2 a. D. Dr Paul Liepmann — Telegraphenſekretär Erich Marquardt — Handelsrichter Heinrich Mar⸗ zahn — Kaufmann Ernſt Walther — Hoftonditor Louis Weiſe. Sie alle, meine ſehr verehrten Herren, begrüße ich im Namen der ſtädtiſchen Verwaltung Char⸗ lottenburgs auf das herzlichſte, Sie, die alten Veteranen der kommunalen Arbeit, über deren Wiederwahl wir uns herzlich gefreut haben, bei Ihrem Wiedereintritt, Sie, die übrigen Herren, bei Ihrem Neueintritt in Ihr Amt als Stadt⸗ verordnete. Eine reiche Fülle von Arbeit harrt Ihrer, meine ſehr geehrten Herren. Die Aufgaben, die die neuere Zeit der kommunalen Tätigkeit in allen Großſtädten und insbeſondere auch in Charlotten⸗ burg zuweiſt, wachſen und mehren ſich von Jahr zu Jahr. Hier gibts keinen Stillſtand, hier gilt ein immerwährendes Vorwärtsdrängen. Manches haben wir bei uns erreicht, vieles, ſehr vieles iſt noch zu erringen. Die Aufgaben, die uns geſtellt werden, werden größer nicht nur an Zahl, ſondern ſie werden auch immer größer an innerer Bedeutung. Das gilt, meine geehrten Herren, faſt von allen Gebieten unſerer kommunalen Tätigkeit: von dem Gebiete der Schulverwaltung, die uns ſo eng am Herzen liegt; von dem Gebiete der Armenverwaltung; der Krankenhausverwaltung; von unſerer Arbeit auf dem ſozialpolitiſchen Gebiete und auf dem Gebiete der Hygiene; ſowie auf dem Verkehrs⸗ gebiete; das gilt von unſerem Verhältnis nach innen: was unſere Finanztätigkeit, was unſer Steuergebiet anbetrifft, von unſerm Ver⸗ hältnis zu dem immer größer werdenden Heer von ſtädtiſchen Arbeitern und Beamten; das gilt auch von unſerm Verhältnis nach außen: zur Provinz und vor allem zu Groß⸗Berlin, einer Frage, die mit dem jährlichen Wachſen der Vororte immer ſchwieriger und verwickelter wird, und die einer endlichen Löſung immer zwingender entgegen⸗ drängt. Meine verehrten Herren, wir ſind hier in Char⸗ lottenburg daran gewöhnt, die Aufgaben, die an uns herantreten, mit energiſchem Willen und friſcher Tatkraft anzugreifen und, den Blick immer nach vorwärts gerichtet, zur Löſung zu führen. Fortſchritt heißt die Parole, unter der wir dienen und arbeiten. Laſſen Sie mich, meine ſehr geehrten Herren, die zuverſichtliche Hoffnung aus⸗ ſprechen, daß Sie alleſamt gewillt ſind, unter dieſer alten Parole auch in Zukunft mit uns zuſammen ſich in gemeinſamer Arbeit zuſammenzufinden und zuſammenzuſtehen. Dann wird unſere Arbeit eine gute ſein, eine glückliche für unſere geliebte Stadt und eine befriedigende für jeden von uns. In dieſer Hoffnung und mit dieſem Appell an unſere gemeinſame Zukunft der nächſten Jahre verpflichte ich Sie, meine Herren, durch Handſchlag an Eides⸗ ſtatt auf treue und gewiſſenhafte Führung Ihres Amtes. (Der Handſchlag erfolgt.