Sitzung vom 22. Dezember 1909 567 daß der Bau der Bedürfnisanſtalten nicht durch die Hochbaudeputation ausgeführt iſt; alſo das trifft dieſe glücklicherweiſe nicht. (Die Verſammlung beſchließt die Einſetzung eines Ausſchuſſes von 11 Mitgliedern.) Vorſteher Kaufmann: Wir werden auch dieſen Ausſchuß in der erſten Sitzung des nächſten Jahres zu wählen haben. Punkt 8 der Tagesordnung: Bericht des Petitionsausſchuſſes über Petitionen. — Druckſache 374. I1. Petition des Druckereibeſitzers Schumann betr. Lichtpauſen⸗ Ii e ferun g. Berichterſtatter Stadtv. Sellin: MeineHerren, der Druckereibeſitzer Schumann, Motzſtraße 10, welcher mit der Hochbauverwaltung einen Vertrag zur Lieferung von Lichtpauſen vom 1. April 1909 bis 31. März 1910 abgeſchloſſen hat, hat an die Stadtverordnetenverſammlung eine Petition ge⸗ richtet, worin er ſich beſchwert, daß Lieferungen von Lichtpauſen, die nach ſeinem Vertrage eigentlich ihm zukämen, von der Hochbauverwaltung dem früheren Lieferanten Traxel übertragen ſind. Der Magiſtrat hat uns im Ausſchuß mitgeteilt, daß nur ein Objett von 5,50 ℳ dem Traxel, der in der Nähe wohnt, übertragen worden iſt, weil die Arbeit ſehr ſchnell gebraucht wurde und darauf gewartet werden mußte. Sonſt, ſo hat der Magiſtrat im Aus⸗ ſchuß erklärt, iſt von dem Vertrage mit Schumann durchaus nicht abgewichen worden; ſämtliche Ar⸗ beiten, die nach dem Vertrage ihm übertragen werden mußten, ſind ihm auch übertragen. In⸗ folgedeſſen empfichlt Ihnen der Ausſchuß, be⸗ treffend dieſer Petition Übergang zur Tages⸗ ordnung zu beſchließen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Die Ver⸗ ſammlung beſchließt nach dem Antrage des Pe⸗ titionsausſchuſſes, über die Petition I zur Tages⸗ ordnung überzugehen.) Vorſteher Kaufmann: II. Petition des Mietervereins zu Charlottenburg betr. Zuſam⸗ menſetzung des Sparkaſſen⸗ vorſt an des. Berichterſtatter Stadtv. Litten: Meine Herren, es iſt von dem Mieterverein Charlottenburg eine Petition eingegangen, die ich gern verleſen möchte, um nicht den Vorwurf ausgeſetzt zu ſein, irgend etwas bei der Berichterſtattung vergeſſen zu haben. Die Petition lautet wörtlich: Unter den 6 Stadtverordneten, die mit 3 Magiſtratsmitgliedern den Vorſtand unſerer ſtädtiſchen Sparkaſſe bilden, befinden ſich 5 Hausbeſitzer, ſo daß dieſe bei einmütiger Stellungnahme in der Lage ſind, den Spar⸗ kaſſenvorſtand zu majoriſieren. Dieſen Zu⸗ ſtand halten wir vom Standpunkt der Sparer aus für nicht gerechtfertigt und richten deshalb an die Stadtverordnetenverſammlung die Bitte, bei der Neubildung des Vorſtandes bzw. bei Ergänzungs⸗ und Erſatzwahlen dahin wirken zu wollen, daß die Zahl der Haus⸗ beſitzer im Sparkaſſenvorſtand erheblich eingeſchränkt und ferner von dem Recht der Verſammlung, drei nicht dem Stadt⸗ verordnetenkollegium angehörende Bürger in den Vorſtand der Sparkaſſe zu wählen, möglichſt ausgiebig Gebrauch gemacht wird. Zur Begründung unſerer Bitte führen wir nachſtehendes an: Unſere Stadtſparkaſſe hat zurzeit über 90 000 Sparer mit einem Einlagebeſtand von über 45 Millionen Mark. Schon dieſer Umſtand allein ließe es gerechtfertigt erſcheinen, der Mieterſchaft Charlottenburgs, die bei der ver⸗ hältnismäßig geringen Zahl von einheimiſchen Hausbeſitzern die weitaus überwiegende Zahl der Sparer ſtellt, eine weit ausgiebigere Ver⸗ tretung im Sparkaſſenvorſtand zu ſichern. Aber es treten noch weitere Gründe für unſere Bitte hinzu. In erſter Linie möchten wir darauf hin⸗ weiſen, daß die Vorſchriften über die Be⸗ legung der Beſtände der Sparkaſſe nach den kürzlich von den ſtädtiſchen Körperſchaften be⸗ ſchloſſenen neuen Satzungen mehrere Er⸗ weiterungen erfahren ſollen, die dazu führen würden, die Hergabe von Hypotheken aus den Beſtänden der Sparkaſſe zugunſten anderer Belegungsarten — mindeſtens relativ — ein⸗ zuſchränken. Die Art der Belegung aber — wie auch die Feſtſetzung der zu erhebenden Zinsſätze — hängt, von der jeweiligen Kon⸗ junktur abgeſehen, im weſentlichen von den Beſchlußfaſſungen des Sparkaſſenvorſtandes ab. Die Tatſache, daß die Hausbeſitzer, die als ſolche ein lebhaftes Intereſſe an der Höhe des Zinsfußes der Sparkaſſe für Hypotheken⸗ darlehen haben, in der angegebenen Stärke im Vorſtand der ſtädtiſchen Sparkaſſe ver⸗ treten ſind, kann unter Umſtänden eine Be⸗ unruhigung in den Kreiſen der Sparer heroor⸗ rufen, wenn wir auch der Meinung ſind, daß die betreffenden Herren Stadtverordneten unter Hintanſetzung ihrer engeren oder weiteren Intereſſen lediglich nach den Geſichtspunkten des allgemeinen Wohls ihre Entſcheidungen zu treffen bemüht ſind. Der Umſtand, daß in den neuen Satzungen unſerer ſtädtiſchen Sparkaſſe die in den Muſterſatzungen vorge⸗ ſehene — Möglichkeit der Hingabe von Darlehen an gemeinnützige Baugenoſſen⸗ ſchaften nicht geſchaffen worden iſt, kann zu der Befürchtung führen, daß der Sparkaſſen⸗ vorſtand ſein Votum gegen die Aufnahme einer ſolchen Beſtimmung abgegeben habe. Jedenfalls dürfen wir mit vollem Recht be⸗ haupten, daß die Mehrzahl der Sparer wie auch die Mehrzahl der Mieter und damit die Mehrheit unſerer Bürgerſchaft nichts dagegen einzuwenden haben würde, wenn die in ſozialer Beziehung mit in den erſten Reihen der deutſchen Städte marſchierende Stadt Charlottenburg in der angedeuteten Weiſe die Möglichkeit eines weiteren Vorgehens auf dem Gebiete der Wohnungsfürſorge ſchaffen würde. Die Hergabe gerade von Baugeldern zu einem mäßigen Zinsfuße an gemeinnützige