558 zu überweiſen; nicht deshalb, weil ich gegen den Gedanken des Magiſtrats Einwendungen zu erheben hätte, weil ich ſie für weſent⸗ lich verbeſſerungsfähig hielte und Anderungen für notwendig erachtete, ſondern weil mir einige Punkte aufklärungsbedürftig erſcheinen, ehe wir die Verantwortung der Zuſtimmung zu der Vorlage ganz und voll übernehmen können. Laſſen Sie mich einige Punkte, auf die wir im Plenum ja nicht einzugehen brauchen, falls wir den Ausſchuß für angemeſſen halten, hier ganz kurz ſtreifen. Die Vorlage ſieht die coedication von Knaben und Mädchen vor. Ob die Kgl. Regierung und das Provinzialſchultollegium dieſem Plane, dem ja wohl die Verſammlung ſympathiſch gegenüber⸗ ſteht, durchaus ſicher die Genehmigung erteilen wird, iſt aus den Akten nicht unbedingt zu erſehen geweſen. Der Lehrplan einer höheren Waldſchule iſt ja naturgemäß viel komplizierter und ſchwieriger als der der Volkswaldſchule. Die Notwendigkeit, Schüler und Schülerinnen vom humaniſtiſchen, vom Realgymnaſium, von der Oberrealſchule, Reform⸗ und Mädchenſchule zu vereinigen und ihnen alles an Unterweiſung zu bieten, — ich komme immer wieder auf dieſes Verſprechen der Magiſtrats⸗ vorlage zurück — daß ſie nicht hinter ihre Klaſſen⸗ genoſſen zurückbleiben, erfordert jedenfalls einen großen Aufwand von pädagogiſcher Klugheit und Gewandtheit. Ich bin nicht imſtande, zu über⸗ ſehen, ob der vorgeſehene Lehrkörper dazu aus⸗ reicht oder zu groß iſt. Auch das würde Gegenſtand der Beratung im Ausſchuß ſein. mir im einzelnen das folgende aufgefallen: die weſentliche Verkürzung der Unterrichtsſtunden in der Waldſchule iſt ja wohl eines ihrer Haupt⸗ heilmittel. Ich habe den Waldſchullehrplan mit dem meines Sohnes, welcher die Quarta beſucht, verglichen und gefunden, daß unter Außeracht⸗ laſſung der Turnſtunde die Zahl der Schulſtunden um 6 reduziert iſt. Verkürzung des Unterrichts durch Abkürzung von 16 Lektionen auf 30 Minuten, ſo daß im ganzen zirka 9 Stunden weniger als in der Stadtſchule unter⸗ richtet wird. Es will meinem Laienverſtande nicht ganz fraglos erſcheinen, ob das zur Bewältigung des Penſums genügt, und ich würde es für eine bedauerliche Folgeerſcheinung des gekräftigten Kör⸗ pers halten, wenn die Kinder nachher in der Stadt⸗ ſchule zurückbleiben müßten. Von ſachverſtändiger Seite über dieſen Punkt volle Beruhigung zu er⸗ halten, iſt im Ausſchuß der Ort. Ein weiterer Punkt, den das Aktenſtück nicht voll klärt, iſt die Frage der Frequen z von 120. Ich halte es für richtig, daß ein ſoziales Unternehmen wie dieſe höhere Waldſchule, welches ſehr erfreulich, ſehr willkommen, ſehr zu begrüßen iſt, doch nur dann gemacht werden darf, wenn es der Stadt keine Koſten auferlegt; denn bei der Finanzlage der Stadt, die uns immer ſehr un⸗ günſtig geſchildert wird, und bei den ſehr dringenden ſozialen Aufgaben für ärmere Bevölkerungsklaſſen, die abſolut unabweisbar ſein werden, darf man doch wohl nach Luxus erſt dann greifen, wenn für das Notwendigſte eine Gewähr geleiſtet iſt. Sind es weniger als 120 Kinder, ſo verringert ſich ja natürlich der Verpflegungsetat und auch die Koſten; aber die großen Hauptkoſten bleiben doch die gleichen. Wie die Zahl 120 gefunden iſt, iſt aus den Akten nicht genau erſichtlich. Erſichtlich iſt Immerhin iſt Hierzu kommt eine weitere Sitzung