442 Was beabſichtigen wir? Wir wollen den jungen Leuten aus der Volksſchule etwas auf ihren fer⸗ neren Lebensweg mitgeben. Da müſſen wir uns fragen: was wird in der Hauptſache aus dieſen Leuten? Die Antwort iſt, wie ich ſie mir wenigſtens denke: die Leute werden ſpäter Arbeiter, Techniker, Meiſter, Maſchiniſten uſw. Für dieſe Berufe kommt in erſter Reihe die engliſche Sprache in Frage. Ich weiß aus meinem jahrelangen Aufent⸗ halte im Auslande, wie hilflos häufig dort gerade unſere deutſchen Arbeiter, unſere deutſchen Meiſter waren, wenn, ſie dem Engliſchen gegenüberge⸗ ſtanden haben, ferner wieviel leichter es jemand hat, der die engliſche Sprache beherrſcht, gute Stellungen zu finden, beſonders wenn er ſo ge⸗ ſchätzt iſt, wie es allerwärts die deutſchen Arbeiter und Meiſter ſind. Nun kann man darauf ſagen: wir wollen ja nicht bloß die Sprache für diejenigen Leute in den Lehrplan einſetzen, die ins Ausland gehen, ſondern wir wollen auch die Leute be⸗ rückſichtigen, die im Lande bleiben. Dabei iſt aber zu bedenken, daß eine große Anzahl von dieſen jungen Leuten ins Ausland geht, um wieder zurückzukehren, nachdem ſie draußen hinzugelernt haben. Wohin werden ſich dieſe jungen Leute aber wenden? Vor allen Dingen doch nach England und nach Amerika; denn dort können ſie eben auf ſehr vielen Gebieten noch viel hinzulernen. Auch mit Rückſicht auf unſere deutſchen Kolonien halte ich es für notwendig, die engliſche Sprache in den Vordergrund zu ſtellen. Außerdem iſt die engliſche Sprache weſentlich leichter zu erlernen als andere Sprachen. Mit Franzöſiſch werden die jungen Leute meiſtens ſehr ſchwer fertig, und gerade die aus den hier in Betracht kommenden Volkskreiſen hervorgegangenen Leute wiſſen im ſpäteren Leben nur ſehr ſelten, was ſie mit der franzöſiſchen Sprache anfangen ſollen. Da es hier alſo doch nur auf ein Experiment ankommt, möchte ich anheim geben, ſoweit es ſich wenigſtens um die Knaben handelt, nur die engliſche Sprache in den Lehrplan einzubeziehen. Man könnte ja nun ſagen: wir wollen es den Schülern überlaſſen, ob ſie ſich für die engliſche oder franzöfiſche Sprache entſcheiden; wir könnten zweierlei Sprachunterricht erteilen. Wie ſoll aber ein 12⸗jähriger Junge eine Entſcheidung treffen? Der weiß ja gar nicht, ob und wie er die Sprache ſpäter im Leben gebrauchen wird. Ich denke doch, daß wir in dieſer Beziehung die Kinder lieber etwas bevormunden. Wenn wir den Mädchen es freiſtellen, ob ſie Franzöſiſch oder Engliſch lernen wollen, ſo bin ich damit zufrieden. Soweit die Knaben aber in Betracht kommen, bin ich auf Grund meiner jahrelangen Erfahrungen im Aus⸗ lande dafür, daß wir nur die engliſche Sprache in den Lehrplan einſetzen. Stadtſchulrat Dr. Neufert: Ich möchte dem Herrn Vorredner nur erwidern, daß es aufs ſorg⸗ fältigſte erwogen werden wird. Ich bin auch der Meinung: an der engliſchen Sprache können wir nicht vorübergehen. Die Frage wird vielleicht ſo geſtellt werden müſſen: können wir das Fran⸗ zöſiſche entbehren? können wir es entbehren mit Rückſicht auf diejenigen Leute, welche in Rußland, in Ungarn, auf dem Baltan tätig ſein werden? Hier wird, glaube ich, die praktiſche Erfahrung den Ausſchlag geben müſſen. Sitzung vom 20. Oktober 1909 Stadtv. Gredy: Meine Herren, ich habe die angenehme Pflicht, Ihnen mitzuteilen, daß meine Fraktion ſelbſtverſtändlich auch für den Antrag ſtim⸗ men wird, und ich bitte Sie, ihn möglichſt einſtimmig anzunehmen. . 1. 14 (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Ma⸗ giſtrats einſtimmig wie folght: Der Einrichtung von A⸗-Klaſſen an den Ge⸗ meindeſchulen von Oſtern 1910 ab wird zu⸗ geſimmt „ 2 3 Vorſteher Kaufmann: Ich bitte das Protokoll der heutigen Sitzung die Herren Kollegen Harniſch, Klau und Dr Landsberger zu vollziehen⸗ Punkt 9 der Tagesordnung: Antrag der Stadtv. Dr. Stadthagen und Gen. betr. Wald⸗ und Wieſengürtel. — Druckſache 298. Der Antrag lautet: Der Magiſtrat wird erſucht, die geeigneten Schritte zu tun zur Gründung eines Zweck⸗ verbandes Groß⸗Berlin zwecks Schaffung bzw. Erhaltung eines Wald⸗ und Wieſen⸗ gürtels Groß⸗Berlin. Antragſteller Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, ſeit Jahren haben wir ſowie andere Kommunen und Körperſchaften der wichtigen Forderung, daß es notwendig ſei, den weiteren Verkäufen des Grunewalds und anderer Wälder um Berlin herum Einhalt zu tun, lebhaften Aus⸗ druck gegeben. Daß bedeutende Erfolge errungen worden ſind, wird man aber kaum behaupten können. Es müſſen alſo doch wohl die Wege, die wir beſchritten haben, nicht gerade die richtigen geweſen ſein. Daß ein ſehr bedeutendes, ein ungeheures Intereſſe des Staates vorliegt, e in ebenſo großes Intereſſe des Staa⸗ tes wie der Kommunen, der Städte, die Bevölkerung geſund zu er⸗ halten, wird kaum beſtritten werden können. Hier hat ſich meines Erachtens das Fehlen einer Vereinigung, einer geeig⸗ neten Vertretung Groß⸗Berlins ſtark geltend gemacht, das Fehlen einer Ver⸗ tretung, auf das ich bereits im Jahre 1906 ge⸗ legentlich eines Antrags betr. Waldſchutzbeſtrebungen hingewieſen habe, auf das auch von vielen anderen Seiten, zuletzt auf dem Brandenburgiſchen Städte⸗ tage von Herrn Oberregierungsrat von Jagow hingewieſen worden iſt. Es wurde dort folgender Antrag angenommen: 28 Der Vorſtand des Städtetags wird beauf⸗ tragt, die Provinzialverwaltung zu erſuchen, mit der Stadt Berlin in Verbindung zu treten, um einen gemeinſamen Zweckver⸗ band zur Erhaltung reſp. Übernahme der Wälder um Berlin zu gründen. 22 Ferner haben neuerdings, wie wir aus den Zei⸗ tungen entnommen haben, Verhandlungen über die Gründung eines Waldverbandes von Groß⸗ Berlin ſtattgefunden, die auf Veranlaſſung des Oberbürgermeiſters Kirſchner, ſoviel mir bekannt geworden iſt, eingeleitet worden ſind. Unter dieſen Umſtänden erſcheint es mir jedenfalls zweckmäßig, daß auch wir als Stadtverordnete die Wichtigkeit der Herbeiführung einer Einigung eventuell auf