Sitzung vom 24. gierungsbezirk beſtimmt: Polizeiverordnungen im Bereiche dieſes Regierungsbezirkes müſſen nicht bloß die Aufſchrift tragen: „Polizeiverordnung“, ſie müſſen ſich auch in dem einleitendem Texte der Verordnung ausdrücklich als „Polizeiverord⸗ nung“ bezeichnen. Es iſt ſebſtverſtändlich dem juriſtiſchen Scharfſinn der Herren vom Kammer⸗ gericht nicht entgangen, daß die hier in Betracht kommende Verordnung zwar in dicken Lettern die Überſchrift trägt „Polizeiverordnung“, daß ſie aber in den einleitenden Worten nur ſagt: „es wird nach Anhörung der und der Inſtanzen be⸗ ſtimmt“ und dabei die Worte ausgelaſſen ſind: „im Wege der Polizeiverordnung“. Sowie der Gerichtshof dieſe Lücke bemerkte, konnte er gar nicht anders als ſo entſcheiden, wie er entſchieden hat, nämlich die ganze Verordnung für ungültig zu erklären. Ich zweifle anderſeits nicht daran, daß es dem Herrn Polizeipräſidenten keine allzu große Mühe koſten wird, einen nochmaligen Ab⸗ druck der Polizeiverordnung unter Einſchaltung dieſer Worte vorzunehmen, ſo daß die Hoffnungen und Befürchtungen, die die Entſcheidung in den Kreiſen der Intereſſenten hervorgerufen hat, mit einem Male beſeitigt werden. (Heiterkeit.) Ich möchte bei dieſer Gelegenheit bemerken, daß es vielleicht geboten iſt und ſich empfehlen wird, im Anſchluß an die Ausſchußberatung, die ja wohl bevorſteht, gleich zu prüfen, ob wir nicht dem ganzen Ortsſtatut und eventuell auch der ſich anſchließenden Polizeiverordnung für etwaige künf⸗ tige materielle Angriffe eine erhöhte Widerſtands⸗ fähigkeit verleihen könnten. Mit Rückſicht auf dieſen Umſtand geſtatte ich mir in Vorſchlag zu bringen, daß ein Ausſchuß von 15 Mitgliedern über unſern Antrag berät. Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Nunmehr bitte ich den andern Herrn Antragſteller, Herrn Kollegen Liſſauer, das Wort zu nehmen. Antragſteller Stadtv. Liſſauer: Meine Herren, die Frage, ob die Polizeiverordnung formell etwas zu wünſchen übrig läßt und angefochten werden kann, iſt ja durch das Kammergericht entſchieden. Für den Antrag, der heute vorliegt, würde es eigentlich vollſtändig ausreichen, daß die Polizeiverordnung mit dem Zuſatz der vier Worte, wie der Herr Vorredner es ſkizziert hat, neu ver⸗ öffentlicht wird. Denn die Polizeiverordnung läßt ſchon an und für ſich abſolut gar keinen Zweifel, daß ſie obligatoriſch für alle Hausbeſitzer iſt. Der § 1 der Polizeiverordnung lautet: Die Wegſchaffung des Hausmülls, d. h. des in den bewohnten Grundſtücken ſich an⸗ ſammelnden Unrats, wie Aſche, Haus⸗ und Hofkehricht, Haus⸗ und Küchenabfälleund dergleichen, geſchieht nach vorheriger An⸗ meldung beim Magiſtrat ausſchließlich von der Stadtgemeinde oder von deren Be⸗ auftragten; die Grundſtückseigentümer ſind verpflichtet, ſich dieſer Gemeinde⸗ veranſtaltung zu bedienen. Dem Perſonal, welches die Wegſchaffung beſorgt und be⸗ aufſichtigt, iſt in der Zeit von morgens 6 Uhr bis abends 6 Uhr der Zugang zu den Sammelgefäßen offen zu halten. Dann ſpricht ein ſpäterer Paragraph von den Ausnahmen, die zuläſſig ſind, und das iſt für den November 1909 511 Abfall, der