Sitzung vom 22. Intentionen gehandelt, als er das Stenogramm meiner Worte vorhin vorgeleſen hat. Ich habe bei den Worten des Herrn Kollegen Zietſch gar nicht verſtanden, worauf er eigentlich hinzielte; das iſt mir erſt nachträglich hier aus der Bemerkung des Herrn Stadtverordnetenvorſtehers klar geworden. Meine Herren, ich glaube, ich kann Ihnen die Ver⸗ ſicherung geben, daß ganz abgeſehen von dem, was hier durch das Stenogramm erwieſen iſt, es mir ferngelegen hat und ſtets fernliegen wird, von irgend⸗ einem Mitgliede der Stadtverordnetenverſammlung mit einem Zeichen minderer Hochachtung oder ſonſt in irgendeiner Weiſe auszudrücken, daß ich es nicht für ganz voll nähme und ſeine Anſicht nicht eben ſo hoch achte wie meine Überzeugung. Ich glaube, das können Sie mir wohl glauben. Inſofern — da Herr Kollege Zietſch von meinem Ton geſprochen hat —, glaube ich, bin ich allerdings Herr eines guten Tones, und ich erwarte nun auch von Herrn Kollegen Zietſch, daß er nach dieſer Aufklärung die Verdächtigung, den Vorwurf — es war nach einer gewiſſen Richtung eine Verdächtigung —, den er über meine Rede gefällt hat, zurücknehmen wird. Im übrigen will ich mich auf folgende Be⸗ merkung beſchränken. Herr Kollege Zietſch hat aus dem Stenogramm meiner erſten Rede dedu⸗ zieren wollen, ich wäre bereits voreingenommen in dieſe Verſammlung gegangen, weil ich von einer „Iſt“⸗ und einer „Soll“⸗Angabe in dieſer Sache geſprochen hätte. Wenn Herr Kollege Zietſch ſich erinnert, daß er jeden Satz mit „ſoll“ anfing, und daß Herr Stadtrat Samter immer mit einem „iſt“ antwortete, ſo wird er ſich wohl ſelbſt ſagen können, daß dieſe Möglichkeit des Gedankenganges eben nur durch das gegeben war, was in der Sitzung ſich abgeſpielt hatte. Und nun, Herr Kollege Zietſch, haben Sie mit einer gewiſſen Emphaſe ausgeſprochen: Sie werden ſich durch alle Erklärungen, und mögen ſie noch ſo ellenlang ſein, wie ſie wollen, nicht das Recht nehmen laſſen, eine Kritik auszuüben. Es hat auch wohl niemand geglaubt, daß er Sie in dieſem Rechte beſchränken könnte oder wollte. Kritiſieren Sie, ſoviel Sie wollen! Aber, meine Herren, klagen Sie nicht an, ohne irgendwelche Beweiſe zu haben! Aber auch das haben Sie getan. Vorſteher Kaufmann: Meine Herren, es iſt ein erneuter Antrag auf Schluß der Debatte von Herrn Kollegen Jachmann geſtellt. Ich bitte die⸗ jenigen Herren, die für den Schluß der Debatte ſind, die Hand zu erheben. (Geſchieht.) Das iſt die Mehrheit. Der Schluß der Debatte iſt angenommen. (Der Berichterſtatter Stadtv. Dr Röthig verzichtet auf das Schlußwort.) Stadtv. Zietſch (perſönliche Bemerkung): Nach⸗ dem Herr Kollege Frentzel erklärt hat, daß es ihm ferngelegen habe mit ſeiner Bemerkung, uns als den „Winkel in der Stadtverordnetenverſammlung“ zu bezeichnen, nehme ich ſelbſtverſtändlich die darauf bezügliche Stelle meine Rede zurück. Ich habe mich noch mit einer perſönlichen Be⸗ merkung gegen Herrn Kollegen Meyer zu wenden. Herr Kollege Meyer hat geſagt: warum hat denn nun Herr Kollege Zietſch nicht noch neues Material hier in der