Sitzung vom 22 ebenfalls keine Rede ſein kann und von einem Ohnmächtigwerden korrekterweiſe auch nicht ge⸗ ſprochen werden kann. Die Unterſuchung des Magiſtrats hat folgendes ergeben: Ein Knabe hatte einen Stein in einen Schneeball getan, dieſen einem vorüber⸗ gehenden Laufburſchen an den Kopf ge⸗ worfen und ihm eine Beule zu gefügt. Der Getroffene bezeichnete Willy Maaß als den Täter. Dafür erhielt Willy Maaß Schläge. Von einem Zerbrechen des Stockes hat keiner der vernommenen Knaben, auch Willy Maaß und Hans Maaß nicht, etwas geſagt. Richtig iſt, daß Willy Maaß ins Bett gebracht und mit Pain expeller eingerieben wurde, weil er angegeben hatte, es ſei ihm ſchlecht. Er iſt aber allein die Treppe hinaufgegangen und hat auch am nächſten Tage wieder die Schule beſucht. Ob ihm wirtlich ſchlecht geweſen iſt, war nicht feſtzuſtellen, auch vom Stoßen vor die Bruſt hat niemand etwas gewußt. Bei dieſem Falle entſpann ſich nun darüber eine Debatte, ob Willy Maaß der Täter geweſen iſt oder, wie Willy Maß ſelber behauptet, ein anderer Knabe namens Willy Schott. Dieſen Bedenken trug der Ausſchuß inſofern Rechnung, als er in ſeinen Beſchluß die Worte hineinnahm: „er erachtet die Züchtigung des eventuellen Täters als völlig berechtigt“. Dieſen Fall muß ich deswegen etwas genauer erörtern, weil es den Anſchein erwecken könnte, als hätte der Hausvater durch die Beſtrafung eines Falſchen ſein Züchtigungsrecht überſchritten. Ich möchte dabei darauf hinweiſen, daß die Angaben, daß der Willy Maaß nicht der Täter geweſen iſt, lediglich von dem Willy Maaß ſelbſt herrühren, und daß er nur durch ſeinen Bruder Hans Maaß unterſtützt wird. Sehr charakteriſtiſch dafür, in welches Licht die Glaubwürdigkeit dieſes Hans Maaß geſtellt wird, war ein Brief, der im Ausſchuß zur Verleſung gebracht wurde, der nach unſerer Plenarverſammlung an das Waiſen⸗ haus gekommen und dort aufgefangen worden war. Dieſer Brief war von einem Alfred Gondeck aus Brandenburg a. H. und enthält einen Paſſus, aus dem hervorgeht, daß bei dem letzten Aufenthalt des Briefſchreibers in Charlottenburg — und zwar muß dieſer letzte Aufenthalt am 23. November geweſen ſein — dem Briefſchreiber von Hans Maaß ſelbſt mitgeteilt worden wäre, er hätte ſich all das nur ſo ausgedacht — „daß er ſich nur dies aus⸗ geredet hat“, lauten die Worte des Briefſchreibers. — Aber ſelbſt angenommen, daß der Willy Maaß den Stein nicht in den Schneeball getan und nicht den Laufjungen getroffen hätte, ſo hätte er die Züchtigung, die durchaus im Rahmen des Züch⸗ tigungsrechtes geblieben iſt, wie feſtgeſtellt worden iſt, doch auf Grund folgender Tatſache verdient. Der Hausvater hatte mit den Kindern ge⸗ ſchneeballt und ihnen das Vergnügen der Be⸗ wegung und des Schneeballens verſchafft. Er mußte dann fortgehen und hatte den Knaben ſtreng befohlen, das Schneeballen zu unterlaſſen und ſich ins Haus zu begeben. Aus der Affäre mit dem durch einen Schneeball getroffenen Lauffungen ergab ſich, daß Willy Maaß dieſes Verbot über⸗ treten hatte. Alſo auch aus dieſem Grunde war, ſelbſt wenn man ſeine Täterſchaft nicht annimmt, die Züchtigung vollkommen berechtigt. Der Ausſchuß hat in dieſem Falle die Ver⸗ nehmung des