546 Sitzung vom 8. Dezember 1909 Der Magiſtrat wird erſucht, eingehend zu aber der Ausſchuß auch nicht umhin gekonnt erwägen, ob die zurzeit der Müllabfuhr nicht unterliegenden Hausbeſitzer zu Recht von der Müllabfuhr befreit ſind. Das ſchien dem Ausſchuſſe in erſter Reihe das wichtigſte. Hierüber ſoll Klarheit geſchaffen werden. Und nur dann, wenn der Magiſtrat etwa zur Ver⸗ neinung kommt, wenn vielleicht der Magiſtrat zu dem Ergebnis kommt, daß er ſeinerſeits nicht in der Lage iſt, auf die Polizei dahin einzuwirken, daß die Polizei ſich ſeiner oder der Auffaſſung des Ausſchuſſes anſchließt, dann möge der Magiſtrat der Stadtverordnetenverſammlung eine Vor⸗ lage unterbreiten, nach der das Ortsſtatut für Müllabfuhr eine Ergänzung erfährt, durch die die Gebührenordnung für alle Haus⸗ beſitzer eingeführt wird. Meine Herren, ich bitte zu beachten: der Antrag geht dahin, daß das Ortsſtatut eine Ergänzung erfährt, durch die die Gebührenpflicht für alle Hausbeſitzer eingeführt wird. Vielleicht wird der eine oder andere von Ihnen meinen: damit wird nicht alles das erreicht, was wir in dem ur⸗ ſprünglichen Antrage Crüger ins Auge gefaßt haben; denn mit jenem Antrage gedachte man den einzelnen Hausbeſitzer zu zwingen, ſich bei der Müllabfuhr der ſtädtiſchen Einrichtung zu bedienen, während wir nur vielleicht davon ausgehen, daß Ausnahmen möglich ſind. Wir fordern aber jedenfalls, daß die Gebühren auch von demjenigen erhoben werden, der ſich der Müllabfuhr nicht bedient. Ein Wort noch, weswegen wir zu dieſer Be⸗ ſchränkung gekommen ſind. Der Ausſchuß hat ſich ſehr gründlich mit der Frage beſchäftigt: kann es überhaupt jedem Hausbeſitzer zur Pflicht gemacht werden, ſich der Müllabfuhr ſo zu bedienen, wie es nach dem urſprünglichen Antrage wohl die Ab⸗ ſicht der Antragſteller geweſen iſt? Das iſt eine Rechtsfrage, die eine Menge Schwierigkeiten bietet. Wir glaubten im Ausſchuß, daß es doch ſchließlich darauf ankommt, dem Stadtſäckel keine Einnahmen vorzuenthalten, und das erreichen wir, wenn wir ihm keine Gebühren entgehen laſſen, wenn wir alſo keinen Hausbeſitzer von der Gebührenpflicht aus⸗ nehmen, dieweil er vielleicht die Müllverwertung ſch anders erledigt, als es nach Maßgabe des Statuts vorgeſehen iſt. Nun bitte ich Sie, ſich nicht daran zu ſtoßen, daß dann der Zweck der Dreiteilung illuſoriſch gemacht werden kann; denn es bleibt immerhin, wie ich vorhin ſchon ausgeführt habe, die Möglichkeit des Eingreifens der Polizei bei ſanitäts⸗ widriger Verwertung. Die Polizei kann, wenn iemand, der das Müll nicht der Müllabfuhrgeſell⸗ ſchaft zur Verfügung ſtellt, es in nicht ordnungs⸗ mäßiger Weiſe auf ſeinem Grundſtücke verwertet, durch Strafen eingreifen. Ich glaube, es wird genügen, wenn in dieſer Weiſe die Stadtverord⸗ netenverſammlung zu dieſer, ich muß ſagen, recht leidigen Frage Stellung nimmt. Dann noch ein paar Bemerkungen zu dem ganzen Charakter der Angelegenheit. Ich halte es für meine Pflicht, auch hier darauf aufmerkſam zu machen, daß in dem Ausſchuſſe in lebhafteſter Weiſe dem Bedauern darüber Ausdruck gegeben worden iſt, daß einmal die Polizei das Ortsſtatut jedenfalls nicht in der Weiſe ausgeführt hat, in der es bei der Feſtſetzung von der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung gedacht