Sitzung uuom 10. November 1909 ausſchlaggebend ſein laſſen. Man ſagte ſich: Stadt wie Charlottenburg mit einem Etat über 20 Millionen würde ſelbſt bei größten Brand⸗ ſchäden auch ohne Rücklage in der Lage ſein, die Schäden decken zu können. Aus dieſem Standpunkt heraus hat ein Mitglied der Freunde der Selbſt⸗ verſicherung den Antrag eingebracht, die Selbſt⸗ verſicherung einzuführen, und zwar für alle Ge⸗ bäude, ohne Bildung eines Garantiefonds. Dieſer Antrag wurde aber im Laufe der Sitzung zurück⸗ gezogen; die Freunde der Selbſtverſicherung einig⸗ ten ſich dann auf den Anrag, der Ihnen hier vorgelegt iſt: Die Magiſtratsvorlage ſolle mit der Maßgabe angenommen werden, daß an Stelle der unter Ziffer 9 und 10 aufgeführten Verſicherungsgeſellſchaften die Stadtgemeinde Charlottenburg mit 20% der Verſicherungsſumme in Selbſtverſicherung ein⸗ tritt und neue Gebäude, welche im Laufe der Verſicherungsperiode hinzukommen, von der Stadtgemeinde ganz in Selbſtverſicherung genommen werden. Die Gründe für dieſe Stellungnahme möchte ich mir erlauben hier auseinanderzuſetzen. Der Gedanke der Selbſtverſicherung wird für einen geſunden gehalten; aber man glaubt, es ſei nicht notwendig, alle Gebäude, alle Mobilien und Immobilien in Selbſtverſicherung zu nehmen, ſondern es genüge einſtweilen, einen Verſuch mit einem Fünftel der Verſicherungsgegenſtände zu machen. Damit ginge die Stadt Charlottenburg kein großes Riſiko ein, um ſo weniger, als ein Riſikofonds gegründet werden könnte aus dem von den Verſicherungsgeſellſchaften neu gewährten Rabatt von 13 000 ℳ und den Erſparniſſen an Verſicherungsbeiträgen im Betrage von 35 000 ℳ, ſo daß eventuell ein Garantiefonds von 48 000 ℳ für die nächſten 5 Jahre vorhanden wäre. Dann wurde geltend gemacht, daß es wohl empfehlenswert wäre, wenn Charlottenburg als Teilnehmer unter den Verſicherern ſich befände, da dadurch eventuell die Höherſetzung der Ver⸗ ſicherungsſätze verhindert werden würde. Schon allein die Inausſichtnahme der Selbſtverſicherung hat bewirkt, daß die koalierten Verſicherungs⸗ anſtalten uns einen Rabatt für die nächſten 5 Jahre von 13 000 ℳ gewähren. Mitbeſtimmend für die Stellung des Aus⸗ ſchuſſes waren aber auch die Ausführungen der Ihnen zugegangenen Dentſchrift, einer durchaus fleißigen und objektiv gehaltenen Arbeit. Aus der Denkſchrift ergibt ſich, daß die Deputation für Gaswerke die Selbſtverſicherung warm empfiehlt, und daß auch die Elettrizitätsdeputation ſich für die Selbſtverſicherung ausgeſprochen hat. Das gleiche iſt bei der Hochbaudeputation der Fall. Das ſind gerade die drei Deputationen, welche die größten Riſiken in ſich vereinigen. Sehr ſteptiſch iſt dem Gedanken der Selbſtverſicherung nur die Tiefbau⸗ deputation entgegengetreten, und gerade die hat die wenigſten Riſiken hinſichtlich der Feuersgefahr aufzuweiſen. Aber, meine Herren, auch die Berichte aus den Städten, welche die Selbſtverſicherung eingeführt haben, ſprechen für deren Einführung, wenn auch bei keiner Stadt die Selbſtverſicherung mit leichtem Herzen eingeführt wurde. Das Ergebnis der Umfrage bei 12 Städten hat folgendes Reſultat geliefert, das hier in der Denkſchrift enthalten iſt. Nach den Zuſammenſtellungen hat ein Teil der 483 