Sitzung vom 22. ja wohl der Ausdruck —, prinzipiell in dieſem be⸗ ſonderen Falle nicht Folge geben könnte, ſondern daß ein Lehrer, der ja an ſich ſchon durch ſeine Berufstätigkeit zum Erzieher geeignet iſt, gerade die allererwünſchteſte Perſon für dieſe neben⸗ amtliche Stellung ſei. Ich weiß nicht, wieweit die Mehrheit des Ausſchuſſes ſich von dieſen letzteren Erwägungen hat leiten laſſen, oder wieweit ſie ſich davon hat leiten laſſen, daß durch die vorhergehenden Verhandlungen nichts gegen den Hausvater Richter erwieſen ſei und deshalb auch der zweite Antrag abzulehnen ſei — uns, wie geſagt, haben die Aus⸗ ſchußverhandlungen nicht zu dieſer Überzeugung gebracht, wir müſſen daher gegen den Antrag des Ausſchuſſes ſtimmen. 590 Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, die Aus⸗ führungen des Herrn Kollegen Borchardt haben mich außerordentlich in Erſtaunen geſetzt, (ſehr richtig! bei den Liberalen) und ich glaube, es wird manchem von Ihnen ſo gegangen ſein; die erſten Worte, die erſten Sätze, die er ſprach, in denen er uns durch eine etwas ſilbenſtecheriſche Logik beweiſen wollte, daß dieſer Mann, der in dem ſozialdemokratiſchen Antrage als „Gemeindeſchullehrer Richter“ bezeichnet worden iſt, nun plötzlich mit dem Magiſtrat überhaupt nichts zu tun hat, kein ſtädtiſcher Beamter wäre, werden Sie wohl alle etwas verwundert haben. Ich habe mich jedenfalls der Beweiskraft dieſer Darlegung in keiner Weiſe anſchließen können. Und das übrige, was Herr Kollege Borchardt hier vorgebracht hat, iſt eigentlich trotz aller, ich möchte beinahe ſagen, auf Stelzen gehenden Logik nichts anderes geweſen als ein Rückzugs⸗ gefecht; er hat es nicht verdecken können, daß aus der Fanfare, die Herr Kollege Zietſch hier in der vorigen Sitzung geblaſen hat, nun eine ſehr deutliche Schamade geworden iſt. Ich könnte mich mit dieſem Reſultat, mit der indirekten Zuſtimmung zum Urteil des Ausſchuſſes zufrieden erklären; ich fände es aber ſehr viel richtiger, wenn die Herren von der ſozialdemokratiſchen Partei offen erklärten: Nun, meine Herren, wir haben uns allerdings überzeugen müſſen, daß die Beweis⸗ kraft unſeres Materials nicht ſo bedeutend iſt, wie wir geglaubt haben, und wir ſehen ein, daß wir uns in der Form und in dem Inhalt unſeres Antrages geirrt haben. Was Herr Kollege Borchardt nun heute noch für den Antrag ausgeführt hat, iſt, weiß Gott, ſehr belanglos. Ich kann nicht und will nicht nach dem ausführlichen und eingehenden Referat des Herrn Kollegen Röthig hier noch einmal auf alle Einzel⸗ heiten, die er vorgebracht hat, eingehen; nur darauf möchte ich hinweiſen, daß Herr Kollege Borchardt heute umgekehrt deduziert, als es in der erſten Sitzung geſchehen. Neulich hat man aus dem erſten Teil des Antrages die Notwendigkeit des zweiten Teiles des Antrages begründen wollen; heute lautet die Weiſe umgekehrt: weil der zweite Teil des Antrages richtig iſt, deshalb ſoll nun auch der erſte Teil richtig ſein, oder eigentlich vielmehr: weil es natürlich iſt, daß dasjenige vorkommt, was im erſten Teil behauptet worden iſt, deshalb muß man den zweiten Teil beſchließen. Meine Herren, das iſt doch gar keine Logit, dafür habe ich gar kein Verſtändnis. Nun möchte ich nur noch des näheren