Sitzung vom 3. November 1909 trage, daß, um das Einverſtändnis der Untergrund⸗ bahn herbeizuführen, dieſer Zuſchuß noch hat erhöht werden müſſen, und zwar, wenn ich alles zuſammen⸗ rechne, rund um die Summe von 600 000 ℳ. Sie wiſſen auch, daß ich dieſen Verhandlungen als Zu⸗ hörer beigewohnt habe, und ich kann Ihnen mit⸗ teilen, daß der Magiſtrat alles äußerſte verſucht hat, dieſen Zuſchuß zu mindern. Es war aber ein Mittelweg nicht zu finden, weil die Herren der Untergrundbahn uns mit Zahlen aufwarteten, die geradezu von erſchreckender Größe waren, und als ſie darauf nicht eingehen wollten, daß dieſer ſogenannte proviſoriſche Verkehr bis zur Auflöſung des Gleisdreiecks ihrerſeits durchgeführt würde, ſchlugen ſie uns vor, wir möchten es auf unſere Koſten machen, wenn wir ſo überzeugt wären, daß unſere Zahlen, die niedriger waren, die richtigen wären. Es iſt richtig, daß man bei dem Drängen und der Haſt, die uns einmal durch das Machtwort des Miniſters, die Verhandlungen am 4. November beendet zu ſehen, ſich einem derartigen Vor⸗ ſchlage gegenüber weder mit Ja noch mit Nein äußern konnte. Aber, meine Herren, ich bin nun Kaufmann, und ich glaube, auch ein vorſichtiger Kaufmann zu ſein, und da habe ich mir die Frage vorgelegt: iſt es für uns beſſer, mit einer beſtimmten Summe als Verluſtſumme zu rechnen, die wir uns einmal auszugeben entſchloſſen haben, oder iſt es berechtigt, das Wagnis zu laufen, vielleicht viel mehr zu riskieren — denn wir ſind nicht ſo be⸗ wandert in Betrieben wie die Untergrundbahn⸗ geſellſchaft ſelber —, vielleicht auch beſſer abzu⸗ ſchneiden? Darum meine ich: es iſt beſſer, man nimmt das Mittel und ſieht der Summe, die man zu zahlen hat, ins Auge und bewilligt ſie. Meine Herren, ich glaube, daß damit hier das Generale über dieſen Vorſchlag im weſentlichen geſagt iſt, und ich glaube auch, daß Sie auch die Ausſchußberatung annehmen werden, und daß ich deswegen hier mein Referat in dieſem Punkte abbrechen kann. Ich möchte aber denjenigen Herren, welche ſpäter im Plenum ſich ſchlüſſig zu machen haben, zwei Warnungen, wenn ich mir das erlauben darf, auf den Weg geben. Ich glaube, es iſt falſch, bei derartigen Vereinbarungen, wo drei Elemente in Frage kommen, ſich zu fragen: hat denn der andere etwa durch dieſen Vergleich mehr ge⸗ wonnen als ich? Ich glaube, man muß einfach das betrachten: was habe ich gewonnen, und wie dient es meinen Intereſſen? laß die andern leben! — und wir wollen ſie leben laſſen. Es iſt mir ſehr leicht erklärlich, daß bei einer ganzen Reihe von Herren durch die Art der Behandlung, die dieſe ganze Materie erlitten hat und erleiden mußte, eine ge⸗ wiſſe Mißſtimmung hervorgerufen iſt — und bei mir auch —, und ich kann mir ſehr wohl denken, daß ſie ſagen: laß doch die bei ihren Beſchlüſſen, wir bleiben bei unſerm Beſchluß! Aber das wäre falſch. Aequam memento rebus in arduis servare mentem. Daß hier res arduae vorliegen, werden Sie mit mir zugeſtehen müſſen. Und noch ein zweites. Es iſt gewiß ſchwer, die Entſcheidung zu treffen. Ich glaube, daß vor⸗ ſichtiges und gutes Rechnen, weiß Gott, eine Tugend iſt, die ich mir immer zum Prinzip gemacht habe. Ich weiß aber auch aus eigener Erfahrung, und ich weiß auch aus Erfahrungen anderer Leute, daß man auch in dieſer Beziehung zu weit gehen kann, und