528 Entrüſtung gegen das Vorgehen dieſes linken Flügels teilen, welcher Herr Kollege Frentzel ſo treffenden Ausdruck gegeben hat. Daß Sie mit der Agitation unendlichen Schaden anrichten, das iſt ſchon aus den Worten des Herrn Bürgermeiſters Matting hervorgegangen, der Ihnen ſchon einige Reſultate der Agitation mitgeteilt hat. Ich habe aus der ganzen Verhandlung den Eindruck ge⸗ wonnen, daß die Agitation auf einem großartigen Klatſch aufgebaut iſt. (Bravo! — Lachen bei den Sozialdemokraten.) Stadtv. Dr. Frentzel: Herr Kollege Hirſch hat geglaubt, ſeinen Angriff gegen mich beſonders wirkungsvoll damit einleiten zu können, daß er mich hier als freiwilligen Magiſtratsvertreter hin⸗ geſtellt hat. Ganz abgeſehen von dem Umſtande, daß ich abſolut nichts darin ſehe, vernünftige Vor⸗ lagen des Magiſtrats mit all der Kraft und dem Verſtändnis, das man für dieſelben beſitzt, hier zu vertreten, irrt er ſich. Ich bin abſolut nicht als Magiſtratsvertreter aufgetreten, ſondern als Ver⸗ treter desjenigen, was ich für recht halte, und ich bin auch nicht als freiwilliger Vertreter aufgetreten, ſondern zwangsweiſe, denn mich hat meine Auf⸗ faſſung und mein Gewiſſen dazu gezwungen, hier dieſen von Ihnen, ich kann nicht anders ſagen als in den Schmutz gezogenen Herrn zu verteidigen und für ihn einzutreten. (Stadtv. Hirſch: Schon, bevor Sie etwas gehört haben!) — Schon bevor ich etwas gehört habe nicht — — (Wiederholte Zurufe bei den Sozialdemokraten. — Große Unruhe.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Meine Herren, ich bitte, den Redner nicht zu unterbrechen. Stadtv. Dr. Frentzel (fortfahrend): — ſondern nachdem ich Herrn Zietſch gehört habe und nachdem ich bereits die Akten kannte. (Aha! bei den Sozialdemokraten.) Und wenn ich dabei etwas nervös geworden bin, ſo iſt das höchſtens darauf zurückzuführen, daß ich allerdings ganz andere Dinge von Ihnen erwartet hatte, die Sie hier vorbringen würden, als es der Fall geweſen iſt. Ich bin erſtaunt geweſen über das Wenige, was hier vorgebracht worden iſt. (Zuruf des Stadtv. Hirſch.) Ich wußte nicht, ob nicht noch ganz etwas anderes vorgebracht werden würde. — Ich mußte das an⸗ nehmen. (Stadtv. Hirſch: Sie kannten ja die Akten!) Weiter hat Herr Kollege Hirſch geſagt, ich hätte hier Lügen des Reichsverbandes verbreitet. Be⸗ dauere ſehr! Das, was ich geſagt habe, habe ich in ſozialdemokratiſchen Zeitungen geleſen anläßlich des Falles Bernſtein. Ich muß meine Ausführungen von vorhin inſofern berichtigen, als es mit dieſer vielgerühmten Diſziplin denn doch noch nicht ſo weit her iſt. Ich weiß übrigens gar nicht, was das für ein Verband iſt, von dem Sie ſprachen. (Stadtv. Hirſch: Den kennen Sie nicht?) Nein! Endlich haben Sie hier erzählt, ich hätte nicht zur Sache geſprochen. