552 machen wird, wie er ſie gegen den Antrag im vorigen Jahre geltend gemacht hat. Wahr⸗ ſcheinlich werden im Magiſtrat die Gründe, die Herrn Kollegen Meyer die Sachlage günſtiger erſcheinen läßt, nicht ausſchlaggebend ſein. Ich muß offen geſtehen: ich glaube auch nicht, daß der Optimismus des Herrn Kollegen Meyer in bezug auf das Entgegenkommen der preußi⸗ ſchen Regierung gerechtfertigt oder begründet iſt. Ich bin vielmehr der Meinung: es könnten die ganzen übrigen Bundesſtaaten die Leichenver⸗ brennung eingeführt haben, dann wird Preußen mit ſeiner urreaktionären und unliberalen Kirchen⸗ regierung immer noch auf dem alten orthodoxen, reaktionären Standpunkt beſtehen bleiben, wenn die politiſche Entwicklung innerhalb des Volkes nicht andere Bahnen einſchlägt, als es bisher der Fall geweſen iſt. Deswegen glaube ich auch nicht, daß, wenn es tatſächlich zu dem Bau eines Krematiorums kommt, wir das Krematorium in abſehbarer Zeit in Benutzung nehmen können. Es wird in der Tat ein Bau auf Vorrat ſein. Aber das ſchadet nichts, darauf laſſen meine Freunde und ich es gern ankommen, vor allen Din⸗ gen, um dadurch den Gedanken der Leichenver⸗ brennung mehr propagieren zu können, als es bis⸗ her der Fall geweſen iſt. Herr Kollege Meyer ſagte auch, daß die Frage des Gemeindefriedhofes in gar keinem Zuſammen⸗ hange mit dieſem Antrage ſtünde. Gewiß, ſachlich nicht. Der Gemeindefriedhof iſt zu fordern, ob wir ein Krematorium bekommen oder nicht. Was aber die Raumverhältniſſe anbetrifft, ſo dürfte doch wohl die Frage des Gemeindefriedhofes mit dem Krematorium in Verbindung zu bringen ſein. Wenn wir einmal — und das iſt uns doch allen ein erſtrebenswertes Ziel, wir alle dringen energiſch darauf — einen Gemeindefriedhof bekommen, dann können wir das Krematorium doch auch nur nach dem Gemeindefriedhof legen. (Sehr richtig!) Das wünſchen die Herren Antragſteller doch auch nicht, daß das Krematorium an einer ganz anderen Stelle liegt als der Gemeindefriedhof. Aber deswegen — ich nehme jede Befürch⸗ tung, die vom Magiſtrat dem Antrag entgegen⸗ geſtellt werden könnte, ohne weiteres vorweg — könnte mich dieſer Zuſammenhang doch nicht beſtimmen, gegen den Antrag zu ſein, ſondern ich ſage: ganz unberückſichtigt um dieſe Frage des Gemeindefriedhofs muß die Stadtverordneten⸗ verſammlung dem Antrage zuſtimmen. Aber wenn der Magiſtrat dem Antrag nicht beitritt, bleibt noch eine andere Notwendigkeit be⸗ ſtehen. Wenn wir das Krematorium aus irgend⸗ welchen Gründen nicht bekommen könnten, möchten wir doch darauf dringen, daß wir eine Urnen⸗ ſtätte in Charlottenburg haben, damit, wie ich ſchon im vorigen Jahre ausgeführt habe, die Über⸗ reſte derjenigen, die außerhalb Charlottenburgs verbrannt wurden, auch hier in Charlottenburg beigeſetzt werden können. Dieſe Einrichtung haben Sie in einer ganzen Reihe anderer Städte, die auch kein Krematorium haben. Um dieſen Wunſch zum Ausdruck zu bringen, ſchlage ich Ihnen vor, dem Antrage der Herren Kollegen Meyer und Genoſſen folgenden Zuſatz zu geben: Im Falle der Magiſtrat dem Antrage auf Errichtung eines Krematoriums nicht beitritt, erſucht die Stadtverordnetenver⸗ Sitzung vom 