daß man ſich auch mit Zahlen Geſpenſter vorzaubern kann, die in Wirklichkeit nicht vorhanden 453 ſind, daß man etwas fürchten kann, was in Wirklich⸗ keit nicht gefürchtet zu werden braucht. Dies kann am leichteſten dann eintreten, wenn es ſich um Dinge handelt, die noch in der Zukunft liegen wie hier, die unſerm menſchlichen Auge verſchloſſen und einer exakten Beweisführung unzugänglich ſind. Deswegen iſt es nötig, mit einer gewiſſen friſchen Initiative, ja mit einem gewiſſen Wagemut an ſie heranzugehen. Nur wer den Augenblick ergreift, der iſt der rechte Mann; wer an der richtigen, an der glückbringenden Stunde vorübergeht, wird vielleicht an ſeinem eigenen Leibe zu ſeinem Schmerze er⸗ fahren müſſen: Was Du von der Minute aus⸗ geſchlagen, gibt keine Ewigkeit zurück. Ich glaube das ſollen wir nicht tun. (Lebhafter Beifall.) Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, ich möchte der Kritik des Herrn Referenten über die Vergangenheit nicht folgen — ohne damit zu ſagen, daß ſie nicht voll berechtigt geweſen wäre. Aber ich glaube, wir tun bei unſerer heutigen Ent⸗ ſcheidung doch beſſer, die Vergangenheit voll ruhen zu laſſen und uns auf den Standpunkt der Tat⸗ ſachen, der jetzigen Lage zu ſtellen. (Stadtv. Holz: Sehr richtig!) Wir müſſen die ganze Angelegenheit auch von unſerm Charlottenburger Standpunkt betrachten, im allgemeinen aber von dem Groß⸗Berliner Standpunkt, daß die Einwohner von Schöneberg, Wilmersdorf und Charlottenburg in ihren jetzigen und in ihren künftigen Verkehrsverhältniſſen mög⸗ lichſt wenig geſchädigt werden, möglichſt große Vor⸗ teile haben. Meine Herren, es iſt klar, daß die erſten Pro⸗ jekte von Wilmersdorf eine außerordentliche Schädi⸗ gang der Charlottenburger Intereſſen bedingt hätten, indem wir von dem Oſt⸗Verkehr gewiſſer⸗ maßen ausgeſchaltet geweſen wären. Es iſt klar, daß das jetzt vorliegende Projekt ſowohl wie das urſprünglich von uns verfolgte Projekt, wonach die Wilmersdorfer Trace über die Uhlandſtraße ge⸗ leitet werden ſollte, ſowohl den Intereſſen Schöne⸗ bergs, wie den Intereſſen Wilmersdorfs, wie den Intereſſen Charlottenburgs im weſentlichen ge⸗ nügen. Jeder hat noch gewiſſe Nachteile, er muß irgendwo umſteigen; aber etwas Beſſeres läßt ſich nach dem Gutachten der Sachverſtändigen überhaupt nicht erzielen. Meine Herren, nun fragt es ſich: wie müſſen wir uns zu demjenigen Projekt ſtellen, das uns jetzt vorgelegt iſt? Dieſes Projekt ſieht, abgeſehen von der allgemeinen Möglichkeit des Hauptverkehrs, den Bau einer Bahn den Kurfürſtendamm herunter bis zur Uhlandſtraße vor, wofür wir 2,3 oder 2,6 Mil⸗ lionen zu zahlen haben — 2,3 Millionen, wenn der Verkehr auf dieſer Bahn im Jahre 1915, 2,6 Milli⸗ onen, wenn er gleichzeitig mit dem der Wilmers⸗ dorfer Bahn im Jahre 1912 aufgenommen wird. Meine Herren, das iſt ja natürlicherweiſe nicht ein nebenſächliches, ſondern ein weſentliches Moment, daß wir nicht zeitweiſe in unſerm Verkehr erheblich ungünſtiger daſtehen als unſere Nachbargemeinde. Wir würden alſo, glaube ich, ohne weiteres doch den Weg, wenn wir ihn überhaupt gehen, nur gehen können, indem wir ſagen: im Jahre 1912 muß dieſe Bahn fertig ſein, zur ſelben Zeit, wo die Wilmers⸗ dorfer Bahn auch fertig ſein ſoll. Wir würden alſo mit einem Zuſchuß, wie der Herr Referent ja auch