Sitzung vom 22. Dezember 1909 verſicherungsgeſetzes, wenn die Verficherungs⸗ anſtalten dem Vertrage beitreten und ihre Ein⸗ willigung zu dem Vertrage geben, dann zweifel⸗ los den Verträgen eine ſolche rechtliche Grundlage ge⸗ geben iſt, daß daran mindeſtens auf die Dauer von 30 Jahren nicht gerüttelt werden kann. Aber es iſt bis jetzt in dem Vertragsentwurf nur von einem „Einvernehmen“ mit der Landesverſicherungsanſtalt die Rede; es wird ſich fragen, ob es nicht wünſchens⸗ wert iſt, an Stelle deſſen auch eine Zuſtimmung oder einen Beitritt der Behörden zum Vertrage herbeizuführen. Hierüber, bin ich der Meinung, wird es am praktiſchſten ſein, in einem Ausſchuß, den ich Ihnen vorſchlage auf 11 Mitglieder zu be⸗ meſſen, Klärung herbeizuführen. Stadtv. Dr. von Liszt: Meine Herren, ich habe mir das Wort nur erbeten, um einige juriſtiſche Bedenken, die der Herr Berichterſtatter am Schluß ſeiner Ausführungen ſelbſt vorgebracht hat, noch einmal kräftig zu unterſtreichen und den Ausſchuß, den wir zweifellos wählen werden, zu bitten, dieſe Bedenken recht eingehend zu prüfen. Es iſt mir nicht recht klar geworden, mit wem wir eigentlich den Mietsvertrag ſchließen, der uns vorgelegt worden iſt. Der Vorſitzende des Schiedsgerichts ſcheint der Meinung zu ſein oder wenigſtens der Meinung geweſen zu ſein, daß wir mit ihm den Vertrag ſchließen. Das ſteht, meine Herren, in der zweiten Spalte der uns gemachten Vorlage, wo er ſagt: ſein Plan könne nur dann verwirklicht werden, wenn ein anderer für ihn das Gebäude erbaue und an ihn ver⸗ miete. Das wäre nun ſelbſtverſtändlich durchaus nicht in unſerem Intereſſe gelegen, ſondern wir wollen den Vertrag mit den Landesver⸗ ſicherungsanſtalten ſchließen. Wenn ich mir aber nun die vorgelegten Verträge anſehe, ſo muß ich betonen, daß auch aus dem Ein⸗ gang zum Darlehnsvertrag mir eine gewiſſe Un⸗ ſicherheit über die Rechtsverhältniſſe hervorzugehen ſcheint. Ich meine den zweiten Abſatz der Einleitung zu dem Darlehensvertrag. Und da, meine Herren, müſſen Sie mir ſchon verzeihen, wenn ich Ihnen den beſprochenen § 107 Abſatz 3 des Invalidenver⸗ ſicherungsgeſetzes von 1899 vorleſe: Über die Beſchaffung der Geſchäftsräume und die Geſchäftsbedürfniſſe des Schieds⸗ gerichts wird vom Vorſitzenden des Schieds⸗ gerichts im Einvernehmen mit dem Vorſtand der Verſicherungsanſtalt Beſtimmung ge⸗ troffen. Bei Meinungsverſchiedenheiten entſcheidet die Landeszentralbehörde des Bundesſtaates, in welchem der Sitz des Schiedsgerichts belegen iſt. Es ſteht da nicht, wie im zweiten Abſatz des Dar⸗ lehnsvertrages geſagt iſt, „unter der Vorausſetzung, daß der Miniſter für Handel und Gewerbe jenen Mietsvertrag genehmigt“; denn dieſe Entſcheidung des Miniſters tritt nur dann ein, wenn eine Ver⸗ ſtändigung zwiſchen dem Vorſitzenden des Schieds⸗ gerichts und den Landesverſicherungsanſtalten ſelber nicht eintritt. Nun, meine Herren, der § 107 kann ja ver⸗ ſchieden ausgelegt werden. Man kann im § 107 die privatrechtliche Beſtimmung erblicken, nach welcher wirklich der Vorſitzende im Einvernehmen mit den Verſicherungsanſtalten einen Mietsvertrag ſchließen kann, und ſo ſcheint ja die Sache auch auf⸗ gefaßt zu ſein in der Einleitung des Mietsvertrags, 579 in welchem ausdrücklich geſagt