8. Dezember 1909 ſammlung den Magiſtrat, die Anlage einer Urnenſtätte in die Weg zu leiten. Das iſt möglich; die Urnenſtätte kann auch ohne Krematorium angelegt werden. Der weiter⸗ gehende Wunſch, der auch von uns unterſtützt und verfolgt werden wird, iſt der, ein Krematorium zu ſchaffen; kann das Krematorium aus dieſem oder jenem Grunde nicht errichtet werden, dann wünſchen wir wenigſtens den Bau einer Urnenſtätte. Im übrigen bin ich bereit, mit Herrn Kollegen Meyer mich über die Einſchiebung dieſes Amen⸗ dements in ſeinen Antrag zu verſtändigen. Stadv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, ich möchte doch der Anſicht entgegentreten, daß die Antragſteller daran denken, ein Krematorium auf Vorrat zu bauen. Ich glaube, Herr Kollege Zietſch irrt ſich doch in der Beurteilung der Sach⸗ lage. Ein ſächſiſcher Miniſter hat kürzlich erklärt — inwieweit das zutrifft, weiß ich nicht —, daß die Beamten konſervativ ſein müßten. Meine Herren, wenn eine Regierung, die ſo konſervativ iſt wie danach die ſächſiſche, die Leichenverbrennung zuläßt, dann habe ich das Vertrauen zu unſerer königlich preußiſchen Regierung, in der doch auch liberale Männer ſchon geſeſſen haben, daß ſie nicht zögern wird, die Leichenverbrennung zuzulaſſen. Ich glaube deshalb, daß wir nicht mehr ſo lange auf ihre Genehmigung zu warten brauchen, daß das Krematorium vorher fertig iſt. Die Vorarbeiten für das Krematorium werden ja auch einige Zeit in Anſpruch nehmen. Was die Antragſteller wollen, iſt, daß der Magiſtrat ſich mit dem Projekt beſchäftigt und es zu geeineter Stunde der Depu⸗ tation und der Verſammlung vorlegt. Die Frage, ob es mit dem Gemeindefriedhof verbunden werden ſoll, iſt, wie Herr Kollege Meyer richtig bemerkt hat., eine ſekundäre Frage. Das Projekt kann ſo ausgearbeitet werden, daß ſich das Krematorium auf einem Gemeindefriedhof befindet; dasſelbe Krematorium kann auch in un⸗ ſerer Jungfernheide, wohin ja der Gemeinde⸗ friedhof eventuell auch einmal kommen wird, ohne einen ſolchen eine Stätte finden. Wenn Herr Kollege Zietſch dann die Frage der Urnenhalle angeregt hat, ſo möchte ich darauf hinweiſen, daß mein Antrag im vorigen Jahre auch dieſe Frage berührt hat. Der zweite Teil des Antrages, den damals auch die große Mehrheit angenommen hat, lautet: Es wird beantragt, den Magiſtrat zu er⸗ ſuchen: b) für Anlage einer Gemeindeurnenhalle mit Gedächtniskapelle (gegebenenenfalls unter der Erde in zentraler Lage der Stadt) die ge⸗ eigneten Schritte zu tun. Meine Herren, wir haben geglaubt, in dieſem Jahre von der Erneuerung dieſes Antrages ab⸗ ſehen zu ſollen, da dieſer ja im vorigen Jahre mit großer Majorität angenommen worden iſt und nach dieſer Richtung hin irgendwie neuere Er⸗ gebniſſe gar nicht eingetreten ſind. Alle die Punkte, die Herr Kollege Meyer erwähnt hat, berühren die Frage, ob die Verbrennung hier eingeführt werden kann. Die Gemeindeurnenhalle hätte ſchon damals in Tätigkeit treten können und kann auch heute, ganz gleich, wie die Rechtslage iſt, in Tätig⸗ keit treten, und ich wollte meinerſeits, wenn Herr Kollege Zietſch das nicht ſchon getan hätte, die Anregung an den Magiſtrat mctan — und