456 — ich werde, und wenn es bis morgen früh 5 oder un 6 Uhr dauert, ausharren — meine Pflicht tun! (Bravo!) Aber, meine Herren, ich verweiſe darauf, daß die Städteordnung in dieſer Beziehung anders denkt als der Magiſtrat. Ich verweiſe auf den § 40 unſerer Städteordnung, der im Abſatz 2 ſagt: Die Zuſammenberufung — der Stadtverordnetenverſammlung — erfolgt unter Angabe der Gegenſtände der Verhandlung; mit Ausnahme dringender Fälle muß dieſelbe wenigſtens zwei freie Tage vorher ſtatthaben. Und es heißt in allen Kommentaren ſie ſind alle einig —, daß in den Fragen der Dringlichkeit die Verſammlung mit Majorität zu entſcheiden hat, und ferner hat das Oberverwaltungsgericht in konſtanter Rechtſprechung darauf hingewieſen, daß, wenn dieſe Formalien nicht befolgt ſind, die Be⸗ ſchlüſſe nichtig ſind. Wenn alſo ein Mitglied der Stadtverordnetenverſammlung Verwahrung ein⸗ legen würde, würden wir, auch wenn wir dem zu⸗ ſtimmen, was Herr Kollege Frentzel vorgeſchlagen hat, der Nichtigkeit unſerer Beſchlüſſe entgegenſehen müſſen. (Große Unruhe und Hört, hört!) Ich verweiſe aber auch auf den § 17 unſerer Ge⸗ ſchäftsordnung, welcher im Eingange ſagt: Die Beratung über Vorlagen des Ma⸗ giſtrats oder ſelbſtändige Anträge von Mit⸗ gliedern erfolgt früheſtens, nachdem die Tages⸗ ordnung 2 freie Tage hindurch in den Händen der Mitglieder geweſen iſt. Meine Herren, wie geſagt, ich lege darauf jetzt kein beſonderes Gewicht mehr; ich habe mich be⸗ müht und werde mich bemühen, die Vorlage zu verſtehen und zu ihr im Ausſchuß Stellung zu nehmen. Aber ich meine, wenn wir in dieſer außergewöhnlichen Weiſe bedient werden, wenn wir in eine Situation geraten, die doch mindeſtens außergewöhnlich iſt, dann iſt es ebenſo außerge⸗ wöhnlich, wenn wir in den Zeitungen leſen durften — das hat mich im höchſten Grade empört, meine Herren —, daß von den maßgebenden Mitgliedern aller Fraktionen — ſo ungefähr war der Wort⸗ laut in den Zeitungen — die Sache bereits erledigt ſei; es ſei bereits eine Vergleich vom Magiſtrat geſchloſſen worden, der von jenen maßgebenden Perſonen ſchon akzeptiert worden ſei. Im Namen meiner Fraktion, meine Herren, möchte ich gegen eine derartige Annahme aufs entſchiedenſte Ver⸗ wahrung einlegen. In meiner Fraktion ent⸗ ſcheidet nur dieſe allein; maßgebende Faktoren gibt es nicht. Ich bezeichne eine derartige Zeitungs⸗ notiz als im höchſten Maße ungehörig; es wäre mir angenehm, ihren Urheber kennen zu lernen. Meine Herren, wenn wir in dieſe Zwangs⸗ lage gekommen ſind, ſo müſſen wir vor der Bürger⸗ ſchaft und vor uns ſelbſt hervorheben, daß wir mit um ſo größerer Sorgfalt dasjenige durch⸗ leuchten wollen, was uns hier vorgelegt worden iſt. Wir dürfen nicht ſo verfahren, wie Herr Kollege Frentzel vorgeſchlagen hat, wir dürfen nicht ge⸗ wiſſermaßen mit der Piſtole auf der Bruſt be⸗ ſchließen. Ich ſtimme Herrn Kollegen Stadthagen vollſtändig bei: wir ſind noch ein Selbſtverwal⸗ tungskörper, meine Herren, und ein Selbſtver⸗ waltungskörper hat das Recht, daß er mindeſtens ebenſo behandelt wird