572 Sitzung vom 22. Dezember 1909 machen, daß das Verleſen nicht ſtatthaft iſt, wenn pläne die bauliche Erſchließung endgültig in die Sie auch nur Notizen verleſen. Ich bitte Sie doch, möglichſt frei zu ſprechen. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Flatau (fort⸗ fahrend): Mit Rückſicht auf das Geſagte erſcheint es mir perſönlich und iſt es auch den Mitgliedern des Petitionsausſchuſſes als ein Akt ausglei⸗ chender Gerechtigkeit gegen die Stadtteile Alt⸗Charlottenburgs er⸗ ſchienen, wenn nunmehr die natürliche Fortſetzung der Hauptverkehrsader Alt⸗Charlottenburgs in Ge⸗ ſtalt einer baulichen Erſchließung von Nord⸗Weſtend in Angriff genommen werden ſoll; um ſo mehr, als allem Anſcheine nach in dieſer Hinſicht Ver⸗ ſprechungen an die beteiligten Kreiſe in mehr oder weniger deutlicher Form ſeit längerer Zeit vor⸗ liegen. In der großen Anzahl von Unterſchriften, die die Petition aufweiſt, kommt zweifellos die Hoffnung und der Wunſch der Einwohnerſchaft von Alt⸗Charlottenburg zum Ausdruck, daß eine im Sinne der Petition erfolgende bauliche Erſchließung von Nord⸗Weſtend nicht ohne Rückwirkung — nicht ohne gedeihliche Rückwirkung auf die Entwicklung des eigentlichen Alt⸗Charlottenburgs bleiben kann. Es hat ſich nun bei den Verhandlungen im Petitionsausſchuß herausgeſtellt, daß ein ernſtlicher Gegenſatz zwiſchen den Anſchauungen der Ver⸗ treter der Stadtverordnetenverſammlung und den leitenden Stellen des Magiſtrats über dieſen Punkt gar nicht beſteht. Es wurde gerade aus der Mitte des Magiſtrats heraus betont, daß man ſich von der baulichen Erſchließung von Nord⸗Weſtend eine für die Zunahme der Einwohnerſchaft günſtige Ent⸗ wicklung verſpricht, und daß dieſer Teil des Stadt⸗ gebiets nach ſeiner baulichen Erſchließung ſich mit Sicherheit als eine weſentliche Bereicherung des Weichbildes darſtellen wird. Es wurde betont, daß, wenn erſt dieſe Teile des Weichbildes baulich er⸗ ſchloſſen wären, wegen der landſchaftlich und auch geſundheitlich bevorzugten Lage auf der Höhe ober⸗ halb des Spreetales die Bevölkerungszahl Char⸗ lottenburgs wahrſcheinlich eine neue ſtarke Stei⸗ gerung in Kürze aufweiſen würde. Wenn trotz dieſer Erwägungen ſeit dem Jahre 1905, in dem zum letzten Male die Stadtverordnetenverſammlung ſich offiziell mit dieſer Angelegenheit zu befaſſen hatte, die Angelegenheit keinen äußeren Fort⸗ ſchritt aufzuweiſen hat, ſo waren ernſtliche Hin⸗ derniſſe maßgebend, gegen deren Gewicht man ſich auch im Ausſchuſſe nicht verſchließen konnte. Ich muß mich darauf beſchränken, zu betonen, daß als ein ſolches Hindernis namentlich die Schwierig⸗ keit in Betracht kommt, den Bebauungsplan auf⸗ zuſtellen, ferner die Frage der Tieferlegung der Spandauer Chauſſee. Durch die Erklärung der Magiſtratsvertreter iſt glücklicherweiſe feſtgeſtellt, daß in abſehbarer Zeit dieſe Hinderniſſe ihre end⸗ gültige Beſeitigung erfahren werden. Es wurde die Erwartung ausgeſprochen, daß ungefähr nach Ablauf von weiteren 2 Jahren — wobei man ſich ſelbſtverſtändlich nicht auf die Ziffer feſtlegen kann — anzunehmen iſt, daß die öffentliche Bekannt⸗ machung des Bebauungsplanes von Nord⸗Weſtend vor ſich gehen wird, und die Intereſſenten — ich rechne dazu nicht etwa nur die Terrainintereſſenten, ſondern vor allem die an der Petition beteiligte Ein⸗ wohnerſchaft