496 die Einführung einer Wertzuwachsſteuer ange⸗ ordnet. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, ohne irgendwie in die Debatte eingreifen zu wollen, möchte ich nur darauf aufmerkſam zu machen mir erlauben, daß wir bei der Beſprechung von Anfragen ja keine Beſchlüſſe faſſen können. Zur Frage ſelbſt wird bei den meiſten Kollegen die Anſicht darüber auch ſchon feſtſtehen; ich möchte daher bitten, ſo wenig wie möglich in die mate⸗ rielle Seite der Frage einzuſteigen. Stadtv. Dr. Borchardt: Meine Herren, die Bitte des Herrn Vorſtehers, ſo wenig wie möglich in die materielle Seite der Frage einzuſteigen, würde ich nur dann nicht erfüllen können, wenn wirklich neben dem dringenden Bedürfnis, die Sache zu beſprechen, auch die Möglichkeit vorläge. Die ſpäte Stunde würde mich nicht veranlaſſen, die Sache etwa nicht zu beſprechen; denn ich muß anerkennen, daß, nachdem die Sache nun bereits ſeit Jahr und Tag in einer gemiſchten Deputation ruht, die Bürgerſchaft ein ſehr dringendes Inter⸗ eſſe hat, doch endlich einmal zu erfahren, was denn aus der Sache geworden iſt, zumal tatſächlich andere Städte ja doch, wenn man ſich ſo aus⸗ drücken darf, im Handumdrehen eine Wertzu⸗ wachsſteuer eingeführt haben und ſchließlich etwas derartiges in Charlottenburg auch möglich ſein müßte. Aber, meine Herren, der Herr Oberbürger⸗ meiſter hat Ihnen ausgeführt, daß die Sache nicht ruht, daß ſie im Ausſchuß eingehend weiter beraten wird, und ich, der ich dieſer gemiſchten Deputation mitangehöre, kann weiter hinzufügen, daß dieſe Deputation beſchloſſen hat, zunächſt Geheimhaltung zu beobachten über das, was ſie augenblicklich be⸗ ſpricht. Bei dieſer Sachlage iſt es in der Tat nicht gut möglich, Näheres über dieſe Beratungen mitzuteilen. Man kann ja verſchiedener Meinung darüber ſein, ob ein ſolcher Beſchluß angeſichts der lange fortgeſetzten Beratungen am Platze war oder nicht; aber der Beſchluß exiſtiert, und die Mitglieder dieſer Deputation, ſoweit ſie Stadt⸗ verordnete ſind und ſoweit ſie Magiſtratsmit⸗ glieder ſind, können über den Stand dieſer Be⸗ ratungen in der Tat zurzeit nichts ſagen, und diejenigen Stadtverordneten, die nicht Mitglieder der Deputation ſind, wiſſen zurzeit über den Stand der Sache auch nichts zu ſaagen. Infolge⸗ deſſen erſcheint es mir in der Tat nicht richtig, ge⸗ rade heute über die materielle Seite der Sache uns eingehend zu unterhalten. Wohl aber begrüße ich mit Freude den Um⸗ ſtand, daß auch in den Kreiſen der liberalen Fraktion ſich eine Ungeduld bemerkbar macht, doch nun endlich einmal zu erfahren, was aus der Sache wird, und ich hoffe — na, „hoffe“? — ich will gern hoffen, (Heiterkeit) daß die übergroße Mehrheit der liberalen Frak⸗ tion auf Seite des Herrn Guttmann ſtehen wird, wenn dieſe Dinge bei uns endlich einmal ſpruchreif werden ſollten. Ich kann mich allerdings der Be⸗ fürchtung nicht entſchlagen, daß vielleicht Herr Guttmann nur für einen, wie Herr Kollege Meyer ſich dann ausdrücken wird, ſehr kleinen Teil ſeiner Fraktion ſprechen wird. (Heiterkeit.) Vorläufig will ich aber die Hoffnung nicht