14 Sitzung vom 19. Januar 1910 11. Die Angelegenheiten der unter Aufſicht des Provinzial⸗Schulkollegiums ſtehenden höheren Mädchenſchulen werden einer auf Grund des § 59 der Städteordnung zu bildenden Depu⸗ tation für das höhere Mädchenſchulweſen übertragen. 4 Dieſe Deputation ſoll beſtehen aus 4 Mit⸗ gliedern des Magiſtrats und § von der Stadt⸗ verordnetenverſammlung zu wählenden Mit⸗ gliedern, von denen 6 Stadtverordnete ſein müſſen. Die von der Stadtverordnetenverſammlung gewählten Mitglieder ſcheiden nach 6 Jahren aus. Am Ende des dritten Kalenderjahres nach Vornahme der erſten Wahl ſcheiden 4 von der Stadtverordnetenverſammlung gewählte Mitglieder aus. Die Direktoren der ſtädtiſchen höheren Mädchenſchulen werden zu den Sitzungen mit beratender Stimme zugezogen. Auch bleibt es der Deputation überlaſſen, ſonſtige geeignete Perſönlichkeiten zuzuziehen.) Vorſteher Kaufmann: Das Protokoll der heutigen Sitzung bitte ich die Herren Kollegen Marzahn, Mosgau und Münch zu vollziehen. Wir kommen nun zu Punkt / der Tages⸗ ordnung: Bericht des Ausſchuſſes über die Vorlage betr. Errichtung und Vermietung eines Schiedsgerichts⸗ gebäudes auf dem Grundſtück Berliner Str. 11 12. — Druckſachen 384 von 1909 und 8. Berichterſtatter Stadtv. Dzialoszynski: Meine Herren, im Ausſchuß wurden drei Fragen erörtert. In erſter Linie die Rechtsfrage, wer denn als Gegenkontrahent anzuſehen bzw. ob der Vor⸗ ſitzende des Schiedsgerichts, mit welchem wir kon⸗ trahieren, berechtigt und in der Lage ſei, dieſen Gegenkontrahenten zu vertreten. Die Frage wurde auf das eingehendſte erörtert. Von einer Seite wurden die Bedenken, welche in der Plenarſitzung ſchon geltend gemacht wurden, wiederholt und noch unterſtrichen. Schließlich hat der Ausſchuß, welcher voll beſetzt war, mit allen gegen dieſe eine Stimme. ſich auf den Standpunkt geſtellt, daß Koſtenträger und berechtigter Gegenkontrahent die Landes⸗ verſicherungsanſtalt ſei, daß gemäß § 107 Abſ. 3 des Invalidenverſicherungsgeſetzes der Vorſitzende des Schiedsgerichts berechtigt ſei, im Einvernehmen mit dem Vorſtande der Verſicherungsanſtalt mit uns zu kontrahieren, daß aber, falls dieſes Einver⸗ nehmen ucht zu erzielen ſei, ein Vertragsſchluß möglich und rechtsverbindlich ſei, wenn dieſes mangelnde Einvernehmen durch die Entſcheidung der Landeszentralbehörde des Bundesſtaates er⸗ ſetzt werde, in welchem der Sitz des Schiedsgerichts gelegen ſei. Dementſprechend iſt dann die Vorlage beziehentlich der Vertragsentwurf geändert worden. Es ſind, wie Sie aus dem Bericht erſehen, in der Einleitung des Mietsvertrages die Worte hinzu⸗ geſetzt worden: „oder bei mangelndem Einver⸗ nehmen auf Grund Entſcheidung der Landes⸗ zentralbehörde“. Dieſe Worte ſind hinter das Wort „Verſicherungsanſtalten“ des urſprünglichen Ent⸗ wurfes geſetzt worden. Ich empfehle Ihnen, dieſe Stellungnahme des Ausſchuſſes zu genehmigen. Es iſt ferner der § 5 des Mietsvertrages er⸗ örtert worden, in welchem ausgeſprochen iſt, daß, falls durch höhere Gewalt, Streit, Ausſperrung oder durch