Sitzung vom 22. Dezember 1909 mir den Vorſchlag erlauben, Pferde⸗Omnibus⸗ linien mit 5 Pf.⸗Teilſtrecken, die ſich ſeit Jahrzehnten in Berlin ſo außerordentlich bewährt haben, verſuchs⸗ weiſe einzurichten, und zwar vom Amtsgerichtsplatz uber Charlottenburger Bahnhof, Kant⸗, Wilmers⸗ dorfer Straße, Wilhelmsplatz, Berliner Straße bis zum Zoologiſchen Garten uſw.; dann eine andere Linie von der Danckelmann⸗ und Votsdamer Straßen⸗Ecke aus durch die Potsdamer — Scharrn⸗ ſtraße—Wilhelmsplatz—Berliner Straße — March⸗ ſtraße—Moabit uſw. Dieſe beiden Linien, meine Herren, verbinden u. a. Wohn⸗ u. Arbeiterzentren mit Geſchäfts⸗ oder Fabrikgegenden und dürften allſeitigen, berechtigten Wünſchen entſprechen. Ich möchte den Magiſtrat bitten, bei Ge⸗ legenheit ſeiner Verhandlungen, die nach ſeiner Antwort zu einem endgültigen Ergebnis noch nicht geführt haben, dieſe beiden Linien ernſtlich in Er⸗ wägung zu ziehen. Stadtſynditus Dr. Maier: Meine Herren, wenn man mit „Energie“ Straßenbahnen und Omnibuſſe bauen könnte, ich glaube, wir würden außerordentlich viele Verbindungen in Charlotten⸗ burg haben. Aber leider iſt bisher das Rezept, in dieſer Form derartige Verbindungen zu ſchaffen, noch nicht erfunden. (Stadtv. Braune: 5⸗Pf.⸗Teilſtrecken iſt die Haupt⸗ ſache!) Herr Braune, die Frage mit den 5⸗Pf.⸗Teil⸗ ſtrecken iſt nicht ſo einfach, wie Sie es ſich vorſtellen. — Wir haben nicht über die Verkehrsgeſellſchaften ſo zu disponieren, daß ſie lediglich nach unſern Wünſchen neue Verkehrsverbindungen einrichten, ſondern wir müſſen daran denken, daß, wenn wir neue Verkehrsverbindungen ohne Beſchwernis des Stadtſäckels ſchaffen wollen, wir auf das gute Ein⸗ vernehmen mit den Geſellſchaften angewieſen ſind. Wir werden uns wahrſcheinlich in ſehr kurzer Zeit mit einem Vertrage über die Einrichtung einer neuen Straßenbahnlinie zu beſchäftigen haben, und Sie werden ja dann die Rechnung präſentiert be⸗ kommen, i die beweiſt, was es koſtet, eine derartige Linie auf ſtädtiſches Riſiko einzurichten. Wenn Sie dann nachher noch Geſchmack daran finden werden, recht viele Linien, wie ſie Herr Dr Stadthagen vor⸗ geſchlagen hat, auf ſtädtiſches Riſiko einzurichten, dann werden wir erwägen, ob es in der Tat möglich ſein wird, unſern Etat mit derartigen Ausgaben weiter zu belaſten. Das gilt insbeſondere für eine Linie nach dem Fürſtenbrunner Weg. Der Bau einer ſolchen Linie, ſei es für den Straßenbahn⸗ oder Omnibusverkehr, auf unſer Riſiko, würde unſern Etat außerordentlich belaſten. Der unrentabelſte und ſchlechteſte Verkehr iſt der ſogenannte Gelegenheits⸗ und Zufälligkeits⸗ vertehr, der ſich nach den Friedhöfen hin bewegt. (Zuruf: Rixdorf, Britz!) Die Straßenbahnen ſcheuen ſich, einen derartigen Verkehr einzurichten. Seit Jahren ſind wir darauf bedacht, ſpeziell die Linie 64, die quer durch unſer Stadtgebiet führt, nach dem Fürſtenbrunner Gebiet zu leiten. Es gelingt leider nicht. Ich erinnere auch an die Schaffung einer Verkehrsverbindung durch die Kaiſer⸗Friedrich⸗Straße! Ich kann Sie ver⸗ ſichern, daß ſehr viel Zeit, Arbeit und Energie auf⸗ gewandt worden iſt, um die Sache endlich unter Dach und Fach zu bringen. Ein völlig befriedigen⸗ ſich des Reſultat iſt auch jetzt noch nicht erreicht. Ein 601 Ergebnis wird auch nur bei Ubernahme