aufgeben. Sitzung vom 10. November 1909 Stadtv Meyer: Meine Herren, im Namen meiner Fraktion habe ich zu erklären, daß wir aus ähnlichen Gründen, wie Herr Kollege Borchardt ſie ſoeben angeführt hat, darauf ver⸗ zichten, hier in eine materielle Beſprechung der Frage der Wertzuwachsſteuer einzutreten. Der Zweck der Anfrage des Herrn Kollegen Guttmann war lediglich, eine Beſchleunigung der Erledigung der Angelegenheit zu erreichen, welche nach der übereinſtimmenden Anſicht meiner Freunde er⸗ wünſcht iſt. Auf die letzte Bemerkung des Herrn Kollegen Dr Borchardt möchte ich nur erwidern, daß ich über ſeine Zweifel verwundert bin, da ja bei der namentlichen Abſtimmung im Dezember v. I. zum Ausdruck gekommen iſt, wie ſich die einzelnen Mitglieder meiner Fraktion zu der Frage ſtellen, und ich empfehle Herrn Kollegen Dr Borchardt, die damalige Abſtimmungs⸗Liſte einem nochmaligen Studium zu unterziehen. (Stadtv. Zietſch: Die iſt aber nicht ausſchlaggebend! Borſteher Kaufmann: Das Wort iſt nicht weiter verlangt. Wir verlaſſen dieſen Gegenſtand. Das Protokoll der heutigen Sitzung voll⸗ ziehen die Herren Dr Flatau, Haack und Jolenberg. Zur Geſchäftsordnung hat das Wort Herr Kollege Dr Borchardt. Stadtv. Dr. Borchardt (zur Geſchäftsordnung): Meine Herren, in der letzten ordentlichen Sitzung, die, wenn ich nicht irre, vor 14 Tagen oder 3 Wochen ſtattfand, beſchäftigte uns ziemlich eingehend eine Materie, die damals nicht auf der Tagesordnung ſtand, die aber von einigen Herren für ſo dringlich erachtet wurde, daß ſie eine ſofortige Beſprechung in dringlichen Anträgen gern wünſchten. Der Dringlichkeit widerſprach ich damals. Ich bin aber um ſo mehr erſtaunt, nunmehr dieſe Anträge nicht auf der Tagesordunng der heutigen ordentlichen Sitzung zu finden, und wollte mir die Anfrage er⸗ lauben, ob etwa nunmehr die Dringlichkeit ſo gering geworden iſt, ob die Herren ſich nunmehr davon überzeugt haben, daß die Beratung dieſer Anträge uns nicht weiter bringen würde, ſo daß ſie etwa dieſe Anträge zurückgezogen haben. Vorſteher Kaufmann: Ich kann Herrn Kollegen Dr Borchardt und vieleicht auch den weiteren Redner, der ſich noch zur Geſchäftsordnung ge⸗ meldet hat, darüber aufklären, weshalb beide An⸗ träge nicht auf der Tagesordnung ſtehen. Herr Kollege Liſſauer, der ſich in der erwähnten Sitzung ſehr lebhaft an der Debatte über dieſe Frage be⸗ teiligt hat, hat an mich die Bitte gerichtet, weil er verhindert wäre, der heutigen Sitzung beizuwohnen, die Anträge erſt auf die Tagesordnung der nächſten Sitzung zu bringen. Bei dem regen Intereſſe, welches Herr Kollege Liſſauer der Frage gewidmet hat, glaubte ich, dem Wunſche dieſes Kollegen ent⸗ gegenkommen zu ſollen, um ſo mehr, als er ja ziemlich vereinzelt in der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung mit ſeiner Meinung ſtand. Ich glaubte, es der Gerechtigkeit ſchuldig zu ſein, den Gegenſtand nun erſt auf die Tagesordnung der nächſten Sitzung zu bringen. Die Anfrage des Herrn Kollegen Borchardt war vollkommen berechtigt; ich hoffe aber, daß er durch meine Auskunft zufriedengeſtellt ſein wird.