eine Städte es einſtweilen abgelehnt, die Selbſtver⸗ ſicherung zu übernehmen; die Städte ſind Düſſeldorf und Altona. Ein anderer Teil hat die Selbſt⸗ verſicherung übernommen ohne Gründung eines Verſicherungsfonds, während wiederum zwei Städte, Dresden und Leipzig, die Selbſtverſicherung ein⸗ geführt haben, nachdem ſie einen Garantiefonds geſchaffen haben. Ebenſo iſt das der Fall bei Berlin. Meine Herren, einzelne Städte, welche die Selbſtverſicherung eingeführt haben, ſind ſogar dabei — wie Leipzig und Dresden —, die Selbſt⸗ verſicherung auf weitere Reſſorts auszudehnen, ſoweit die öffentlichen 3wangsverſicherungen dem nicht entgegenſtehen. Nach dem Bericht der Zen⸗ tralſtelle auf Seite 531 iſt noch eine ganze Reihe von Städten dem Vorgehen von Dresden und Leipzig gefolgt; ich erwähne nur Halle, welches die Selbſt⸗ verſicherung eingeführt hat, Dortmund, Frankfurt a. M., welches das Opernhaus, auch ein großes Riſiko, zum Teil ſelbſt verſichert, und noch mehrere andere. Meine Herren, von Jahr zu Jahr wachſen auch bei uns die Verſicherungswerte. Gegen⸗ wärtig betragen die Verſicherungswerte in Char⸗ lottenburg 53 Millionen Mart, und die Prämien betragen pro Jahr 34 000 ℳ. Bei dem Charakter der Stadt Charlottenburg, einer jungen Stadt mit größtenteils neuen maſſiven Gebäuden, die zerſtreut über das ganze Stadtgebiet liegen, ſcheint mir das Riſiko für die Mobilien und Immobilien klein zu ſein, was auch die Denkſchrift zugibt; denn ſie führt aus, daß auf die geſamte Verwaltung an Entſchädigungen im ganzen 3 555 fielen, während an Prämien für dieſe 70 8/7/ aus⸗ gegeben wurden; nur die Brandſchäden bei den Gasanſtalten und den Elettrizitätswerken waren höher als die Prämien, aber nur eine Kleinigkeit. Trotzdem bleiben in den 13 Jahren von 1895 bis zur Gegenwart die erhaltenen Brandentſchädigun⸗ gen hinter den gezahlten Prämien um 67 000 ℳ Prämien zurück. Rechneriſch richtig iſt es ja, daß im Durchſchnitt der letzten 15 Jahre jährlich nur 4 000 ℳ. mehr an Prämien ausgegeben worden ſind, wir alſo bei Einführung der Selbſt⸗ verſicherung nur jährlich 4 000 ℳ geſpart hätten. Aber es darf nicht außer acht gelaſſen werden, daß die Steigerung der Verſicherungswerte in der Hauptſache erſt aus den letzten Jahren herrührt. Meine Herren, ich glaube, daß wir mit Über⸗ nahme eines Fünftels der Verſicherungswerte in Selbſtverſicherung kein Riſiko eingehen, und man es auf einen Verſuch wohl ankommen laſſen müſſe. Hinweiſen möchte ich noch, daß die Stadt Berlin die Gasanſtalten in Selbſtverſicherung genommen hat, mit welchen bekanntlich das größte Riſiko verbunden iſt; der Verſicherungswert dieſer Gebäude ſamt Einrichtungen beträgt ſoviel als der der ganzen Charlottenburger Mobilien⸗ und Immobilienverſicherung. Dabei will noch Berlin, wie uns mitgeteilt wurde, die Selbſtverſicherung auf alle Mobilien ausdehnen, der beſte Beweis für das gute Funktionieren der Selbſtverſicherung. Deshalb glaube ich, meine Herren, den Antrag des Ausſchuſſes Ihnen empfehlen zu können, und bitte um deſſen Annahme. 22 Stadtv. Meyer: Meine Herren, die Mehrheit meiner Fraktion kann den Ausſchußanträgen nicht zuſtimmen, und mit Rückſicht darauf, daß dieſe Ausſchußanträge mit einer erheblichen Majorität