464 Sitzung vom 3. November 1909 punkt des Herrn Kollegen Holz bekämpfen und Erſt muß die Straßenbahn zeigen, daß ſie den An⸗ widerlegen ſollte; das iſt natürlich ein Ding der uUnmöglichteit. Wer derartigen Vorlagen mit Peſſimismus entgegentritt und ſagt, in ſeiner Ab⸗ ſtimmung laſſe er ſich von peſſimiſtiſchen An⸗ ſchauungen leiten, mit dem iſt nicht weiter zu ver⸗ handeln. Herr Kollege Hirſch iſt auf die Boden⸗ ſpekulanten zu ſprechen gekommen. Er hat geſagt: hier werden die Intereſſen Charlottenburgs privaten Spekulanten geopfert. Er hat auf die Spekulations⸗ intereſſen der Regierung hingewieſen. Meine Herren, darüber mag jeder denken, wie er will, (Stadtv. Hirſch: Aber ſagen darf er es!) — wenn Sie wollen, gewiß — es mag alles zu⸗ treffend ſein; aber welche Schlußfolgerungen ſollen wir eigentlich daraus ziehen? , ((Sehr richtig!) 7 Sollen wir uns deswegen in den Schmollwinkel zurück⸗ ziehen und ſagen: wir arbeiten nicht mehr mit? Aber ich glaube, der Geſichtspunkt, unter dem Herr Kollege Hirſch zur Vorlage Stellung nimmt, iſt überhaupt ein ganz anderer. Wenn Herr Kollege Hirſch ſich derzeit für die erſte Vorlage mit ſeinen Freunden begeiſterte, mit dem Bau einer Unter⸗ grundbahn — in eigener Regie, ſo haben wir hier den ſpringenden Punkt: die eigene Regie. (Sehr richtig!) Und wenn Herr Kollege Hirſch und ſeine Freunde konſequent ſind, müßten ſie eigentlich jedem Ausbau einer im Privatbeſitz befindlichen Untergrundbahn entgegentreten. (Sehr richtig!) Ich meine alſo, die Gründe, die die Sozialdemo⸗ kraten gegen die Vorlage vorbringen, können wirklich für uns nicht maßgebend ſein, da ſie auf einem ganz anderen prinzipiellen Standpunkt ſtehen wie die andern Fraktionen. Sollen Sie warten, bis wir in Charlottenburg nur Untergrundbahnen in eigener Regie bauen? Sollen Sie warten, bis die Allge⸗ meinheit von Groß⸗Berlin an den Bau von Unter⸗ grundbahnen geht? Ich glaube nicht, daß die Charlottenburger Bürger und auch nicht Ihre (zu den Sozialdemokraten) allerengſten Freunde Ihnen dafür dankbar ſein würden; ich glaube nicht, daß eine derartige Politik im Intereſſe von Charlottenburg liegt. Dann eine kurze Kritik zu den Bemerkungen des Herrn Kollegen Holz. Er hat geſagt: es gäbe nur einen Torſo — die Notwendigkeit der Sache ſei überhaupt zu bezweifeln — Entſchädigungs⸗ anſprüche der Straßenbahn ſtänden in Ausſicht. Ja, meine Herren, mit Entſchädigungsanſprüchen der Straßenbahn haben wir ſelbſtverſtändlich bei derartigen Anlagen immer zu rechnen. Die Ent⸗ ſchädigungsanſprüche der Straßenbahn ſpielten auch bei der erſten Vorlage hinein, und es kann Ihnen ſelbſtverſtändlich heute niemand auf Heller und Pfennig ausrechnen, wie groß die Entſchädi⸗ gungsanſprüche der Straßenbahn ſein werden. Ich bin übrigens der Meinung — es iſt auch, glaube ich, vom Herrn Berichterſtatter darauf hingewieſen—: wenn man die Entwicklung jener Gegenden be⸗ obachtet, die bereits mit Untergrundbahnen ver⸗ ſehen ſind, wenn man beobachtet, wie die Straßen⸗ bahnen dort überfüllt ſind trotz der Untergrundbahn, dann können wir getroſt derartigen Anſprüchen entgegenſehen. (Sehr richtig!) ſprüchen genügen kann, lottenburg an ſie ſtellen, (Sehr richuigt) dann wollen wir ihre Anſprüche hören! Ich glaube, da können Gegenrechnungen von uns aufgemacht werden, und wir werden ſehen, wer den kürzeren bei dieſen Rechnungen zieht! 