512 Sitzung vom 24. November 1909 auch auf dem Standpuntt, daß, wenn die jetzige richteten Preſſebureau, das dazu berufen ſei, Polizeiverordnung in der alten Form, die vom Kammergericht nicht als gültig anerkannt iſt, wieder neu publiziert wird, dennoch in ihr Paſſuſſe enthalten ſind, die nicht als richtig betrachtet werden können. Ich will nur darauf hinweiſen, daß vor gar nicht langer Zeit in einer Zeitung darauf auf⸗ merkſam gemacht worden iſt, daß beiſpiclsweiſe die Bewohner der Häuſer ſtrafbar gemacht werden können, wenn ſie die Abfälle, auch alte Kleidungs⸗ ſtücke uſw., die ſie nicht verwerten wollen oder können, nicht, wozu ſie verpflichtet ſind — ander⸗ weitig dürfen ſie ſie nicht ablagern —, in die dazu beſtimmten Käſten hineintun. Ob dieſe Auslegung richtig iſt, glauben wir bezweifeln zu müſſen. Wir glauben aber auch ferner, daß wir in der Ausſchußſitzung uns überhaupt mit der geſamten Abfuhr nochmals eingehend zu beſchäftigen haben werden. Wir ſind der Überzeugung, daß dies geſchehen wird, und wir bitten Sie ebenfalls, den Ausſchußantrag des Herrn Kollegen Flatau an⸗ zunehmen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt die Einſetzung eines Ausſchuſſes von 15 Mitgliedern und wählt zu Ausſchußmit⸗ gliedern die Stadtv. Bergmann, Braune, Dr Crüger, Dr Flatau, Dr Frentzel, Gebert, Haack, Harniſch, Jacobi, Jolenberg, Klick, Liſſauer, Rackwitz, Scharn⸗ berg und Stein.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Es iſt ein Antrag eingegangen, unterzeichnet von den Stadtv. Meyer, Stadthagen und einer ganzen Reihe anderer Herren: Stadtverordnetenverſammlung möge be⸗ ſchließen, Magiſtrat zu erſuchen, die Er⸗ richtung eines ſtädtiſchen Krematoriums in die Wege zu leiten. Der Antrag wird auf die Tagesordnung der nächſten Sitzung geſetzt werden. Wir kommen nun zu Punkt 9 der Tagesordnung: Antrag der Stadtv. Bartſch und Gen. betr. Hausvateramt der Waiſenanſtalt Luiſen⸗Anden⸗ ken. — Druckſache 340. Antragſteller Stadtv. Zietſch: Meine Herren, als unſer Antrag in der Offentlichkeit bekannt wurde, nahmen die Blätter zu dieſer Angelegenheit das erſte Mal Stellung, und zwar nur bürgerliche Blätter. So ging geſtern eine Notiz durch die Blätter, in der unter anderm auch darauf hin⸗ gewieſen worden iſt, daß es ſich jedenfalls im Falle Richter nicht ſo verhält, wie es die Vermutungen nach Kenntnisnahme des Antrages der ſozial⸗ demokratiſchen Stadtverordnetenfraktion zulaſſen könnten. Ich weiß nicht, von wem dieſe Ver⸗ öffentlichungen in den Blättern ausgegangen ſind; ich weiß nur, daß in dem einen Falle, wo es ſich um die „Berliner Morgenpoſt“ handelt, eine direkte Bezugnahme auf eine Orientierung durch den Herrn Bürgermeiſter ſtattgefunden hat. Die länger gehaltenen Notizen in den andern Blättern ſcheinen aber auch durch ihre übereinſtimmende Form auf eine gemeinſame Quelle hinzuweiſen. Ich weiß nicht — ich nehme das nicht für beſtimmt an, es iſt nur eine Vermutung von mir —, ob dieſe gemeinſame Veröffentlichung erfolgt iſt von dem, wie mir geſagt worden iſt, vor einiger Zeit hier im Magiſtrat oder vom Magiſtrat einge⸗ „(IV. Mädchenklaſſe)“. Annahme