heutigen Sitzung vorgebracht, nachdem er ſein weiteres Material in der Ausſchußberatung Dezember 1909 599 zurückgezogen hat? Herr Kollege Meyer hat meiner Auffaſſung nach da nicht ſo loyal gehandelt, wie er hätte handeln können, nachdem ihm der Gang der Debatte (Stadtv. Dr Crüger: Perſönlich!) — das iſt perſönlich, Herr Kollege Crüger! Warten Sie doch ab, was ich ſagen werde. (Stadtv. Dr Crüger: So, alſo abwarten?!) — Sie ſind doch nicht Vorſteher! Pfuſchen Sie doch nicht immer andern Leuten ins Handwerk! (Heiterkeit.) Borſteher Kaufmann (unterbrechend): Herr Kollege Zietſch, Sie ſind nicht berechtigt, von einem Kollegen zu ſagen, daß er nicht loyal verfahren habe. Wenn Sie ſagen, daß er nicht ſo loyal ver⸗ fahren habe, wie er hätte verfahren ſollen, ſo iſt das der Vorwurf der Illoyalität, und dieſen Vorwurf muß ich zurückweiſen. Stadtv. Zietſch (fortfahrend): Ich bin dazu gekommen, weil Herr Kollege Meyer ſich gewundert hat, daß ich weiteres Material auch heute nicht vor⸗ gebracht hätte. Darf ich aber die vom Herrn Vor⸗ ſteher beanſtandete Redewendung nicht gebrauchen, dann muß ich Herrn Kollegen Meyer einer ge⸗ wiſſen Gedankenſchwäche zeihen — das wird jedenfalls gegen die Ordnung nicht verſtoßen —; denn Herr Kollege Meyer weiß, daß ich im Aus⸗ ſchuß auf Wunſch ſeiner Freunde erklärt habe: Ich halte es für ſelbſtverſtändlich, daß ich, nachdem ich weiteres Material im Ausſchuß nicht vorbringe, es auch im Plenum nicht tun werde. Deshalb wunderte mich die heutige Aufforderung des Herrn Kollegen Meyer um ſo mehr. Stadtv. Dr. Borchardt (perſönliche Bemer⸗ kung): Ich wollte lediglich Herrn Kollegen Meyer bitten, das Stenogramm meiner Rede vielleicht in einigen Wochen, wenn er ruhiger iſt, (Heiterkeit) zu leſen. Er wird dann finden, daß von einer ſophiſtiſchen Verſchiebung des Beweisthemas bei mir keine Rede ſein kann, ſondern daß ich von Anfang bis zu Ende ganz klar und deutlich zur Sache geſprochen habe, und vielleicht findet er dann auch, daß das, was ich ausführte, nicht ganz ſo intereſſelos iſt, ſondern mindeſtens ſo intereſſant wie die Selbſt⸗ verſtändlichkeiten, die er anführte, daß ein Richter unbeeinflußt und unvoreingenommen ſein müſſe. Stadtv. Meyer (perſönliche Bemerkung): Ich möchte Herrn Kollegen Zietſch erwidern, daß ich mich allerdings entſinne, daß Herr Kollege Zietſch bereits im Ausſchuß auf unſere Frage erklärt hat, er würde neues Material hier nicht vorbringen. Ich nehme, ſoweit ein Vorwurf in meinen Worten gelegen hat, ihn inſofern zurück, als ich meine Feſtſtellung darauf beſchränke, daß weiteres Material durch die Herren Antragſteller im Aus⸗ ſchuſſe nicht vorgelegt worden iſt. Herrn Kollegen Borchardt bemerke ich, daß ich, ſobald das Stenogramm vorliegen wird, mich mit voller Begeiſterung auf ſeine Rede ſtürzen werde, aber nicht glaube, zu einer andern Auf⸗ faſſung zu gelangen als zu der, die ich bei ſehr aufmerkſamem Zuhören hier gewonnen habe, bei einem Zuhören mit jener Aufmerkſamkeit, wie ſie allen Außerungen des Herrn Kollegen Borchardt von mir dargebracht wird. (Heiterkeit.)