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) Ganz falſch, Herr Kollege Hirſch! Ich habe von der Sache geſprochen, die hier ge⸗ druckt ſteht, davon geſprochen, daß Sie hier, Sitzung vom 24. November 1909 ohne zu unterſuchen, ohne zu hören, nicht etwa den Antrag geſtellt haben, eine Unterſuchung ein⸗ zuleiten — das wäre Ihr gutes Recht geweſen, das hätte Ihnen keiner beſtritten; aber Sie haben bereits auf die Entlaſſung gedrungen, und das vor der Offentlichkeit! Sie haben alſo — ich kann das nur noch einmal wiederholen — das Urteil ge⸗ ſprochen, ohne den Angeklagten zu hören. Sie ſagen, ich hätte mich über die Form des Antrages beſchwert. Ja, das habe ich auch getan, und mit vollem Recht. In dieſer Form des An⸗ trages liegt die Sache, zu der ich ge⸗ ſprochen habe. Sie wiſſen ganz genau, wie man derartige Anträge formuliert, das brauche ich Ihnen nicht erſt zu ſagen. Der Scherz, daß Sie dann erſt zu uns kommen müßten, war etwas deplaziert. Sie wiſſen ſelbſt, wie man in ſolchen Fällen vor⸗ geht: man ſtellt Interpellationen, richtet Anfragen an den Mag ſtrat. Dazu haben Sie ein gutes Recht, das können Sie tun und verantworten, ſelbſt wenn Sie von Ihren Informanten getäuſcht ſein ſollten. Aber das Unrecht, das Sie an dem Manne getan haben, können Sie auch damit nicht gutmachen, wenn Sie, wie Herr Kollege Gebert oder Sie (zum Stadtv. Hirſch) auch in Ausſicht ſtellten, ſich nachher entſchuldigen und ſagen: allerdings, das iſt nicht richtig geweſen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Herren, es iſt von Herrn Stadtv. Frentzel Ausſchuß⸗ beratung beantragt worden. Ich verſtehe durchaus die Motive, die ihn dazu gebracht haben. Der Hauptſache nach wünſcht er eine vollſtändig genaue Klärung an der Hand einer ganz eingehenden Durch⸗ ſicht des Aktenmaterials — und das iſt verſtändlich —, und zwar in dem Sinne, um die Dinge, von deren Richtigkeit er jetzt ſchon überzeugt iſt, noch genauer feſtzuſtellen. Aber es könnte nach außen hin ſo ausſehen, als ob der Ausſchuß nur die Bedeutung hat, daß die Dinge noch nicht geklärt ſeien, als ob doch irgendetwas dem Lehrer Richter oder ſeiner Frau vorzuwerfen ſei, als ob irgendetwas an ihnen hängen bleibe. Ich fühle mich deshalb verpflichtet, hier für den Lehrer Richter und ſeine Frau ein⸗ zutreten, nachdem ich eingehend Kenntnis von dem geſamten Aktenmaterial genommen habe, und da für mich eine vollſtändige Klärung der Angelegen⸗ heit heute ſchon vorliegt. Meine Herren, der Lehrer Richter, ein Mann von makelloſer Ehre, der ſein ganzes Leben hindurch ſich als ein Ehrenmann und tüchtiger, braver, warmherziger Menſch gezeigt hat, der mit un⸗ endlicher Liebe und Sorgfalt jahrelang ſeines Amtes als Hausverwalter gewaltet hat, und an deſſen Seite ſeine Frau ganz in ſeinem Sinne in hervorragendem Maße als Hausmutter ihre Pflicht getan hat — dieſer Mann iſt in der Offentlichkeit mit Schmutz beworfen, ſeine Ehre iſt angetaſtet worden. Gegenüber dieſem Umſtande iſt es dringend notwendig, daß heute ſchon von dieſer Stelle aus mit aller Klarheit der Offentlichkeit bekannt gegeben wird: an dieſen Anwürfen, die gegen dieſen Mann verübt ſind, iſt nicht ein wahres Wort! (Bravo! — Stadtv. Hirſch: Verſchiedenes beſtätigt!) — Herr Hirſch, wenn Roheiten begangen worden wären, wenn ſolche oder ähnliche Überſchreitungen des Züchtigungsrechtes vorgekommen wären, wie ſie hier von Herrn Zietſch behauptet worden ſind auf Grund der Ausſage ſeiner Gewährsmänner, dann können Sie ſich darauf verlaſſen — ich glaube,