486 Sitzung vom 10. Rücklagen in einem vom Jahre 1910 ab zu bildenden Fonds derart vorzubereiten, daß im Augenblick der Übernahme der Selbſt⸗ verſicherung ein Rücklagefonds von wenigſtens 500 000 ℳ vorhanden iſt. Wir — der Magiſtrat — haben dem erſteren Teil des Antrages zu⸗ geſtimmt, die Beſchlußfaſſung wegen der ſpäteren Selbſtverſicherung aber bis zur Etatsberatung für das Jahr 1910 hinaus⸗ geſchoben und behalten uns vor, bei dieſer Gelegenheit darauf zurückzukommen. Meine Herren, da erklärt ſich der Magiſtrat noch in keiner Weiſe für die Selbſtverſicherung und hat vor allen Dingen genau dieſelben Erwägungen gelten laſſen wie Herr Stadtv. Meyer, daß nämlich in erſter Linie wird gefragt werden müſſen: haben wir das Geld dazu, 100 000 ℳ. in den Selbſt⸗ verſicherungsfonds zurückzulegen, und würden dar⸗ unter nicht andere Aufgaben unſrer Verwaltung leiden, und zwar ſo ſehr leiden, daß die Erſparnis an Nettoprämien dieſen ideellen Nachteilen gegen⸗ über abſolut nicht mitſprechen kann und darf? — und ich glaube, jeder von uns iſt ſich klur geweſen, wie die Antwort lauten würde: daß für die nächſten Jahre gar nicht daran zu denten iſt, daß wir der⸗ artige Fonds anſammeln. (Sehr rich ig!) Das iſt wohl ganz klar. Es iſt ein ſchöner Gedanle geweſen, mit dem der Magiſtrat auf Anregung ſeines Ausſchuſſes geliebäugelt hat, der aber der Verwirklichung doch wohl noch recht fern iſt. (Stadtv. Meyer: Hört, hört!) Das war notwendig feſtzuſtellen, um das Ver⸗ ſtändnis der Magiſtratsvorlage zu klären. Im übrigen, kann ich ſagen, ſteht der Magiſtrat und ſtehe ich durchaus auf dem Standpunkt, den Herr Stadtv. Meyer hier vertreten hat, und ich glaube, das iſt allmählich jedem ſo gegangen, der ſich mit der Materie gründlicher beſchäftigt hat: (ſehr richtig!) er iſt immer mehr von ſeinen Illuſionen zurück⸗ gekommen. Auf den erſten Blick ſieht das wunder⸗ ſchön aus; man ſagt ſich: was die Geſellſchaften können, können wir auch, die verdienen koloſſal, das müſſen wir doch auch und noch beſſer verdienen können. Wir haben dieſen Meinungswechſel im Laufe der Verhandlungen ſchon im Magiſtrat ſich vollziehen ſehen, und auch in Ihrem Ausſchuſſe waren bei einem Teile der Mitglieder ähnliche Be⸗ obachtungen zu machen. Die Deputationen — ich will durchaus nicht die Sorgfalt der Arbeiten der Deputationen hier in irgendemer Weiſe bean⸗ ſtanden — haben ohne die Möglichkeit der gründ⸗ lichen Prüfung zu der Frage Stellung genommen und infolgedeſſen eine ſpontane Meinungsäußerung von ſich gegeben. Auch der Branddirektor hat ſich zunächſt durch dieſe Illuſionen etwas blenden laſſen, wobei noch hinzukommt, daß der Vertreter der Feuerwehr ja von vornherein ein gewiſſes Selbſtbewußtſein gehabt und geſagt vat: wir löſchen jedes Feuer. Allmählich, glaube ich ſagen zu können — und das ſt auch im Ausſchuß zutage getreten —, iſt auch der Herr Branddirektor von dieſer günſtigen Voreingenommenheit und Zu⸗ verſichtlichkeit zurückgekommen und hat zugeben müſſen, daß er derartige Garantien nicht über⸗ nehmen kann. (Hört, hört!) November 1909 Er hat ſelbſt als Beiſpiel im Ausſchuß angewendet: ja, wenn es zufälligerweiſe