504 Sitzung vom 24. November 1909 ſeinen vollen Lohn zahlen; ich bezahle meine Ar⸗ nicht in ſeinem Sinne ausnutzen kann. Daran iſt beiter nicht ſtündlich, ſondern täglich und wöchentlich, und ich habe dem Jungen auch nie etwas abgezogen. — Darauf habe ich die Antwort bekommen, und zwar wohl mit Rückſicht darauf, daß ich geſagt hatte, er lernte in der Schule doch nichts: daß er nach Anſicht der Lehrer — nach § 2, glaube ich, — derartig gefördert ſei — oder, wie das ſonſt ausgedrückt war —, daß er von jetzt an aus der Fortbildungsſchulpflicht entlaſſen würde. Meine Herren, der Junge hat nichts gekonnt, als er in die Fortbildungsſchule hineinkam — er iſt, glaube ich, nicht über die vierte Klaſſe der Volksſchule hinausgekommen —, und er kann jetzt noch weniger, als er vorher gekonnt hat. (Heiterkeit.) Aber nach der Überzeugung der Herren Lehrer iſt er jetzt vollkommen reif. Meiner Überzeugung nach iſt er vollkommen unreif und gar nicht zu gebrauchen. Dann kommt noch ein Punkt, den ich er⸗ wähnen möchte: die Strafen, die in der Fort⸗ bildungsſchule feſtgeſetzt werden. Meine Herren, ſollen denn die Chefs beſtraft werden oder die Jungen? Wenn ſo ein Lauſejunge — kann ich ganz ruhig ſagen — — (Unruhe, Heiterkeit und Zurufe.) — Ja, meine Herren, leider gibt es ſo viele unter dieſen Bengels: acht Tage arbeiten ſie, dann laufen ſie fort, und dann kommen die Eltern und bitten und flehen: was ſollen wir mit dem Jungen an⸗ fangen — und muten dem Chef zu, er ſoll ihn ver⸗ hauen. Das habe ich hundertmal bei mir gehabt. Wenn ſo ein Junge Dummheiten in der Schule macht, für die er verprügelt werden müßte, meiner Überzeugung nach, dann heißt es einfach: er ſitzt zwei Stunden nach. Die Jungen freuen ſich, daß ſie auf dieſe Weiſe zwei Stunden faulenzen können; ſie ſitzen zwei Stunden während der Arbeitszeit nach, und der Lehrchef bezahlt ſie weiter. Man ſollte ſie abends oder Sonntags nach⸗ ſitzen laſſen, wo ſie ſich doch herumtreiben, wenn die Eltern nicht die Macht gegen ſie haben, und man ſollte nicht die Chefs damit beſtrafen. Das iſt meine Überzeugung, und ich glaube, daß es die UÜberzeugung aller derjenigen ſein wird, die es gut mit den Bürgern in Charlottenburg meinen und die wollen, daß die Handwerker und Fabri⸗ kanten zu ihrem Rechte kommen. Meine Herren, ich ſchließe meine Rede damit, daß ich ſage: ich bin ein großer Freund der Fort⸗ bildungsſchule, wenn die Fortbildungsſchule auf der Baſis betrieben wird, daß jeder dabei zu ſeinem Rechte kommt, der Junge, der Lehrer und der Handwerksmeiſter. Stadtſchulrat Dr. Neufert: Meine Herren, die letzten Worte des Herrn Vorredners haben mich ſehr erfreut; ſchade, daß ich aus den übrigen Worten ſeiner Rede nicht denſelben Eindruck ge⸗ winnen konnte. Es iſt von dem Herrn Vorredner getadelt worden, daß der Stundenplan von dem Leiter der Fortbildungsſchule in einer Weiſe feſt⸗ geſetzt würde, die die Gewerbetreibenden ſchädige. Natürlich, wenn die Kinder zwiſchen 7 Uhr morgens und 7 Uhr abends, wie das unſer Ortsſtatut vor⸗ ſchreibt, eine Anzahl von Stunden nach der Fort⸗ bildungsſchule gehen müſſen, ſo muß der betreffende Lehrherr ſie während dieſer Zeit entbehren, und das wird er empfinden, da der ſie