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Hochgeehrte Herren! Geſtatten Sie, daß ich auch von dieſer Stelle aus ein Wort der Begrüßung an Sie richte. So liberal unſere Meinungen, Geſinnungen und Beſchlüſſe ſein mögen, in unſerem Herzen hegen wir doch ein ſtarkes konſervatives Gefühl: wir freuen uns nämlich, alte Freunde und Kollegen hier wieder bei uns zu ſehen, und heute haben wir die beſondere Sitzung vom 5. Januar 1910 Freude, daß eine ſtattliche Reihe ſolcher alten Freunde und Kollegen in dieſen Saal zu gemein⸗ ſamer Arbeit wieder einzieht. An der Spitze der⸗ ſelben begrüßen wir unſeren hochverehrten Herrn Vorſteher, deſſen Umſicht und Sachlichkeit, deſſen praktiſchen Blick und, wie er ſelbſt ſich einmal charakteriſiert hat, fröhlichen Optimismus wir ſo oft haben erfolgreich wirken ſehen. 2 (Bravo!) Ich rufe ihm ein herzliches Willtommen zu und be⸗ grüße die wiedergewählten Herren mit dem herz⸗ lichen Wunſche, daß ihre neue Wahlperiode ihnen ebenſoviel Befriedigung und Freude an der Arbeit bringen möge wie die alte. Mit einem beſonderen Glückwunſch wende ich mich an die Herren, die heute zum erſten Male als Vertreter der Bürgerſchaft ſich in dieſem Saale verſammelt haben. Meine hochgeehrten Herren, Sie werden viele Opfer an Zeit und Freiheit bringen müſſen; unſere Sitzungen ſind oft ſehr lang: es kommt vor, daß wir Mittwoch Abend beginnen und Donnerstag früh enden. 75 (Heiterkeit.) Aber auch ſonſt werden Ihre freien Abende oft in Anſpruch genommen werden; wir pflegen viele Ausſchüſſe einzuſetzen zur Vorberatung der Vor⸗ lagen, und dieſe Ausſchüſſe pflegen ſo gründlich zu arbeiten, daß ſie mit einer Abendſitzung ſelten fertig werden. Aber für alle Opfer an Zeit und Freiheit, die Sie bringen, entſchädigt Sie das ſchöne Bewußtſein, im Ehrendienſte eines großen Gemein⸗ weſens zu ſtehen und mitzuwirken an dem Wohle und dem Gedeihen unſerer lieben Stadt Charlotten⸗ burg. Es mag ein ſtolzeres Gefühl ſein, Mitglied des Reichstags oder des Landtags zu ſein; aber ich glaube, mehr innere Befriedigung und mehr wahre Herzensfreude gewährt das beſcheidenere Los eines Stadtverordneten. Hier arbeitet man in engeren Grenzen; aber was geſchaffen wird, das tritt deut⸗ licher, greifbarer, anſchaulicher in der Verwirk⸗ lichung vor die Augen und der Saat folgt ſchneller die Ernte. (Sehr richtig!) Wer in den letzten 20 Jahren Mitglied dieſer Ver⸗ ſammlung geweſen iſt, der hat Jahr für Jahr wahr⸗ nehmen können, wie infolge der Beſchlüſſe des Magiſtrats und der Stadtverordneten die Geſtalt und das Weſen, der Charakter und das Ausſehen unſerer Stadt allmählich völlig umgewandelt worden iſt. Und noch eins: das moderne viel⸗ geſtaltige Kulturleben entfaltet ſich hauptſächlich reich in den Großſtädten; hier entſtehen immer neue Probleme und Aufgaben, deren Löſung von Be⸗ deutung iſt weit über das Weichbild der einzelnen Stadt hinaus. Jede glückliche Löſung wirkt vor⸗ bildlich weiter und trägt bei zur Förderung der all⸗ gemeinen nationalen Wohlfahrt und Geſittung. Und eine Ehre und eine Freude iſt es, teilzunehmen an ſolcher Förderung in einer Stadt, in der ideen⸗ reiche Männer in der Verwaltung tätig ſind, und die leiſtungsfähig genug iſt, fruchtbare Gedanken in großzügiger Weiſe zu verwirklichen. (Bravo!) So heiße ich Sie denn, meine hochverehrten Herren, zur gemeinſamen Arbeit im neuen Jahre herzlich willkommen. (Lebhafter Beifall.) Wir kommen zu Punkt 2 der Tagesordnung: