458 halten, ein ſolches Opfer zu bringen. weiter nicht als eine Rumpfbahn, als ein Torſo, wie ich vorhin geſagt habe; es bleibt dasjenige, was der Magiſtrat früher ſelbſt als einen ſolchen bezeichnet hat. Und dafür laſſen wir uns den direkten Verkehr vom Zoologiſchen Garten nach der Warſchauer Brücke nehmen? Der Magiſtrat hat ja früher in ſeinen Vorlagen wiederholt ſelbſt darauf hin⸗ gewieſen, daß mit dem Stück bis Uhlandſtraße nichts anzufangen ſei, und daß wir die Linienführung ſo haben müſſen, daß die Charlottenburger Verkehrs⸗ intereſſen im großen gewahrt werden. Meine Herren, ich glaube, daß durch die Annahme dieſer einen Strecke weder die Charlottenburger Ver⸗ kehrsintereſſen noch vor allen Dingen die Verkehrs⸗ intereſſen von Groß⸗Berlin gewahrt werden. Ich bedaure es aus tiefſtem Herzen, daß bis zum heutigen Tage auch in dieſem Saale der Kampf zwiſchen Charlottenburg und Wilmersdorf ſo partikulariſtiſch geführt wird. Wir ſind ja allerdings in der Not⸗ wehr; Wilmersdorf hat ja dasjenige, was der Herr Referent geſchildert hat, mit der größten Energie und Rückſichtsloſigkeit getan. Aber, meine Herren, nachdem die Sache ſo weit gediehen iſt, hat es wirklich keinen Zweck mehr — inſofern hat mich das Referat des verehrten Kollegen Fentzel enttäuſcht, das hat Herr Kollege Stadthagen vollkommen richtig hervorgehoben —, die ganze Entwicklungsgeſchichte zu wiederholen. Wir ſollten lieber nicht zurückweichen, wir ſollten uns bemühen, den großen Geſichtspunkt von Groß⸗Berlin im Auge zu behalten, (Bravo!) und den großen Geſichtspunkt von Groß⸗Berlin behalten wir nicht im Auge, wenn wir die Vorlage ſo annehmen, wie ſie vorliegt, und wie ſie der Miniſter und der Polizeipräſident oder wer ſonſt diktiert haben. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Das können und dürfen wir nicht tun. Die allerſchärfſte Kritik der heutigen Vorlage gibt der Magiſtrat ſelbſt in ſeiner ausgezeichneten Vorlage vom 15. September; auch noch in der Vor⸗ lage vom 27. Oktober d. I. finden ſich gegenüber dem Projekt der Hochbahngeſellſchaft ziemlich ſtrenge Worte. Ich will die Stellen nicht vorleſen; aber der Magiſtrat ſagt mit ſolcher Energie, daß die Hoch⸗ bahngeſellſchaft Bahnprojekte zu unterlaſſen habe, die unſer Recht auf Anſchluß der Charlottenburger Bahn an die beſtehende Untergrundbahn am Witten⸗ bergplatz unmöglich machen würden, daß man ſich über ſeine Nachgiebigkeit wundern muß. Warum ſollen wir alſo dieſes Recht aufgeben wollen — auf⸗ geben wollen für ein Linſengericht? Dann, meine Herren, kommt für mich der allerwichtigſte Einwand. Was für vertragliche Rechte haben wir denn gegenüber der Hochbahn⸗ geſellſchaft. Iſt denn, wenn wir dieſe Bewilligung ausſprechen, damit die Zutunft des Stadtteils jen⸗ ſeits der Uhlandſtraße irgendwie ſichergeſtellt? Haben Sie irgendein Wort gehört, meine Herren, welches Ihnen die Garantie gibt, daß, wenn wir dieſe Vorlage annehmen ſollten, die Strecke jen⸗ ſeits der Uhlandſtraße ſo ausgebaut wird, wie wir es haben wollen? Haben wir überhaupt irgend⸗ eine Garantie wegen der Feſtſetzung über die Uhlandſtraße? Wohin geht überhaupt der Weg? Meine Herren, ich glaube alſo, daß bei der⸗ artigen Einwendungen wir unmöglich ſo kurzerhand beſchließen können, wie es der Herr