen Punkt der Magiſtratsvorlage für überaus weſentlich und wert⸗ voll halte, auch gegenüber dem urſprünglichen Projekt des Herrn Stadtſchulrats. Denn darüber werden wir ziemlich einer Meinung ſein, daß bei der heutigen Geſtaltung unſeres Schulweſens gerade unſere höheren Lehranſtalten eine gewiſſe Anzahl von Schülern beherbergen, die nicht in höhere Lehranſtalten gehören, die ſehr bald auch in ihrer Entwicklung dazu gedrängt werden, die höheren Lehranſtalten zu verlaſſen, und die dann dem prak⸗ tiſchen Leben gegenüber völlig ratlos daſtehen,