wird: Vertrag, geſchloſſen zwiſchen der Stadt Charlottenburg einerſeits und andererſeits dem Oberregierungsrat von Goſtkowski im Einvernehmen mit den Vor⸗ ſtänden der Landesverſicherungsanſtalten für die genannten Verſicherungsanſtalten als Mieter. Da iſt der Gedanke vertreten, als wäre wirklich für die Verſicherungsanſtalten ſelber einerſeits der Vorſitzende des Schiedsgerichts und anderer⸗ ſeits das Einvernehmen der Anſtalten genügend, um eine privatrechtliche Bindung herbeizuführen. Ich habe über die Bedeutung dieſer Beſtimmung mit verſchiedenen Juriſten, Privatrechtlern, wie auch namentlich Vertretern des Verwaltungsrechts, ge⸗ ſprochen und habe übereinſtimmend die Anſicht gefunden, daß dieſe Beſtimmung eine privatrechtliche Bedeutung nicht hat, daß in dem betreffenden Artitel nicht geſagt iſt, daß die genannten Organe die Verſicherungsanſtalten vertreten. Wenn dieſe Auffaſſung richtig iſt, würde ſich daraus ergeben, daß wir den Vertrag gar nicht mit den Landes⸗ verſicherungsgeſellſchaften geſchloſſen haben. Wollen wir dieſes Bedenken beſeitigen, ſo würde es nach meiner Meinung am beſten ſein, wenn von beiden in Frage kommenden Verſicherungsanſtalten der Vorſitzende des Schiedsgerichts bevollmächtigt würde, mit uns den Vertrag zu ſchließen. Es würde wohl auch der definitive Vertrag irgendeine diesbezügliche Klauſel enthalten müſſen, nach welcher die Bevollmächtigung ausdrücklich aus⸗ geſprochen iſt. Ob eine nachträgliche Zuſtimmung genügt, iſt nicht zweifelsfrei; ich glaube aber an⸗ nehmen zu können, daß ſie genügend wäre. Aber auch die müßte natürlicherweiſe urkundlich uns entgegentreten und, wie ich annehme, im Ver⸗ trage ſelber zum Ausdruck gebracht ſein. Ich würde alſo nur bitten, daß dieſe Rechts⸗ fragen, die für uns von der größten Bedeutung werden können, eingehend geprüft werden. Stadtſynditus Dr. Maier: Mit Rückſicht dar⸗ auf, daß die Angelegenheit noch in einem Ausſchuß erörtert werden wird, könnte ich von der Beant⸗ wortung der von Herrn Geheimrat von Liszt ge⸗ ſtellten Frage Abſtand nehmen. Ich möchte aber doch ganz kurz darauf eingehen, weil ja die Herren ſich ſelbſtverſtändlich fragen werden: iſt es denn überhaupt zweckmäßig und lohnt es ſich, in größere Verhandlungen einzutreten, wenn man nicht weiß, ob der Vertrag mit einem Kontrahenten abge⸗ ſchloſſen wird, der auch berechtigt iſt, derartige Verträge abzuſchließen. Dieſelben Bedenken, die Herr Geheimrat von Liszt hier vorgetragen hat, hatte auch ich bei Abfaſſung des Vertrages. Ich habe ſie dem Hern Oberregierungsrat von Goſtkowski vorgetragen und habe es meinerſeits abgelehnt, mit dem Schiedsgerichtsvorſitzenden als ſolchem den Vertrag abzuſchließen bzw. dem Magiſtrat oder den Gemeindekörperſchaften zu empfehlen, einen Vertrag lediglich auf Treu und Glauben mit ſeiner Perſon zum Abſchluß zu bringen. 7 (Stadtv. Dr von Liszt: Sehr richtig!) Auf meinen Vorſchlag iſt vielmehr in den Miets⸗ vertrag die Beſtimmung aufgenommen worden, daß der Mietsvertrag mit den Verſicherungs⸗ anſtalten abgeſchloſſen werden ſoll. Wir ſind von der Anſicht ausgegangen, daß, wenn der Ober⸗ regierungsrat von Goſtkowski einmal auf Grund ſeiner öffentlich⸗rechtlichen Befugnis auf Grund des § 107 des Invalidenverſicherungsgeſetzes und