aus gewerblichen Veranſtaltungen entſteht. Andere Ausnahmen ſind nicht zuläſſig. Daß ſämtliche Grundbeſitzer verpflichtet ſind, ſich dieſer Gemeindeveranſtaltung zu bedienen, das ſteht ſo klar und deutlich in der Polizeiverordnung, daß ſich daran weder drehen noch deuteln läßt, und wenn Sie einen Ausſchuß zuſammenberufen, ſo könnte der wohl kaum eine packendere, markan⸗ tere, zweifelloſere Form bringen, als ſolche in der Verordnung vorliegt. Alſo ich glaube, daß die heutige Faſſung der Polizeiverordnung voll⸗ ſtändig genügt, um das feſtzuſtellen, was ich von Anfang an behauptet habe, daß nämlich die Müll⸗ abfuhr obligatoriſch für ſämtliche Hausbeſitzer iſt, ſoweit es ſich nicht lediglich um gewerbliche Abfälle handelt. Stadtſyndikus Dr. Maier: Meine Herren, nachdem der Herr erſte Antragſteller ſeinerſeits den Antrag geſtellt hat, die Angelegenheit in einem Ausſchuß zu beraten, möchte ich mir verſagen, materiell auf die Angelegenheit einzugehen. Der erſte Herr Antragſteller hat meines Erachtens mit Recht darauf hingewieſen, daß die Sachlage ju⸗ riſtiſch ſo ſchwerig liegt, daß es zweckmäßig iſt, die Sache in einem Ausſchuſſe durchzuberaten. Er beſtätigt damit, daß ſo einfach, wie ſich der zweite Herr Antragſteller die Sachlage denkt, ſie keineswegs iſt. Wie ich aber im Eingange ſagte, möchte ich hier nicht des näheren darauf eingehen. Ich will lediglich noch auf den zweiten Gegenſtand zurückkommen, den der erſte Herr Antragſteller erörtert hat, und das war der, in⸗ wieweit überhaupt nach Lage der Verhältniſſe eine Beratung im Ausſchuß zweckmäßig iſt. Ich ſtimme ihm in vollem Umfange zu, daß es zweckmäßig iſt, in eine Beratung im Ausſchuß einzutreten; die Ungültigkeitserklärung des Kam⸗ mergerichts kann nicht dazu führen, uns von der Ausſchußberatung abzuhalten. Der Herr Polizei⸗ präſident wird Anlaß nehmen, die bisherige Po⸗ lizeiverordnung ſofort neu zu publizieren, und zwar genau in derſelben Form, in der die Polizeiver⸗ ordnung früher publiziert worden iſt. Denn, meine Herren, inzwiſchen ſind die Publikations⸗ vorſchriften durch den nunmehr zuſtändigen Herrn Polizeipräſidenten in Berlin dahin geändert, daß eine Polizeiverordnung in Charlottenburg gültig in der Form publiziert werden kann, die vom Kammergericht für ungültig erklärt worden iſt. (Heiterkeit.) Ich glaube, Ihre Heiterkeit beweiſt, wie man die Situation auffaſſen muß. Es iſt in der Tat etwas komiſch, daß nunmehr dieſelbe Polizeiverordnung, in der alten Form neu publiziert, unzweifelhaft bei der neuen Rechtslage rechtsgültig iſt. Denn nach § 144 des Landespolizeiverwaltungs⸗ geſetzes und den Organiſationsgeſetzen für den Landespolizeibezirk Berlin beſtimmt die Landes⸗ polizeibehörde, wie eine Ortspolizeiverordnung zu publizieren iſt. Alſo Sie ſehen, daß der Herr Polizeipräſident von Charlottenburg der Zeit bereits vorausgeeilt war, als er die alte Polizeiverordnung in der neuen Form publiziert hatte. (Heiterkeit.) Stadtv. Gebert: Meine Herren, meine Freunde ſtimmen zu, daß dieſe beiden Anträge in Ver⸗ bindung mit dem Urteil des Kammergerichts in einem Ausſchuß beraten werden. Wir ſtehen