vom 8. Dezember 1909 aber, daß bei der erſten Anfrage im Frühjahr dieſes Jahres ſich die Eltern von zirka 70 Kindern melde⸗ ten, welche ihre Sprößlinge in die Waldſchule aufgenommen zu ſehen wünſchten. Es bleibe aber nicht unerwähnt, daß von dieſer Zahl 70 eine größere Anzahl Eltern nur geringere oder gar keine Bei⸗ träge für ihre Kinder zu zahlen ſich imſtande er⸗ klärten. Der letzte Punkt, der mich an Sie die Bitte richten läßt, die Vorlage einem Ausſchuß zu über⸗ weiſen, iſt die vom Magiſtrat gewünſchte Berech⸗ tigung, zu den Koſten 20% zuzutragen, um hierfür halbe und ganze Freiſtellen zu errichten. Meine Herren, ich bin nicht etwa gegen die Freiſtellen, es fällt mir nicht ein, den Leuten, welchen es ſchwer wird, ihren Kindern die höhere Bildung zuzuwenden, die große Wohltat der Waldſchule dadurch er⸗ ſchweren zu wollen, daß keine Freiſtelle vorhanden ſein ſolle — durchaus nicht, und meine Freunde ſtehen auf dem gleichen Stundpunkt. Aber auf die Gefahr hin, daß man meine Außerung vielleicht als ein Kennzeichen unfreundlicher ſozialer Ge⸗ ſinnung auslegt, müßte ich doch ſagen: für Rechte ſind auch Pflichten in den Kauf zu nehmen: wer das große Glück hat, derartiger Gemeindeein⸗ richtungen ſich bedienen zu dürfen, der muß auch bereit ſein, dafür eine Laſt zu übernehmen, ſo ſchwer er ſie nur irgend zu tragen imſtande iſt. Daher ſtehen wir der Frage von halben Freiſtellen durchaus ſympathiſch gegenüber, möchten aber im Ausſchuß zur Erwägung anheimgeben, ob ſich für die ganzen Freiſtellen, die alſo ein Ge⸗ ſchenk der Stadtgemeinde auf Koſten der Steuer⸗ zahler an Bevölkerungskreiſe darſtellen, die im allgemeinen — im einzelnen mag es ja anders liegen — doch aber eigentlich nicht Anſpruch darauf haben, nicht eine Form finden läßt, die alle geſunde und moderne ſoziale Fürſorge vorſieht und doch vor einer Übertreibung halt macht. Ich bitte Sie alſo, die Vorlage einem Aus⸗ ſchuß zu überweiſen, und bin überzeugt, daß es gelingen wird, uns über die Punkte, über die ich noch einige Bedenken habe, im Ausſchuß aufzuklären. Stadtv. Becker: Meine Herren, die Voraus⸗ ſetzung des Herrn Berichterſtatters, daß dieſe Vorlage auch bei den übrigen Fraktionen dieſes Hauſes eine beifällige Aufnahme finden würde, kann ich, ſoweit es meine Freunde betrifft, durch⸗ aus beſtätigen: auch wir treten dieſer Vorlage wohlwollend gegenüber. Wir haben es bei der beſtehenden Waldſchule erprobt, welche außer⸗ ordentlichen Vorteile den kränklichen Schülern der Volksſchule zugewendet worden ſind, und wir freuen uns, wenn es möglich iſt, auch den Kindern der höheren Schulen dieſe Erholung, dieſen Aufent⸗ halt in der friſchen Luft während der Sommer⸗ monate zu bewilligen. Wir freuen uns, daß wir den Eltern hierdurch ein Mittel bieten können, daß ſie innerhalb der Kräfte und Geldopfer, die ſie anwenden können, die Möglichkeit haben, ihre Kinder in die friſche Luft hinauszubringen. Meine Herren, in den großen Städten iſt das Zuſammen⸗ pferchen einer großen Menge von Kindern in den großen Schulgebäuden ein vielleicht notwendiges Ubel. Trotz der beſten hygieniſchen Einrichtungen, die wir in dieſen Schulgebäuden treffen, können wir den Schulkindern nie das bieten, was jeder Dorfjunge hat, d. h. die friſche Luft. Die friſche Luft iſt das Beſte, was man den Kindern geben 1