42 42 (Brapo). 8 und im übrigen iſt es noch ſehr zweifelhaft, ob wir bei dem Bau von Untergrundbahnen Rückſichten auf die Straßenbahn zunehmen haben. Was dann die Notwendigkeit der Strecke anlangt, ſo möchte ich betonen, daß jedenfalls Herr Kollege Holz mit einigen genen cgen n verſchwindender Minderheit bleiben wird, wenn er die Notwendig⸗ keit beſtreitet. Denn daß wir es mit einem not⸗ wendigen Ausbau zu tun haben, darüber kann gar kein Zweifel beſtehen, und das wollen wir doch vor allen Dingen unſern Wilmersdorfer Kon⸗ kurrenten gegenüber betonen. (Sehr richtig!) —Meine Herren, um nicht draußen aus der Rede des Herrn Kollegen Holz Schlüſſe ziehen zu laſſen, die uns nachteilig werden können, möchte ich hier gleich in der Charlottenburger Stadtverord⸗ netenverſammlung Verwahrung gegen etwaige ungünſtige oder unrichtige Schlußfolgerungen ein⸗ legen. Ich muß geſtehen, daß die Rede des Herrn Kollegen Holz nicht glücklich war; ſie wäre in der Wilmersdorfer Stadtverordnetenverſammlung beſſer am Platze geweſen, (Bravo!) aber hier in der Charlottenburger Stadtverord⸗ netenverſammlung war ſie deplaziert. 2 (Lebhaftes Bravo.) Und weiter: Herr Kollege Holz hat ſein Be⸗ dauern ausgeſprochen, daß in Wilmersdorf und Charlottenburg partikulariſtiſche Kämpfe geführt werden. Meine Herren, es iſt auch von Herrn Kollegen Holz hervorgehoben: wir überſtürzen die Sache, man könne ſich nicht ordentlich in die Vor⸗ lage hineinarbeiten! Würde Herr Kollege Holz die früheren Vorlagen ſo recht in ſich aufgenommen haben, dann, glaube ich, würde er hier als Char⸗ lottenburger Stadtverordneter erklärt haben, daß wir Charlottenburger bei allen dieſen Vorlagen nicht partikulariſtiſche Intereſſen verfolgt haben; ſondern, wenn überhaupt in dieſen Fragen von einem Groß⸗Berliner Standpunkt geſprochen werden kann, dann nehme ich für uns Charlotten⸗ burger in Anſpruch, daß wir ihn vertreten haben. (Lebhafter Beifall.) Meine Herren, wir haben das allerlebhafteſte Intereſſe daran, das hier vor aller Offentlichkeit zu betonen und feſtzuſtellen. Und wenn Herr Kollege Hirſch auf den Zweckverband hingewieſen hat — er hat ja ſelbſt ſchon hinzugefügt: die Unter⸗ grundbahn gehört nicht in den 3weckverband aber jedenfalls inſofern gebe ich ihm Recht: die Herren von Wilmersdorf zeigen uns, was für eine Bedeutung der Zweckverband haben würde! Meine Herren, wenn in dieſer Sache ausgeſprochene Kirchturmpolitik getrieben iſt, dann iſt es um Wilmersdorf geſchehen. (Bravo!) 4 Wenn Wilmersdorf vollſtändig vergeſſen hat, daß es ein Glied von Groß⸗Berlin iſt — hier haben wir den Beweis dafür, daß das tatſächlich der Fall iſt. die wir als Stadt Char⸗