448 Hoch⸗ und Untergrundbahn die Genehmigung zu erteilen für eine Bahn durch die Uhlandſtraße, den Kurfürſtendamm, die Kleiſt⸗ und Tauentzien⸗ ſtraße nach dem Wittenbergplatz und zur weiteren Fortſetzung und Auflöſung des Gleisdreiecks über den Nollendorfplatz hinweg. Was war die Folge dieſes unſeres Beſchluſſes? Wir hatten damals angenommen, und wir durften auch mit Recht annehmen, daß wahrſcheinlich nach einigen Pour⸗ parlers ſich Wilmersdorf mit dieſem Vorſchlage bedingungslos einverſtanden erklären würde. Dieſe Hoffnungen haben getäuſcht. Der erſte Eindruck, den unſere Beſchlußfaſſung machte, war entſchieden ein guter; denn der Herr Miniſter der öffentlichen Arbeiten, der auf eine ſchleunige Regelung der Angelegenheit gedrängt hatte, ſah ſich nunmehr veranlaßt, die beiden Gemeinden Charlottenburg und Wilmersdorf noch einmal auf den Weg der Verhandlungen zu verweiſen und gleichzeitig dem Polizeipräſidenten als der aufſichtsführenden In⸗ ſtanz gegenüber das Erſuchen auszuſprechen, bis zum Ablauf dieſer Verhandlungen jedenfalls die ſo ſehr gefürchtete Bauerlaubnis an Wilmersdorf nicht zu erteilen. Es war durchaus berechtigt, in dieſem Beſcheide ein gewiſſes günſtiges Omen zu erblicken. Allerdings war für dieſe Verhand⸗ lungen eine verhältnismäßig kurze Friſt von nur einem Monat geſetzt. Aber ſie war doch allenfalls genügend, wenn von beiden Teilen mit der gleichen Energie und mit dem gleichen guten Willen an die Löſung der geſtellten Aufgabe herangegangen worden wäre. Was geſchah jedoch? Von ſeiten unſerer Herren, von ſeiten unſeres Herrn Oberbürger⸗ meiſters und der andern beteiligten Dezernenten geſchah alles, was möglich iſt: das Telephon wurde in Bewegung geſetzt, nicht einmal, zweimal, drei⸗, vier⸗ und fünfmal. Man verſuchte, im Rathauſe zu Wilmersdorf Anſchluß zu bekommen. Es machte aber den Eindruck, als ob dort die Peſt ausgebrochen wäre, denn es war abſolut kein Menſch da, und man konnte auch gar nicht erfahren, wo die Herren Bürgermeiſter von Wilmersdorf und die Herren Dezernenten ſich aufhielten. Es blieb nichts anderes übrig, als ſchließlich den Weg des ſchrift⸗ lichen Verkehrs zu wählen, den unſere Herren als den immerhin längeren zunächſt verſchmäht hatten. Es wurde alſo ein Schreiben an Wilmersdorf gerichtet und durch einen Expreßboten nach dem Rathauſe in Wilmersdorf befördert. Statt der Antwort kam deren kein e. Nach einigen Tagen erfuhr man denn vom Wilmers⸗ dorfer Magiſtrat, er könne in der Sache überhaupt nicht verhandeln, geſchweige ſich ſchlüſſig machen, er müſſe erſt ſeine Stadtverordneten zuſammen⸗ berufen und über den ſtrittigen Punkt beraten. Und ſo geſchah es. Es wurde eine Stadtverordneten⸗ verſammlung in Wilmersdorf zuſammenberufen. Wer aber geglaubt hätte, daß in dieſer Stadtverordnetenverſamm⸗ lung über das, worüber der Mi⸗ niſter wünſchte, daß verhandelt werden ſollte, verhandelt wor⸗ den iſt, der irrt ſich. Dieſe Stadt⸗ verordnetenverſammlung wurde eigentlich zu nichts anderm als zu einem Proteſt gegen den Vorſchlag, den Charlottenburg gemacht hatte, den Vorſchlag Uhlandſtraße, und zu einer nochmaligen Aufziehung der Fahne der Nürnberger Straße. Wilmersdorf hat dieſen Beſchluß der Stadtverordnetenverſamm⸗ Sitzung vom 3. November 1909 lung