Sitzung vom 22. Dezember 1909 — ſondern wir werden unſererſeits Ihnen mit gutem Beiſpiel vorangehen (Zuruf bei den Liberalen: Petition!) und bei der Wahl des nächſten Vorſtandes keinen Hausbeſitzer präſentieren. (Zuruf: Das iſt doch etwas anderes!) Stadtv. Dr. Stadthagen: Meine Herren, ſoviel ich mich erinnere — ich kann mich allerdings täuſchen —, iſt der Antrag des Petitionsausſchuſſes einſtimmig angenommen worden, alſo auch von den Freunden des Herrn Kollegen Hirſch. Vom Herrn Kollegen Hirſch iſt das Hausbeſitzerprivileg in die Debatte geworfen worden, meines Erachtens zu Unrecht. Ich ſtehe meinerſeits und ich glaube, daß manche der Kollegen in der Stadtverordnetenverſammlung der gleichen An⸗ ſicht ſind — durchaus auf dem Stand⸗ punkte, daß das alte Hausbeſiter⸗ privileg in dem Umfange, wie es die Städteordnung vorſieht, zu weit geht, daß es der heutigen Zeit nicht mehr entſpricht. Etwas ganz anderes iſt es aber, ob man hier künſtlich einen Unterſchied zwiſchen den Stadtverordneten machen will, die Haus⸗ beſitzer ſind, und denen, die nicht Hausbeſitzer ſind. Meine Herren, wir ſind alle Stadtverordnete, die für das Intereſſe der Stadt zu ſorgen haben, gleich⸗ viel ob wir ein Haus beſitzen oder nicht. (Sehr richtig!) Wenn wir den Ausführungen des Herrn Kollegen Hirſch folgen und das hier als einen Vorſtoß gegen das Hausbeſitzerprivileg auffaſſen würden, ſo kämen wir auf die ſchiefe Ebene, gewiſſermaßen zwiſchen den Stadtverordneten ſelbſt zu differenzieren. (Sehr richtig! und Zuruf: Erſter und zweiter Klaſſe) Nun hat der Mieterverein, dem ich durchaus Sympathie entgegenbringe, zweierlei verlangt. Er hat einmal verlangt, daß die Zahl der Haus⸗ beſitzer im Sparkaſſenvorſtande erheblich einge⸗ ſchränkt werde. Der Magiſtrat hat Ihnen ja, wie der Herr Berichterſtatter ausgeführt hat, Gründe dafür angegeben, wie richtig es iſt, im Sparkaſſen⸗ vorſtand auch Hausbeſitzer zu haben, die mit den Verhältniſſen Beſcheid wiſſen. Das Statut ſieht anderſeits vor, daß drei Mitglieder nicht Stadt⸗ verordnete zu ſein brauchen, nud man könnte ja auch Männer, die kein Haus beſitzen, wählen. Man könnte auch in der Stadtverordnetenver⸗ ſammlung Nichthausbeſitzer wählen. Man kann aber doch nicht verkennen, daß der Magiſtrat und die ganze Verwaltung unſerer Stadt — wir gehören ja dazu —, daß wir uns in den letzten Jahren bemüht haben, einen Mittelweg zwiſchen den widerſtreitenden Intereſſen auf dieſem Ge⸗ biete zu finden. Wir haben die Wohnungsgenoſſen⸗ ſchaften in weitgehendem Maße unterſtützt; das kann nicht beſtritten werden, kann auch nicht von dem Mieterverein angeſichts der gegenteiligen An⸗ griffe von Hausbeſitzervereinen beſtritten werden. Wir haben anderſeits auch bei der Verwertung der Gelder diejenigen Wege beſchritten, die im Intereſſe unſerer Stadtverwaltung liegen. Man kann nach keiner Richtung hin der Verwaltung einen Vorwurf machen, und wir müſſen infolgedeſſen über dieſe Petition zur Tagesordnung übergehen, wie es der Herr Referent vorgeſchlagen hat. Stadtu. Dr. Crüger: Meine Herren, wenn ich den Herrn Kollegen Hirſch recht verſtanden