Armenpflegers Wollmann, des .Dezember 1909 583 Waiſenvaters Richter, der Frau Maaß, des Hans Maaß und des Willy Schott abgelehnt. Bei dieſer Ablehnung ging er von der Anſicht aus, daß der Armenpfleger Wollmann und die Frau Maaß bereits ein Protokoll unterzeichnet hatten, das den ganzen Unterſuchungen des Magiſtrats und des Kuratoriums zugrunde lag, daß ferner die Frau Maaß nur durch ihre Kinder Willy und Hans über⸗ haupt etwas von dieſem Vorfall hat erfahren können. Es war alſo nicht anzunehmen, daß irgend etwas Neues, irgend etwas Gravierendes für den Lehrer Richter durch die beantragte Zeugen⸗ vernehmung hätte vorgebracht werden können, jedenfalls nichts ſo Gravierendes, daß man des⸗ wegen eo ipso ſofort in dieſem Falle auf ſchleunige Amtsentſetzung hätte erkennen müſſen. Es iſt alſo erklärlich, daß der Ausſchuß zu dem Beſchluß kam, der Ihnen gedruckt vorliegt, daß er dieſen Fall durch das Ergebnis der Unterſuchung als erledigt anſieht, daß er die Züchtigung des eventuellen Täters als vollſtändig berechtigt und den guten Glauben des Hausvaters als erwieſen erachtet. Ich gehe nunmehr zu dem Fall II1 über. In dieſem Falle lauten die Angaben der Antragſteller: Willy Maaß ſoll am 24. 6. 1909 mit dem Stiel eines Teppichausklopfers derart ge⸗ ſchlagen worden ſein, daß ſich der Geſchlagene vor Schmerz nicht rühren konnte. Die Schulter ſoll blau geweſen ſein, zwei Schwielen auf dem Kopf ſollen auch vorhanden ge⸗ weſen ſein, ſo daß darüber einige Waiſen⸗ mädchen aus eigenem Antriebe der Mutter des Knaben Bericht erſtatteten. Die Mutter des Knaben begab ſich zum Arzt Dr Roſenthal, der die Unterſuchung 4 Tage nach dem Vorfall vornahm und dar⸗ über dem Waiſenvater auch noch ſchriftlich Vorhaltungen gemacht haben ſoll. Das Ergebnis der Unterſuchung des Magiſtrats und des Kuratoriums, das auch in dieſem Falle von dem Ausſchuß als vollkommen erſchöpfend und be⸗⸗ weiſend angeſehen wurde, war folgendes: Die Jungen hatten etwas gefaulenzt, namentlich Willy Maaß, und als die Arbeit zu Ende ſein ſollte, hatten ſie noch nicht an⸗ gefangen. Als nun Frau Richter zu Willy ſagte, jetzt nimm die Teppiche ab, entgegnete der Junge in ſeinem Trotz: „nun gerad⸗ nicht.“ Darauf erhielt Willy Maaß vom Waiſenvater mit dem Teppichklopfer Schläge. Hingefallen iſt er nicht, hat vielmehr die Arbeit dann ausgeführt. Der Brief Dr Roſenthals wird verleſen, er enthält keine Vorhaltungen Richter gegenüber. (Stadtv. Hirſch: Stimmt aber nicht!) Meine Herren, auch in dieſem Falle iſt erwieſen, daß jedenfalls die Angabe der Antragſteller, daß der Geſchlagene ſich vor Schmerzen nicht rühren konnte, nicht richtig geweſen iſt. Der Ausſchuß⸗ beſchluß iſt auch inſofern vollkommen zutreffend, als in dem Briefe des Herrn Dr. Roſenthal keine Vorhaltungen Herrn Richter gegenüber enthalten ſind, daß etwa nach Anſicht des Arztes der Haus⸗ vater in dieſem Falle ſein Züchtigungsrecht über⸗ ſchritten hätte. Der Brief des Arztes Dr Roſen⸗ thal iſt zweimal im Ausſchuß verleſen und genau beſprochen worden. Er enthält meiner Meinung nach die loyale Mitteilung des Arztes an den Hausvater Richter über den Befund, den er erhoben hat; er enthält aber nichts davon, daß der Arzt der