auf gibt. den Fall vII eingehen. Das iſt der einzige Fall, Dezember 1909 von dem Herr Kollege Borchardt hier eingehend geſprochen hat, und aus dem heraus er noch die Richtigkeit ſeiner Anſicht begründen will. Der Fall VII iſt: Die Knaben Maaß haben ſich in der Anſtalt unglücklich gefühlt durch die zurückſetzende Be⸗ handlung. Worin hat nun die zurückſetzende Behandlung ſeitens des Lehrers Richter nach jener Zeit beſtanden? Sie hat darin beſtanden, daß ſie auf Veranlaſſung des Vorſitzenden des Kurato⸗ riums überhaupt nach jener Zeit körperlich nicht mehr geſtraft werden durften. Daß ſie das als eine beſondere Zurückſetzung aufgefaßt haben, (Heiterkeit) 7 das glaube ich nicht. Und im übrigen haben ſie ſich deswegen zurückgeſetzt gefühlt, weil ſie aus⸗ geſondert geweſen ſind von den andern. Ja, warum ſind ſie ausgeſondert geweſen? Weil nach dem Vielen, was vorgekommen iſt, nach den vielen Unterſuchungen, die ſich abgeſpielt haben, die Majorität der anderen Kinder, insbeſondere die Mädchen, von dieſen Ruheſtörern, will ich ſie mal nennen, abgerückt ſind. Wenn ſie da ſich unglücklich gefühlt haben, haben ſie eben geerntet, was ſie geſät haben, und darüber können ſie ſich nicht beklagen. Ich glaube, der Fall iſt jetzt wohl ziemlich eingehend und bis in alle Einzelheiten beſprochen, und mögen Sie auch — ich behalte mir vor, darauf zurückzukommen, wenn Sie dieſes oder jenes vorbringen — mögen Sie auch gegen den Aus⸗ ſchuß weitere Angriffe erheben, wie ſie von Herrn Kollegen Borchardt in ziemlich verſteckter Weiſe vorgebracht ſind, er hat den Erhebungen des Ausſchuſſes keine ſehr beweiſende Kraft beigelegt; warum, hat er nicht geſagt, und deshalb kann ich auch nicht darauf eingehen. Es wird ja auch nach manches vorgebracht werden; ich glaube aber, nach den eingehenden Unterſuchungen, die der Ausſchuß angeſtellt hat, nach den eingehenden Unterſuchungen, die vom Kuratorium angeſtellt ſind, und die auch die Vertreter des Magiſtrats vorgenommen haben, dürfte wahrſcheinlich für die Majorität der Verſammlung dieſer Fall geklärt ſein. Ich halte es auf der anderen Seite auch an der Zeit, im Intereſſe der Stadt und auch im Intereſſe des Richterſchen Ehepaares, daß wir endlich einmal zu einem Abſchluß kommen. Und damit die Verſammlung zu einem ſolchen kommen kann, möchte ich hier, gleichzeitig im Namen einer ganzen Reihe meiner Freunde und auch im Namen anderer Parteien, Ihnen einen Antrag unterbreiten, der Ihnen die Möglichkeit der Beſchlußfaſſung und damit der Beendigung dieſer Verhandlung Dieſer Antrag ſchließt ſich genau an den Wortlaut des Ausſchußbeſchluſſes an, und ich möchte ihn ganz kurz verleſen: Die Stadtverordnetenverſammlung nimmt davon Kenntnis, daß die von dem Ausſchuſſe vorgenommene Prüfung auch nicht den ge⸗ ringſten Anhalt dafür ergeben hat, daß der Hausvater Lehrer Richter ſich eine der ihm zur Laſt gelegten Handlungen zuſchulden kommen laſſen oder überhaupt gegen die ihm als Hausvater obliegenden Pflichten irgendwie verſtoßen hat. Die Stadtverordnetenverſammlung gibt ihrem tiefen Bedauern über die unverdiente öffentliche Kränkung Ausdruck, die einem ſtädtiſchen Beamten durch Form und Inhalt des Antrages der Stadtv. Bartſch und Ge⸗ noſſen zugefügt worden iſt.