aus den älteren Gebieten Charlotten⸗ burgs — können ſich danach ſelber berechnen, wann ungefähr nach der Bekanntgabe der Bebauungs⸗ Wege geleitet wird. Ich darf betonen, daß dieſe Löſung der Frage: die bauliche Erſchließung im Sinne der Petition, und zwar in einer nicht allzu fernen Zeit, ſicherlich dazu beitragen wird, gewiſſe Gegenſätze, die zweifel⸗ 1os noch immer, bald mehr, bald weniger aus⸗ geſprochen, zwiſchen den älteren und den neueren Teilen Charlottenburgs beſtehen, auszugleichen, und daß ſie aus dieſem Grunde nicht nur in wirtſchaft⸗ lichem, ſondern auch in einem höheren, ſozialen Sinne geeignet iſt, das Geſamtintereſſe Char⸗ lottenburgs zu fördern. Ich bitte Sie deshalb, dem Antrage des Ausſchuſſes auf Überweiſung der Petition an den Magiſtrat zur Berückſichtigung Ihre Zuſtimmung zu geben. Stadtv. Zander: Ich möchte den Magiſtrat bitten, die Petition des Liberalen Bezirksvereins Charlottenburg⸗Weſt betr. Aufſchließung von Nord⸗ Weſtend nicht nur zu berückſichtigen, ſondern recht bald zu berückſichtigen. Es iſt eine Lebensfrage für die Gewerbetreibenden Alt⸗Charlottenburgs, daß ihnen neue Lebenskräfte zugeführt werden, daß die Berliner und die Spandauer Straße wieder mehr Verkehrsadern werden. In der „Neuen Zeit“ vom 21. November d. I. wird unter „Charlotten⸗ burger Plauderei“ u. a. ausgeführt, daß dasjenige Terrain, das in Charlottenburg noch keinen Be⸗ bauungsplan hat, 164 ha beträgt. Von dieſen 164 ha entfallen 42 ha auf die Mäckeritzwieſen und 120 ha auf Nord⸗Weſtend. Alſo Nord⸗Weſtend ſcheint das einzige Terrain zu ſein, das bis jetzt keinen Be⸗ bauungsplan hat. In der heutigen „Neuen Zeit“ iſt ein Artikel unter der Spitzmarke „Ein Bluff“ enthalten, worin zum Schluß ausgeführt wird, daß dieſes Terrain von 120 ha ſich zum großen Teil im Beſitz von Großbanken befindet, und daß dieſe Großbanken derartige Anlagen dort projektiert haben, daß ein Stadtteil entſtehen wird, der die Steuerkraft Charlottenburgs bedeutend erhöht. Durch unſer offizielles Preßbüro iſt ja wohl heute in die Tageszeitungen der Artikel gekommen, daß wir mit 100% Gemeindeſteuern balanzieren werden, und daß keine neuen Steuern in Charlottenburg zu erwarten ſind, daß wir aber ſehr ſchwer balan⸗ zieren werden. Dadurch, daß Charlottenburg für Nord⸗Weſtend den Bebauungsplan auslegen würde, würde eine größere Steuerkraft für Charlottenburg erzielt werden; denn das jetzige Ackerland iſt natür⸗ lich ſehr gering zur Grundſteuer herangezogen. Mit dem Augenblick, wo der Bebauungsplan ausgelegt würde, würden die Werte bedeutend ſteigen, und es würden erheblich höhere Grundſteuern erhoben, und dadurch würde dem Stadtſäckel wieder auf⸗ geholfen werden können, ohne daß an neue Steuern gedacht zu werden braucht. Stadtv. Braune: Meine Herren, aus den Aus⸗ führungen des Herrn Referenten ging in der Haupt⸗ ſache das Erfreuliche für uns hervor, daß in ca. 2 Jahren die Erſchließung dieſes großen Terrains erfolgen würde. Auch ich möchte an den Magiſtrat das dringende Erſuchen richten, dieſem Verlangen ſicher ſtattzugeben. Wenn wir den Blick auf die Vorgänge zurückrichten, ſo haben wir bereits vor 10 Jahren beobachtet, daß der Magiſtrat damals ſchon verſuchte, die Bebauung von Nord⸗Weſtend anzubahnen. Es wurden auch krumme Straßen in Betracht gezogen. Seitdem hat die Sache bei