währenddeſſen aber der Direktor der Fortbildungsſchule keineswegs ſchuld, ſondern die ſtädtiſchen Körperſchaften, die derartig beſchloſſen haben; und ich meine, ſie haben mit guten Gründen ſo beſchloſſen: ſie wün⸗ ſchen, daß die jungen Leute in einer Zeit zur Fort⸗ bildungsſchule gehen, in der ſie vollſtändig friſch und aufnahmefähig ſind, (Sehr richtig! in der ſie wirklich gefördert werden können. (ſehr richtig!) Daran können wir nichts ändern. Es iſt ferner bemängelt worden, daß vor Feſt⸗ ſetzung des Stundenplans zu wenige gehört worden ſind. Meine Herren, ich bedaure lebhaft, daß ich den Herrn Stadtv. Zander nicht mit dazu einge⸗ laden habe. Ich hoffe, es wird ihm das nächſte Mal Gelegenheit gegeben werden, mit uns zu raten und zu taten. Gehört ſind tatſächlich eine große Anzahl; der Herr Referent hat es ja verleſen, wie viele eingeladen worden ſind. Ich möchte dem noch hinzufügen, daß auch von ſeiten des Direktors wiederholt eine große Anzahl von Gewerbe⸗ treibenden, Kaufleuten ſowie Handwerkern, ge⸗ hört worden ſind. Speziell als es ſich darum handelte, ob man das auf pädagogiſcher Seite etwas bedenk⸗ lich erſcheinende Experiment durchführen ſollte, 6 Stunden an einem Tage hintereinander zu unter⸗ richten, ſind viele Kaufleute, zwei bis drei Dutzend, gehört worden, und es ſind mindeſtens ebenſo viele von den Handwerksmeiſtern gehört worden. Die erſteren haben in überwiegender Mehrzahl, die zweiten nahezu einſtimmig, teilweiſe auf Innungsbeſchluß, zugeſtimmt. Hierbei hatten alſo ſehr viele Gelegenheit, ihre Meinung bez. des Stundenplans zum Ausdruck zu bringen. Als wir diesmal die Herren zuſammenberufen hatten und ihnen den Stundenplan vorlegten, da iſt nur von einer einzigen Seite ein Einwand erhoben worden, und den haben wir berückſichtigt. Daraus, daß ſo wenige Einwendungen von den Einberufenen gemacht worden ſind, möchte ich doch zu ſchließen bitten, daß der von ſeiten des Direktors vorgeſchlagene, von ſeiten der Deputation und des Magiſtrats genehmigte Stundenplan nicht ſo viele Mängel gehabt haben kann. Wenn im Laufe des Semeſters einmal ein Lehrer plötzlich erkrankt, dann iſt es meiſt gar nicht anders möglich, als daß man den Unterricht zu der urſprünglich angeſetzten Zeit zunächſt ausfallen läßt und zu einer anderen Zeit gibt, in der ein Lehrer gerade frei iſt. Das bedauern wir ſelbſt aufs lebhafteſte, wenn ein ſolcher Fall vorkommt. Ein ſolcher iſt jedenfalls auch die Urſache der unan⸗ genehmen Erfahrung geweſen, über welche der Herr Stadv. Zander ſich beklagt hat. Leider werden wir das nicht ganz beſeitigen können. Dann werden wir auch nicht in der Lage ſein, für ſolche Gewerbetreibenden, die nur eine außer⸗ ordentlich geringe Zahl von Lehrlingen nach der Fortbildungsſchule ſenden, beſondere Klaſſen zu errichten. Ich weiß es natürlich nicht, aber der Herr Stadv. Zander wird es vielleicht wiſſen, wieviele Färberlehrlinge in Charlottenburg ſind; ſicher ſind es nicht über zehn. Meine Herren, wenn 10 ſich auf 7 Semeſter verleilen, dann werden beſtenfalls zwei in einem Semeſterkurſus ver⸗ einigt ſein. Selbſt wenn wir alle dieſe verſchiedenen Semeſter in 1 Kurſus zuſammennehmen wollten, auch dann würde die Zahl noch nicht ausreichen,