der Koſten⸗ garantie durch die Stadt erzielt werden können. Zu den einzelnen Anregungen, die Herr pr Stadthagen gegeben hat, will ich mich im Augen⸗ blick nicht äußern. Das würde zu weit führen. Eine neue Linie durch die Kneſebeckſtraße zu bauen, würde, glaube ich, auf erheblichen Widerſtand bei den Kleinbahnaufſichtsbehörden ſtoßen. Und mit Recht! Wir können nicht in alle Straßen Straßen⸗ bahnlinien hineinlegen. Es müſſen auch Straßen da ſein, wo die Leute fern vom Straßenbahngeräuſch ruhig wohnen können. Ob eventuell an Stelle der durch die Kneſebeckſtraße angeregten Verbindung nach Moabit eine Linie durch die Grolmanſtraße, wo ſich bereits eine Straßenbahn befindet, in Betracht kommt — auch dieſe Frage wird ſtändig erörtert, und es fanden wiederholt Verſammlungen mit den Vertretern der betreffenden Straßenbahn⸗ geſellſchaften bzw. der Omnibusgeſellſchaft ſtatt. Wenn bisher kein Reſultat erzielt worden iſt, meine Herren, ſo liegt das nicht an der mangelnden Enerige, auch nicht daran, daß nicht hinreichende und ſachgemäße Verhandlungen ſtattgefunden haben, ſondern an dem guten Willen der beteiligten Geſellſchaften. Den Straßenbahngeſellſchaften gegenüber haben wir zwar ein Recht auf Bau von neuen Strecken; wir können verlangen, daß ſie uns jede neue Strecke bauen, aber immer auf unſer Riſiko. Die Übernahme dieſes Riſikos müſſen wir uns ſehr überlegen. Die UÜbernahme der Koſten auf die Stadt iſt nur dort begründet, wo eine zwingende Notwendigkeit für eine Verkehrs⸗ einrichtung beſteht, und wo die Verkehrseinrichtung nicht anders zu erlangen iſt. Wenn auch aus dem Reſſort der Tiefbaudeputation, was bisher noch niemals geſchehen iſt, mit großen Rechnungen für Einrichtung von Straßenbahnen und Omnibuſſen an Sie herangetreten würde, wäre es mir nicht verſtändlich, wie Sie den Etat mit den bisherigen Steuerzuſchlägen balanzieren wollen. Ich halte es zwar für ſehr erwünſcht, wenn die Stadtverordnetenverſammlung in Übereinſtimmung mit dem Magiſtrat ihre Wünſche den Straßenbahn⸗ geſellſchaften gegenüber ausſpricht, daß ſie für die Verkehrsverbeſſerung zu ſorgen haben, daß ſie gegenüber den Rechten, die ſie beſitzen, auch an ihre Pflichten denken müſſen. Aber, meine Herren, ich glaube nicht, daß wir ſoweit gehen können, ein⸗ fach den Grundſatz zu proklamieren, daß, wenn die Straßenbahngeſellſchaften ſich ſträuben, die Stadt die gewünſchten Verbindungen auf ihre Koſten baut. Wir müſſen vielmehr darauf bedacht ſein, wenn irgend möglich, die Verkehrswünſche im Ein⸗ vernehmen mit den Verkehrsgeſellſchaften zu er⸗ ledigen, und ich glaube und hoffe, daß auch Herr Dr Stadthagen das eigentlich im Auge gehabt hat. Daß bei den Verhandlungen mit den Geſellſchaften es an Energie nicht mangeln ſoll, kann ich verſichern. Stadtv. Braune: Der Herr Syndikus hat ſich nicht über meine Anregung, verſuchsweiſe dieſe von mir vorgeſchlagenen beiden Omnibus⸗ ſtrecken mit 5⸗Pf.⸗Tarif und Pferdebetrieb ein⸗ zurichten, ausgeſprochen, verſuchsweiſe für zwei ſehr bevölkerte Stadtgegenden, wodurch viel⸗ ſachen Wünſchen entgegengetommen würde. Dieſe Wünſche, meine Herren, hören Sie in unſerer ganzen Stadtbevöllerung. Ich meine doch, was ich in Berlin ſeit Jahrzehnten als außerordentlich prattiſch bewährt hat, dürfte in Charlottenburg ſich,