wie eine ſtaatliche Behörde; (Sehr richtig! bei den Sozialdemokraten) Sitzung vom 3. November 1909 d wenn das der Fall iſt, dann iſt es in der Tat ich wiederhole das zum dritten Male — nicht E etwas Ungewöhnliches, ſondern es würde etwas Ungeheuerliches ſein, meine Herren, wenn wir in dieſer Stunde, ohne daß wir auf die Sache vorbereitet ſind, ohne daß wir in der Lage ſind, die Verhältniſſe tatſächlich und juriſtiſch durchzu⸗ denken, Beſchlüſſe faſſen wollten, von denen ſich vielleicht nach kurzer Zeit herausſtellen könnte, daß ſie unklug und unrichtig geweſen ſind. Es handelt ſich um einen Vertrag, deſſen Tragweite wir gar nicht überſehen können. Meine Herren, nach dieſer Einleitung (Unruhe) möchte ich auf dasjenige eingehen, was wir als eine Vorlage anſprechen können oder richtiger müſſen. Es liegt uns, meine Herren, die Vorlage des Magiſtrats vom 1. November dieſes Jahres vor. Iſt die Vorlage etwa die Vorlegung eines Vertrages? Enthält die Vorlage überhaupt einen Vertrag, ein von zwei Kontrahenten unterſchrie⸗ benes Inſtrument? Nein, meine Herren, das iſt nicht der Fall. Sie iſt eine Mitteilung des Magiſtrats. Was ſollen wir denn damit anfangen? Sollen wir erſt eine Vorlage machen, ſollen wir erſt einen Vertrag konſtruieren? Und dieſe Vor⸗ lage, dieſe Mitteilung des Magiſtrats ergänzt ſich nun in demjenigen, was ich eben erſt belkommen habe, was ich zwar geleſen habe, für das ich aber nicht in der Lage bin in jeder Beziehung die Verantwortung zu übernehmen, weil ich es erſt durchdenken muß. Um nun auf die Vorlage vom 1. November einzugehen, deren Inhalt mir unannehmbar iſt, ſo möchte ich vorausſchicken, daß ihre Motivierung etwas umſtändlich iſt, und daß ſie zweimal ge⸗ leſen werden muß, wenn man den Tenor des Beſchluſſes des Magiſtrats verſtehen will. Ich möchte aber aus der Begründung wenigſtens zwei in die Augen fallende Sätze hervorheben, um zu zeigen, in welche unbequeme Lage wir kommen, wenn wir dieſen Vorſchlag oder den Ergänzungsvorſchlag, den wir eben bekommen haben, annehmen. Es heißt in bezug auf das, was der Magiſtrat einräumt: Wir räumen der Gemeinde Wilmersdorf und dem Domänenfiskus den Anſchluß an die beſtehende Bahn, als die künftige C⸗Linie, ein. Durch Abtrennung des 0⸗Vertehrs von dem (C-Verkehr ſtellen wir überdies erſt die volle Wirkſamkeit des Anſchluſſes der Wilmersdorfer an die beſtehende Linie (die künftige C⸗Linie) auch im Sinne der Klein⸗ bahnaufſichtsbehörden her. Und weiter: Die Sicherſtellung — nämlich der Zugüberführung — (andauernde Unruhe) — Herr Kollege Frentzel, ich will Sie bitten: hören Sie mal zu; Sie können vielleicht Veran⸗ laſſung finden, auch darauf Gewicht zu legen — (Stadtv. Dr Frentzel: Ich glaube nicht!) Die Sicherſtellung iſt erſt formell dadurch ermöglicht, daß Charlottenburg von dem vertraglichen Recht der Durchführung von 0⸗Zügen auf die beſtehenden Gleiſe der Stammlinie nach dem Zoologiſchen Garten und darüber hinaus abſieht und demgemäß für den vom Wilhelmplatz und Reichskanzlerplatz kommenden Verkehr nach dem Oſten ſich