Sitzung vom 8. Dezember 1909 ich glaube, begnügen —, daß er durch die Nichtaufnahme dieſes meines vorjährigen Antrages in den heutigen Antrag nicht den Schluß ziehen möge, daß wir darauf verzichten, ſondern ich möchte ihn bitten, auch dieſen Antrag vom vorigen Jahre in ernſte Erwägungen zu ziehen. Ich möchte auch daran erinnern, daß wir gut tun,diejenigen Stel⸗ len in unſerer Stadt unter der Erde — die Vorteile, die das hat, habe ich damals berührt — uns zu ſichern, die für eine Gemeindeurnenhalle, die al⸗ len zugänglich ſein ſoll, in Be⸗ tracht komme n. Ich dente z. B an die Nürnberger Straße; die Nürn⸗ berger Straße würde dazu durchaus geeignet ſein. Wenn erſt eine Untergrundbahn dort durchgeführt ſein wird, wird keine Urnenhalle mehr dort gebaut werden können; augenblicklich ſind wir aber nach der ganzen Rechtslage dazu ſehr wohl in der Lage, und es dürfte ſich wohl empfehlen, dieſem Projekt einmal näherzutreten. Stadtv. Wöllmer: Ich wollte nur einige Worte zu dem Antrage des Herrn Kollegen Zietſch äußern. Herr Kollege Zietſch entkräftigt gleichſam durch ſeinen Antrag den Antrag der Antragſteller, und ſein Antrag iſt meines Erachtens deshalb auch überflüſſig, weil bereits ein Antrag der Stadt⸗ 4. verordnetenverſammlung vorliegt, der gelegentlich der Etatsberatungen gefaßt wurde. Bei der letzten Etatsberatung hat nach meinen Infor⸗ mationen die Stadtverordnetenverſammlung be⸗ ſchloſſen, den Magiſtrat zu erſuchen, einen Urnen⸗ hain bei Aufſchließung der Jungfernheide vorzu⸗ ſehen. Dieſer Antrag iſt allerdings noch nicht zur Erledigung gekommen. Ich meine, meine Herren, wir begnügen uns gerade deshalb mit dem Antrage der Antragſteller, um kraftvoll zum Ausdruck zu bringen, daß wir die Anlage eines Krematoriums wünſchen. Bis die Zuſtimmung der Regierung kommen wird — wenn ſie kommt —, wird ja Zeit genug ſein, um die umfangreichen Vorarbeiten zu erledigen, die nötig ſind, bis nachher die Vorlage an die Stadtverordnetenverſammlung kommt und von der Stadtverordnetenverſammlung dann ange⸗ nommen werden kann. Ich bitte daher Herrn Kollegen Zietſch, im Intereſſe der Sache ſeinen Antrag zurückzuziehen. Stadtv. Zietſch: Wenn Herr Kollege Wöllmer der Auffaſſung iſt, daß durch den Antrag, der im vorigen Jahre mit großer Mehrheit hier ange⸗ nommen wurde, mein Amendement zu dem heuti⸗ gen Antrag gegenſtandslos geworden iſt, dann irrt er ſich inſofern, als ja im vergangenen Jahre auch der Bau eines Krematoriums von der Stadtver⸗ ordnetenverſammlung gewünſcht wurde. iſt von Herrn Kollegen Meyer angeführt, jetzt hätten ſich die Umſtände, die den Ban eines Krema⸗ toriums mehr rechtfertigen als früher, zugunſten des Baues eines Krematoriums verſchoben. Ich halte ja, wie geſagt, dieſe Umſtände nicht gerade für bedeutungsvoll genug, um die neue Einbringung des Antrags zu rechtfertigen. Wenn die Herren aber der Anſicht ſind, daß durch meinen Eventual⸗ antrag dem Magiſtrat eine goldene Brücke gebaut werden ſoll, um um ſo leichter den weitergehenden Antrag von Ihnen, den erſten Teil, den ich ja auch in erſter Linie durchgeſetzt ſehen möchte, durch den Freilich höf 553 wir können uns mit einer Anregung] Magiſtrat ablehnen