gleichzeitig an mehreren Stellen brennen ſollte, und wenn noch zufälliger⸗ weiſe gerade ein ſehr ſtarker Wind herrſcht oder eine andere Erſchwernis eintritt, was dann paſſieren könnte, das vermag ich allerdings nicht zu ſagen! Ja narürlich, aber deractig ungünſtige Eventuali⸗ läten muß man doch ganz beſonders im Auge be⸗ halton. Das wäre das, was aus den Erfahrungen zu jagen iſt, die wir ſelbſt hier geſammelt haben, und ich kann für meine eigne Perſon genau dasſelbe beſtätigen: je länger ich mich mit der Frage be⸗ ſchäftigt habe, um ſo mehr habe ich mich überzeugt, daß man hier nur die allergrößte Vorſicht anwenden darf. Ich ſelbſt bin derjenige geweſen, der früher als Dezernent die Frage der Selbſtverſicherung im Magiſtrate angeregt hat; ich ſelbſt habe mir vor 5 Jahren vom Magiſtrat den Auftrag erbeten, die Frage der Selbſtverſicherung zu prüfen, und ich habe, als ich das Material las und als ich vor allen Dingen ſah, mit welcher Zaghaftigkeit, welcher Vorſicht andere Städte, die mindeſtens ſo ſorgfältig arbeiten, die mindeſtens dieſelbe Leiſtungsfähigkeit präſtieren wie wir, an dieſe Materie herangehen, mir geſagt: es muß doch wohl nicht ganz ſo leicht ſein, zu dieſem Entſchluß zu kommen. (Sehr richtig!) Und als es nun ſchſießlich ans Rechnen kam, als wir ermittelten, daß wir eigentlich doch nur einen ſehr beſcheidenen Promilleſatz im Durchſchnitt für unſere Verſicherungen zahlen, daß der Durchſchnitts⸗ ſatz der effektiven Prämie von 4800 ℳ, der im Laufe von 15 Jahren ſich ergeben hatte, eigentlich im Augenblick noch geringer ſein würde, wenn man nämlich für dieſe 15 Jahre die niedrigere Prämie einſetzen würde, die wir augenblicklich zahlen, als wir endlich ſahen, daß die Geſellſchaften uns noch weiter entgegenzukommen bereit waren, da mußte man fragen: lohnt es ſich wirklich, um dieſe Sache ſoviel Aufhebens zu machen, können wir nicht unſer Geld beſſer und auch zinsreicher anlegen als bei der Anſammlung eines derartigen Fonds? (Sehr richtig!) Es wird ohne weiteres zuzugeben ſein, daß die Frage nur vom finanziellen Geſichtspunkt aus be⸗ handelt werden kann. Das Für und Wider des öffentlichen Intereſſes wird ſich im großen und ganzen die Wage halten; das öffentliche Intereſſe zwingt ebenſowenig, die Selbſtverſicherung ein⸗ zuführen, wie es zwingend dagegen geltend ge⸗ macht werden kann. (Sehr richtig!) Man kann das eine tun, ohne das man damit das andere in irgendwelcher Weiſe verletzt. Meine Herren, eines muß ich aus dem Vortrage des Herrn Referenten richtigſtellen: die Anzahl der Städte, die ſich wirklich in dem hier erörterten Sinne bisher zu der Selbſtverſicherung entſchloſſen haben, iſt geringer, als es nach den Worten des Herrn Referenten erſcheinen mußte. Der Herr Referent hat z. B. Dresden und Leipzig als ſolche Städte genannt. Sie haben aber die Selbſtverſicherung nur für ihre Mobilien. Das iſt ein ganz gewaltiger Unterſchied. Der Herr Referent hat allerdings wohl im Sinne einer Einſchränkung geſagt: ſoweit es nach den geſetzlichen Beſtimmungen ihnen möglich war; aber er hat Dresden und Leipzig auf der einen Seite und Halle auf der anderen Seite in demſelben