als einen endgültigen Beſchluß bezeichnet, ein Wort, welches die Städteordnung überhaupt nicht kennt. Nachdem dieſe Stadtverordnetenverſammlung abgehalten war, kam endlich eine Konferenz zwi⸗ ſchen den Magiſtraten der beiden beteiligten Städte zuſtande, am 23. Oktober. Nach dem Voraus⸗ gegangenen können Sie ſich wohl denken, wie dieſe Konferenz ausfiel. Der Magiſtrat von Wilmersdorf hatte ſich jetzt den Rücken gedeckt, er hatte ſeinen Beſchluß: du darfſt von der Nürnberger Straße nicht abgehen; infolgedeſſen wurde über die Uhlandſtraße gar nicht verhandelt, ſondern jeglichem Verſuch, auf dieſen Punkt einzugehen, wurde einfach die kalte Teufelsfauſt der Negation entgegengehal⸗ ten, und man wurde ſo nebenbei auf die Anregung einer ſelbſtändigen Linie durch die Kurfürſten⸗ ſtraße verwieſen — einer Linie, die aber in keiner Weiſe mit den älteren Projekten Wilmersdorfs verknüpft werden dürfte. Meine Herren, Sie werden mir zugeben, daß dieſe Art der Verhandlung überhaupt keine iſt. Es iſt von unſerm Magiſtrat inſofern nichts ver⸗ ſäumt worden, als dem Herrn Miniſter von dieſem Verhalten Wilmersdorfs zeitig Mitteilung gemacht und er erſucht worden iſt, dieſe Unmöglichkeit der Verhandlung nicht uns zur Laſt zu legen, ſondern demjenigen, der ſie verſchuldet hat. Sie wiſſen, daß in dem Schreiben des Miniſters ein ſehr un⸗ angenehmer Nachſatz enthalten war, welcher lautete: wenn die Verhandlungen ſich zerſchlügen, bliebe es bei dem Vorentſcheid, das heißt Nürnberger Straße — Nettelbeckſtraße, worüber wir uns in der letzten Sitzung bereits eingehend unterhalten haben. Es kann wohl nicht angenommen werden, daß der Miniſter dieſe Worte in der Idee geſchrieben hat, daß nun einfach einer der Beteiligten ſich hin⸗ ſtellen, die Arme verſchränken und ſagen ſoll: ich tue nichts, denn wenn ich nichts tue, fahre ich am allerbeſten. Es muß vielmehr ſinngemäß angenommen werden, daß er dieſe Drohung nur für den Fall hat ausſprechen wollen, daß beide Teile ſich nunmehr trotz der Verhandlungen nicht einigen können, ſo daß demjenigen die Laſt der geſcheiterten Verhandlungen dann aufgebürdet wird, der wirklich dafür ſchuldig zu machen iſt. Meine Herren, es wird nötig ſein, um die ganze Stellung Wilmersdorfs kennen zu lernen, auf die Verhandlungen, die in der Stadtverord⸗ netenſitzung zu Wilmersdorf ſtattgefunden haben, näher einzugehen. Die Stadt Wilmersdorf hat ihren Stadtverordneten eine ſehr umfangreiche Denkſchrift für dieſe Verhandlungen mitgegeben. Dieſe Denkſchrift iſt, ſoweit ich habe konſtatieren können, in nur wenig veränderter Form, aber mit einem grünen Umſchlag verſehen, in Ihre Hände gelangt. Es iſt nötig, auf dieſe Dinge einzugehen. Im weſentlichen muß ich mich auf einen Bericht vom 19. Mai berufen, den der Magiſtrat von Wilmersdorf an den Miniſter hat gelangen laſſen. Wenn dieſer Bericht auch das Datum vom 19. Mai trägt, ſo darf er doch die Valuta von heute be⸗ anſpruchen, weil er den Stadtverordneten von Wilmersdorf noch am 19. Oktober als Grundlage für deren Votum übergeben worden iſt. Er darf dies deswegen um ſo mehr beanſpruchen, weil der Referent der Stadtverordnetenverſammlung in Wilmersdorf ſich im weſentlichen mit dieſem Bericht beſchäftigt und ihn in ſeinen Ausführungen re⸗