zu laſſen, dann bin ich allerdings der allerletzte, der dem Magiſtrat in dieſem Falle goldene Brücken bauen möchte, dann würde ich mein Amendement zurückziehen. Ich bin bereit dazu. Doch ich habe die Befürchtung, daß es mit dieſem Antrage ebenſo kommt wie mit dem früheren Antrage; wir haben vom vorigen Jahre noch keine Antwort vom Magiſtrat. Ich glaube, es iſt der einſtimmige Beſchluß der Stadtverordnetenverſamm⸗ lung geweſen. Ich möchte nicht, daß der Magiſtrat auch dieſe Forderung, eine Urnenhalle zu bauen, ſolange hinzieht wie die Frage der Einrichtung eines Wohnungsamtes; dieſe Frage iſt ja 1905 bereits geſtellt worden, mehrere Unterzeichner der Inter⸗ pellationen ſind inzwiſchen verſtorben. Und ich möchte auch nicht bereits geſtorben ſein, wenn die Antwort des Magiſtrats auf den Antrag wegen der Anlage einer Urnenhalle bekannt wird. Wir werden uns alſo vorbehalten, in dem Falle, daß der Magiſtrat dem Antrage Meyer nicht beitritt, einen geſonderten Antrag auf Einrichtung eines Urnenhains einzubringen. Stadtv. Dr. Frank: Meine Herren, es iſt von dem Herrn Vorredner beinahe als ſelbſtver⸗ ſtändlich vorausgeſetzt worden, daß es ſich beim Bau des Krematoriums um ein dringendes Be⸗ dürfnis handelt. Ich möchte doch meinem Zweifel Ausdruck geben, ob dieſes Bedürfnis wirklich ſo dringend iſt und ſo klar geſtellt wurde. Es liegt mir durchaus fern, mich in den Streit hineinzu⸗ miſchen, wieweit die Leichenverbrennung als reli⸗ giöſer Akt neben der bis jetzt üblichen Begräbnis⸗ form zuläſſig iſt oder nicht; das iſt ja rein Sache der perſönlichen Überzeugung und der freien Wahl. Aber das eine möchte ich doch hervorheben, daß von einem dringenden Bedürfnis zur Errichtung eines Krematoriums auf Gemeindekoſten zunächſt wohl kaum geſprochen werden kann. (Widerſpruch.) unſere Kirchhofsverhältniſſe laſſen ja in mancher Beziehung zu wünſchen übrig; (Zuruf bei den Liberalen: In mancher Beziehung?) aber diejenigen Gründe, welche für Einführung der Leichenverbrennung im allgemeinen bis jetzt angeführt worden ſind, ſind ſo lückenhaft und ent⸗ ſprechen ſo wenig den praktiſchen Verhältniſſen, daß ſie mir nicht ausſchlaggebend erſcheinen, um daraufhin die Forderung zu ſtellen, daß eine große Gemeinde wie die unſerige, die ohnedies noch enorme Verpflichtungen und enorme Ausgaben für die Lebenden hat, mit der neuen Beſtattungsform für die Toten vorangehen ſoll. Es wird ja von den Freunden der Leichenverbrennung in Publikationen, die zum großen Teil mehr lyriſcher als praktiſcher Art ſind, alles Mögliche dafür herangezogen: es werden da Schauergeſchichten von kleinen Ki öfen im Gebirge erzählt, wo Särge durch das Gletſcherwaſſer bloßgelegt worden ſind uſw. uſw. Das ſind alles Sachen, die bei uns nicht zutreffen. Zunächſt ſei zum Lobe unſeres märkiſchen Sandes geſagt: es gibt nach allen techniſchen Geſichts⸗ punkten und chemiſchen Ermittelungen keinen hygieniſch geeigneteren Kirchhofsboden als hier in der Mark. (Heiterkeit.) Nach den klaſſiſchen Arbeiten Pettenkofers und ſeiner Schüler, namentlich auch Erismanns, iſt die Ver⸗ weſung im Sandboden die allerſchnellſte, ſicherſte und für die Anwohner ungefährlichſte, die es über⸗