als völlig unberechtigt bezeichnen zu gelegentlich Sachen, die allgemeines Intereſſe haben, in die Preſſe hineinzubringen. Wenn das auch mit dieſen Notizen der Fall ſein ſollte, ſo würde ich es ſehr bedauern müſſen, daß dieſe vom Magiſtrat geſpeiſte Nachrichtenſtelle einen Paſſus in dieſe Veröffentlichungen hat hineinbringen können, der ſich in einer ganz unbegründeten Weiſe gegen einen Teil der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung, gegen die ſozialdemokratiſche Fraktion, richtet. Es heißt da nämlich: „Durch den Zuſatz, daß der Lehrer Richter in der IV. Mädchenklaſſe der Ge⸗ meindeſchule in der Sophie⸗Charlotten⸗Straße an⸗ geſtellt ſei, hätten die ſozialdemokratiſchen Antrag⸗ ſteller es be wirkt, daß in Charlottenburg Gerüchte verbreitet wurden, nach denen Richter ſich ſittliche Verfehlungen in der Waiſenanſtalt habe zuſchulden kommen laſſen.“ Ich weiß nicht, wie weit die Auslegungskunſt derjenigen Leute reicht, die dieſe Zeilen veranlaßt haben, daß ſie annehmen konnten, daß aus unſerm Antrage ſittliche Vergehen des Lehrers Richter geſchluß⸗ folgert werden müßten. Wenn in dem Antrage angeführt worden iſt, daß der betreffende Waiſen⸗ hausvater Richter zu gleicher Zeit Gemeinde⸗ ſchullehrer in der Sophie⸗Charlotten⸗Straße (IV. Mädchenſchulklaſſe) iſt, ſo gibt das jedenfalls für Leute, die nicht durch irgendwelche übertriebenen Befürchtungen angekränkelt ſind oder zu ſein brauchen, durchaus keinen Anlaß, irgendwelche ſittlichen Verfehlungen des Betreffenden anzu⸗ nehmen, ſondern dieſe Bezeichnung „IV. Mädchen⸗ klaſſe“ iſt nur zur größeren Präziſierung der Identität des Betreffenden gewählt worden, ſie ſchließt abſolut keinen derartigen Verdachtsgrund und keine Verdachtsmöglichkeit in ſich. Ich kann Ihnen auch ſagen, wie ſich bei der Formulierung dieſes Antrages innerhalb unſeres Freundeskreiſes die Sache abgeſpielt hat. Es handelte ſich um den Gemeindeſchullehrer in der Sophie⸗Charlotten⸗ Straße, wir wußten augenblicklich nicht den Vor⸗ namen des Betreffenden, und „Richter“ könnte es mehrere geben; um jeden Zweifel aber aus⸗ zuſchließen, haben wir hinter den Namen geſetzt: Ich glaube, damit jene können. Ich wundere mich aber, daß in einer ganzen Reihe von Zeitungen daraus derſelbe gleichlautende Vorwurf geworden iſt. Es heißt in dieſen Blättern weiter, daß ſchwere Mißhandlungen nicht erwieſen ſeien; es wird auf diejenigen Ermittlungen Bezug genommen, die von den amtlichen Stellen vorgenommen worden ſind, und es wird dann in bezug darauf ge⸗ ſchrieben: Was die Mißhandlungen betrifft, ſo ſoll ſich herausgeſtellt haben, daß von ſchweren Mißhandlungen keine Rede ſein könne. Aller⸗ dings iſt ein 12 jähriger Knabe, der Paſſanten durch das Werfen von Schneebällen behelligt hatte, von Richtergezüchtigt worden, jedoch nicht in einer ſolchen Weiſe, daß das Züchtigungs⸗ recht überſchritten wurde. Eine weitere Beſchuldigung, Richter habe mit einer Garten⸗ ſchere Kinder an den Ohren verletzt, iſt auf einen „Scherz“ des Hausvaters zurückzu⸗ führen, der den Knaben gedroht haben will, ihnen mit der Schere die Ohren abzu⸗ ſchneiden. — — (Zurufe: Schrecklich!)