war. Sodann hat — wenigſtens verſchiedene Mitglieder des Aus⸗ ſchuſſes haben das in ſehr beſtimmter Weiſe ge⸗ tan —, dem Bedauern Ausdruck zu geben, daß nicht von ſeiten des Magiſtrats ſchon früher der Stadtverordnetenverſammlung Kenntnis gegeben worden iſt, wie die Dinge in Wirklichkeit liegen, daß wir in dem Gebühreneinnahmeſoll immerhin einen mehr oder weniger erheblichen Betrag einbüßen. So waren wir auf Anregungen von außen ange⸗ wieſen; es wäre jedenfalls beſſer geweſen, der ganzen Angelegenheit und ihrer Erörterung förder⸗ licher, wenn wir aus unſerer eigenen Mitte heraus über die Sachlage die nötige Aufklärung bekommen hätten. (Bravo!) Nun, meine Herren, die finanzielle Wirkung! Auch hierzu noch einige Bemerkungen. Ich halte ſie für um ſo notwendiger, als ich aus Mitteilungen, die mir aus dem Kreiſe der Kollegen zugegangen ſind, annehmen muß, daß man ſich in der Offent⸗ lichkeit doch ſehr übertriebene Vorſtellungen von der finanziellen Wirkung macht. Es ſind Summen genannt worden, die geradezu abenteuerlich ſind. Man hat auch die Anſicht ausgeſprochen: wir wiſſen ja gar nicht, wie viele eximierte Hausbe⸗ ſitzer denn vorhanden ſind, ſind es vielleicht 30, 40, 50, oder wie von anderer Seite geſagt wurde, ſind es nicht vielleicht 150? Daß derartige Meinungen und Mitteilungen herumgetragen werden konnten, hat ſeinen Grund darin, daß die Sachlage etwas kompliziert iſt. Man hat auch behauptet, daß der Nutzungswert, auf Grund deſſen die Gebühr als Einnahme im Etat berechnet iſt, im vorigen Etat nicht richtig angegeben wäre; denn im Etat wäre nur die Rede von 61 Millionen Nutzungswert, während der Nutzungswert in Wirklichkeit mehr denn 64% Millionen betrüge — alſo eine Differenz von 3½ Millionen. Meine Herren, demgegenüber iſt zunächſt feſtzuſtellen, daß der Nutzungswert, der im Etat angegeben war, auf Schätzungen be⸗ ruht, ſo daß es nicht zu überraſchen braucht, wenn ſich nachher herausgeſtellt hat, daß man zu niedrig geſchätzt hat. Es iſt an und für ſich kein Fehler, wenn man die Einnahmen für den Etat niedriger ſchätzt; das iſt beſſer, als wenn man ſie zu hoch ätzt. Daraus können wir, glaube ich, dem Ma⸗ giſtrat keinen Vorwurf machen. Sie werden aber ſagen: daß immerhin doch noch eine ſehr erhebliche Differenz bleibt. Von dieſer Differenz müſſen Sie zunächſt einmal 1 Millionen abziehen; dieſe 1% Millionen entfallen nämlich auf öffentliche Gebäude. Die öffentlichen Gebäude ſind wohl an die Müllabfuhr angeſchloſſen, aber ſelbſtver⸗ ſtändlich nicht nach ihrem geſamten Nutzungswert, ſondern nach dem Nutzungswert der Dienſtwoh⸗ nungen, Kaſtellanswohnungen und anderen ſonſtigen Räumlichkeiten, aus denen Müll fortgeſchafft wer⸗ den muß. Alſo dieſe 1 ½ Millionen ſcheiden ſelbſt⸗ verſtändlich aus. Nach den Feſtſtellungen, die ich an Hand der Akten habe vornehmen können, bleibt ein entgangener Nutzungswert, wenn ich ſo ſagen ſoll, von 324 653 ℳ übrig, von dem dann erſt die Gebühr zu berechnen iſt, und dieſer Nutzungswert entfällt auf 59 Grundſtücke. Alſo von den ſämt⸗ lichen Grundſtücken, die überhaupt für die Müll⸗ abfuhr in Betracht kommen, ſind nicht, wie hier und dort die Anſicht verbreitet worden iſt, hundert und mehr eximiert, ſondern nur 59, und von dieſen beträgt der Nutzungswert 324 653 ℳ. Bei 0,6 %