Referent von uns verlangt hat. Ich glaube, es wird im Aus⸗ Sitzung vom 3. November 1909 Es bleibt ſchuß nicht möglich ſein, an der Hand des Materials, welches uns weiter vorgebracht werden ſoll, zu demjenigen Ergebnis zu gelangen, — (Große Unruhe. Glocke des Vorſtehers.) Borſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Meine Herren, Sie müſſen entſchieden mehr Ruhe halten; der Redner iſt kaum zu verſtehen! Stadtv. Holz (fortfahrend): — meine Herren, ich glaube, es wird kaum möglich ſein, auf Grund der Belehrung, die uns etwa noch zuteil werden ſollte — mehr wird uns wohl kaum geſagt werden können, als in dieſer Vorlage geſagt iſt —, die⸗ jenigen Einwendungen, die ich hervorgehoben habe, zu entkräften und aus der Welt zu ſchaffen. (Stadtv. Dr Crüger: Na, na!) — Es ſollte mich ſehr freuen, wenn dieſes Na, na! ſich bewahrheiten ſollte, wenn ich ſo belehrt werden könnte, daß ich aus dem größten Gegner der Vor⸗ lage zu einem Freunde der Vorlage werden könnte. Jetzt bin ich aber ſo peſſimiſtiſch, wie kaum einer! Ich ſtimme Herrn Kollegen Stadthagen zu: iſt es denn wirklich nötig, dieſe Vorlage ſo über das Knie zu brechen? Und dann, meine Herren, ver⸗ trete ich auch den Standpunkt: wenn dieſe Vorlage abgelehnt werden ſollte, wird die Welt nicht zu⸗ grunde gehen, wird Charlottenburg keinen Schaden nehmen. (Zuſtimmung und Zurufe.) Ich laſſe mich nicht bange machen; es iſt genau ſo, wie ſeinerzeit bei Berlin, als es ſich um die Kon⸗ zeſſionsfrage der Großen Berliner Straßenbahn handelte. Meine Herren, mit derartigen Rede⸗ wendungen können Sie Männer nicht ohne weiteres über den Haufen rennen. Ich glaube nicht, daß die Sache ſo kommen wird, wie uns angedroht worden iſt; ich glaube nicht, daß der 4. November ein wirk⸗ licher Stichtag im Sinne der Ausführungen des Referenten iſt. Ich verlaſſe mich dabei auf die Vor⸗ lagen des Magiſtrats vom 27. Oktober und vom 15. September, in welchen der Magiſtrat wegen des Zögerns von Wilmersdorf ſelbſt darauf hingewieſen hat und als ſelbſtverſtändlich hingeſtellt hat, daß dieſer 4. November ein ſo entſcheidender Tag nicht ſein kann. Und deshalb, meine Herren, bitte ich Sie, indem ich mich dem Antrage des Herrn Kollegen Stadthagen anſchließe, prinzipiell die Sache zu vertagen, eventuell aber die Sache in den Ausſchuß zu verweiſen, wo ich mich bemühen werde, die⸗ jenigen Aufklärungen entgegenzunehmen, die not⸗ wendig ſind. Ich für meine Perſon erkläre aber, daß ich gerade bei meiner großen und innigen Liebe für Charlottenburg aus demjenigen, was ich bisher gehört habe, hoffe und wünſche, daß die Vorlage, wie ſie hier eingebracht und vom Referenten er⸗ läutert worden iſt, abgelehnt wird, und ich bitte, daß Sie in dieſem Sinne beſchließen. — (Bravo! bei den Sozialdemokraten und einem Teil der Liberalen. Ziſchen bei den Liberalen.) Stadtv. Hirſch: Meine Herren, der Herr Referent hat die zweite Vorlage des Magiſtrats, die Vorlage vom 1. November, als eine Ergänzung der Vorlage vom 27. Oktober bezeichnet; ich halte dieſe Anſchauung für falſch. Die neue Vorlage des Magiſtrats iſt in Wirklichteit keine Ergänzung ſeiner früheren Vorlage, ſondern ſie ſteht in ſtriktem Widerſpruch zu der erſten Vorlage. Der Magiſtrat hätte formell richtiger getan, wenn er am Eingang