180 Dberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, es iſt weder von dem Herrn Referenten, noch von dem Herrn Dezernenten der Grund an⸗ geführt worden, weswegen wir zu dieſer Vorlage gekommen ſind. Der Grund war ein äſthetiſcher, meine Herren. Der verſtorbene Stadtbaurat Schmaltz war der Anſicht, daß dieſe Stelle, wo das Krankenhaus mit dem Anſchluß an die Höhe des Berges beginnt, eine hervorragende Stelle iſt, die eines gewiſſen Anſchluſſes in äſthetiſcher Be⸗ ziehung bedürfe, um beim Eingang in Weſtend ein hübſches Städtebild zu ſchaffen. Dieſe Idee hat Her Schmaltz damals ſchon bearbeitet, und Herr Kollege Seeling hat dann in derſelben Über⸗ zeugung von ihrer Richtigkeit dieſe äſthetiſche Idee ausgearbeitet und ſchlägt Ihnen mit Zuſtimmung des Magiſtrats durch die Vorlage die Ausführung ſeiner Idee vor. Es ſoll alſo ein hübſches an⸗ mutendes Städtebild für denjenigen geſchaffen werden, der die Spandauer Chauſſee hinauf nach Weſtend geht. Es handelt ſich alſo nicht um den Bau einer Blumenhalle — der Blumenhandel iſt völlige Nebenſache; man hat gemeint, man könnte einen Blumenhandel da hineinlegen; das iſt aber nicht die Hauptſache — die Hauptſache iſt die äſthetiſche Rückſicht, die Ausgeſtaltung des Städte⸗ bildes in jener Gegend. Nun meint Herr Stadtv. Becker, man ſolle eine Bedürfnisanſtalt dorthin bauen. Ob das nun gerade ein geeigneter point de vue iſt, (Stadtv. Becker: Nun, für uns in Weſtend war ſie gut genug!) eine Bedürfnisanſtalt als äſthetiſche Verſchönerung des Städtebildes (Heiterkeit) — ich kann mir das nicht gut vorſtellen. Bedürf⸗ nisanſtalten pflegt man an Stellen zu errichten, wo ſie verſteckt ſind, aber nicht an Stellen, auf die man ſozuſagen mit dem Finger zeigt. (Stadtv. Becker: Tut man das in Weſtend nicht?!) Nun erkenne ich durchaus an, daß Herr Stadtv. Becker recht hat, wenn er die Beſchwerde wegen der vorhandenen Bedürfnisanſtalt in Weſtend immer wieder vorbringt, und ich möchte ſeinen Beſchwerden ſehr gern in geeigneter Weiſe ent⸗ gegenkommen und ihnen abhelfen, aber ich möchte doch dringend bitten, den Gedanken fallen zu laſſen, gerade an dieſer Stelle die Bedürfnisanſtalt neu aufzubauen und damit ein ſchönes Straßen⸗ bild ſchaffen zu wollen. Ich fürchte, wenn wir die Bedürfnisanſtalt noch ſo ſchön ausbauen würden, es würde immer nicht das werden, was wir wünſchen, — und daß ſo etwas dort nicht hin⸗ gehört, darin haben, glaube ich, die beiden Archi⸗ tekten recht. Wenn man als Laie ſich die Straße anſieht — ja, ich muß ſagen, ich habe auch das Gefühl, dorthin gehört etwas, was einen Abſchluß bildet, woran ſich das Auge erfreut, und da wir in Charlottenburg ſehr wenig Stellen haben, die äſthetiſch ſo ausgebildet ſind, daß ſie das Auge erfreuen, das Stadtbild verſchönern (ganz im Gegenſatz zu den ſüddeutſchen Städten), haben wir es mit großer Freude begrüßt, daß dieſes Projekt uns vorgelegt wurde. Im Ausſchuß werden Sie ſich ja darüber unterhalten. Ich will heute nur das ausgeſprochen haben, was ich eben geſagt habe, damit Sie im Ausſchuß auch wiſſen, aus welchem Grunde wir Ihnen die Vorlage gemacht haben. 