habe, 569 ſo will er ſchließlich auch nichts anderes oder kann gar nichts anderes wollen; denn das, was er hier vorgebracht hat, iſt ja kein Antrag — ich wenigſtens habe nicht gehört, daß er einen Antrag eingebracht hat. Er kann doch unmöglich die Petition in der Weiſe hier zur Erledigung bringen wollen, daß er namens ſeiner Freunde die Erklärung abgibt, er wird in Zukunft mit ſeinen Freunden einen Mieter und keinen Hausbeſitzer wählen. Das iſt doch keine Erledigung der Petition. Wir müſſen zu der Petition in irgendeiner Weiſe Stellung nehmen. Entweder wir gehen zur Tagesordnung über, oder wir überweiſen ſie dem Magiſtrat als Material oder zur Berückſichtigung. Nun ſagt Herr Kollege Hirſch: das ſtimmt, das können wir aber nicht. Alſo bleibt nur übrig: Übergang zur Tagesordnung. Zu einem Abſchluß müſſen wir doch der Petition, Herr Kollege Hirſch, verhelfen! Auch Sie müſſen doch irgendwie ſich dabei betätigen. Ein letztes bleibt allerdings noch übrig: Sie ſagen, Sie enthalten ſich überhaupt der Abſtimmung. Ich hoffe, der Herr Vorſteher wird in irgendeiner Weiſe Mittel finden, um Sie zu ver⸗ anlaſſen, zu der Petition Stellung zu nehmen. Wenn aber jetzt Herr Kollege Hirſch bei dieſer Petition die Gelegenheit wahrgenommen. hat, gegen das Hausbeſitzerprivileg Stellung zu nehmen, ſo hat er offene Türen eingerannt. Er hat ſchon vom Herrn Kollegen Stadthagen nach der Richtung Zuſtimmung bekommen. Von meinen Freunden kann er auch Zuſtimmung erhalten. Alſo in der Richtung,, Herr Kollege Hirſch, ſind wir ja alle einig, und das iſt doch ſchließlich die Hauptſache, daß wir nach draußen einig ſind und die Erklärung abgeben: Ihr Mieter, ſeid zufrieden, das Haus⸗ beſitzerprivileg, das heute beſteht, wollen wir alle beſeitigt ſehen! (Sehr gut!) Herr Kollege Hirſch, in der Beziehung nehmen wir mit Ihnen, wenn Sie durchaus wollen, den Wettlauf auf; wir werden nicht hinter Ihnen zurückbleiben. Aber die Sache hat ja hiermit gar nichts zu tun; denn die Wahl des Sparkaſſen⸗ vorſtandes — ich glaube, Herr Kollege Hirſch wird mir in der Beziehung recht geben — iſt ja durch keine einzige Beſtimmung der Städteordnung gebunden. Wir wählen die Mitglieder des Spar⸗ kaſſenvorſtandes, und wenn Herr Kollege Hirſch hier eine fulminante Rede gegen die Städteordnung hält, ſo hätte er ſie eigentlich gegen uns Stadt⸗ verordnete halten ſollen, die wir bisher den ſchweren Fehler gemacht haben, Hausbeſitzer in den Spar⸗ kaſſenvorſtand hineinzuwählen. (Stadtv. Hirſch: Sehr richtig!) „Sehr richtig!“ ſagen Sie. Aber weswegen haben Sie denn den ſchweren Fehler mit begangen? Weswegen haben Sie ſich daran beteiligt? Sie verſprechen alſo in Zukunft Beſſerung. (Heiterkeit.) Soweit ich unterrichtet bin, gehört ein Mitglied des Sparkaſſenvorſtandes auch zu Ihren engeren Freunden, (Zuruf: Auch Hausbeſitzer!) und Sie haben eine geringe Freundſchaft den Mietern gegenüber beſeſſen, daß Sie nicht einen Mieter aus Ihrer Fraktion heraus gewählt haben, ſondern einen Hausbeſitzer! (Erneute Heiterkeit. — Zuruf bei den Sozial⸗ demokraten.) Herr Kollege Hirſch, Sie haben alſo eine Rede