27 5 Sitzung vom 10. Nopember 1909 Stadtv. Bollmann: Wir haben uns in der Krankenhausdeputation eingehend mit dem, was heute hier vorgetragen iſt, beſchäftigt. Gerade die Bedenken, die Herr Kollege Becker geäußert hat, haben uns in der Fraktion Veranlaſſung gegeben, einen Ausſchuß zu beantragen. Im Ausſchuß werden ja alle dieſe Fragen gründlich beleuchtet werden. Es iſt um ſo nötiger, daß wir einen Ausſchuß wählen, als es ſich ja auch um nicht unerhebliche Koſten handelt. Ich ſchließe mich namens meiner Fraktion dem Antrage auf Ausſchußberatung an. Stadtv. Dr. Frentzel: Wenn man den Herrn Oberbürgermeiſter hört, würde man ihm mit Freude zuſtimmen; denn jeder wird es mit Freude begrüßen, wenn ſchöne Städtebilder geſchaffen werden. Ich möchte aber meinen Zweifel äußern, ob denn eine einzige Blumenhalle ein ſolches ſchon ſchaffen kann. Schließlich iſt ein Blumen⸗ laden doch auch nichts anderes als ein Laden, in dem Blumen ſtehen, und wie dieſe Blumen nachher ausſehen, wie ſie nachher gehalten werden, ent⸗ zieht ſich durchaus der Kontrolle des Magiſtrats. Nehmen wir an, es pachtet jemand die Blumen⸗ halle, der nicht finanzkräftig genug iſt und womöglich vertrocknete Blumen und verdorbene Pflanzen hält, ſo iſt das ſchöne Städtebild wieder ruiniert. (Zuruf.) Nun wird mir zugerufen: die Baulichkeit iſt es. Wenn man das auf die Baulichkeit ſchieben will, müßte man nach einer ganz anderen Richtung gehen, dann müßte man nicht den nützlichen Zweck, ſondern das rein Aſthetiſche betonen, eine Kuliſſe machen, dort Pflanzen aufſtellen, alſo ſozuſagen einen ſtädtiſchen Blumenladen, in dem aber nichts verkauft wird. Es iſt nur die Frage, ob wir das können; jedenfalls wäre das ja ſehr ſchön. Ich kann mir im übrigen denken, daß man trotz der Schaffung einer Bedürfnisanſtalt einen gewiſſen Abſchluß ſchaffen kann, der jedenfalls nicht unäſthetiſch wirkt und das Städtebild in⸗ ſofern hebt, als er auf der anderen Seite die Be⸗ dürfnisanſtalt verſchwinden laſſen kann. Stadtv. Dr. Stadthagen: Ich möchte un⸗ erörtert laſſen, ob die Verſchönerung gerade an dieſer Stelle durch den Pavillon bewirkt werden wird oder nicht. Aber das iſt doch wohl ſicher, daß eine Verſchönerung des jetzigen Städtebildes durch den Pavillon für die Bedürfnisanſtalt nicht bewirkt wird. (Sehr richtig!) Der jetzige Pavillon bildet doch tatſächlich viel mehr den Abſchluß des Weſtender Berges als die Ecke am Fürſtenbrunner Weg; denn die Steigung hört an der Stelle auf, dort iſt der Abſchluß. Wenn Sie alſo den Abſchluß des Berges zu einem ſchönen Städtebilde umſchaffen wollen, dann müſſen Sie die Bedürfnisanſtalt dort oben wegnehmen und eventuell noch an irgendeiner Stelle da oben, ſagen wir: auf dem Grundſtück Ahornallee 1/2 einen ſehr ſchönen monumentalen Bau ausführen. Daran werden wir aber wohl bei den jetzigen ſtädtiſchen Verhältniſſen nicht denken. ch lege auch mit Herrn Kollegen Becker den größten Wert darauf, daß die alte Bedürfnis⸗ anſtalt dort oben wegkommt, und ich lege einen ebenſo großen, ja noch größeren Wert darauf, daß an der Ecke des Fürſtenbrunner Weges —