Umſtände, die nicht durch die Stadt verſchuldet ſind, eine Verzögerung des Baues ein⸗ tritt, die Friſt zur Überlaſſung des Grundſtücks an das Schiedsgericht ſich entſprechend verlängert. Man hat gemeint, daß hierdurch eine Streikklauſel konſtituiert ſei. Als die Erklärung dahin gegeben wurde, daß das keineswegs eine Streikklauſel ſei, daß dieſe Beſtimmung lediglich einen Schutz der Stadt als Vermieterin darſtelle gegenüber dem Mieter im Falle eines Streiks, gleichviel ob der Streik berechtigt ſei oder nicht, wurde dieſes Be⸗ denken fallen gelaſſen. Die dritte Frage, welche erörtert wurde, war die Frage, ob denn der Vertrag jetzt ſchon mit der Verpflichtung belaſtet werden ſolle, einem be⸗ ſtimmten Architekten die Ausführung des Bau⸗ entwurfes zu übergeben. Wie widerſpruchslos in der Verſammlung anerkannt worden iſt, beſteht der hauptſächlichſte Reiz für die Gemeindebehörden Charlottenburgs, dieſe komplizierten Verträge ab⸗ zuſchließen, darin, daß uns daran liegt, ein beſonders monumentales Bauwerk an dieſer prominenten Stelle zu erhalten. Es wurde dementſprechend ver⸗ langt, daß die Bauentwürfe dem Ausſchuß vorge⸗ legt werden ſollten. Es wurden dem Ausſchuß auch in der Tat eine Grundrißzeichnung und eine Faſſadenſkizze vorgelegt, aber mit dem Hinzufügen, daß dieſe Zeichnungen keinesfalls endgültig ſeien; es ſei ein vorläufiger Entwurf, welcher noch ſorg⸗ fältiger und eingehender in dem Atelier des be⸗ treffenden Architekten ausgearbeitet werde, welcher die Vorarbeiten übernommen habe. Mit Rückſicht darauf, daß der Ausſchuß nicht in der Lage war, ſich ein Urteil zu bilden, ob in der Tat ein jener Stelle entſprechendes monumentales Bauwerk durch die bisherigen Vorarbeiten gewährleiſtet ſei, wurden in dem Antrage alle diejenigen Stellen geſtrichen, in welchen das Zuſtandekommen der Vorlage von einem Bauvertrage mit dem be⸗ treffenden Architekten abhängig gemacht war. Man hat vielmehr dem Magiſtrat Vollmacht gegeben, einen Architekten mit der Aufgabe zu betrauen, falls der Magiſtrat mit der Arbeit desſelben zu⸗ frieden iſt; aber man hat geglaubt, die Vorlage nicht mit einer Verpflichtung des Magiſtrats be⸗ laſten zu müſſen, dem betreffenden Architekten dieſe Aufgabe zu übertragen. Es wurde dann noch des näheren ein Paſſus in Nr. 4 des Antragsentwurfes erörtert, wie er in dem Ausſchußbericht enthalten iſt. Die Nr. 4 lautet: Dem ebenfalls abgedruckten Kaufvertrage über das Grundſtück Berliner Straße 11/12 wird zugeſtimmt. Die in dem Kaufvertrage vorbehaltene Mitteilung über die Zuſtimmung der Gemeindekörperſchaften darf an den Ver⸗ käufer erſt ergehen, nachdem die übrigen Verträge (Mietvertrag, Darlehnsverträge und Bauvertrag) abgeſchloſſen ſind. 0 Es wurde von einer Seite beantragt, in dieſer Nummer die Worte „und Bauvertrag“ zu ſtreichen, und zwar mit der Begründung, daß die übrigen Verträge ja mit Rückſicht darauf alsbald abge⸗ ſchloſſen werden müßten, daß die Vorbereitun, ſen für den Bau des bereits am 1. Juli 1911 zu über⸗ gebenden Grundſtücks alsbald getroffen werden müßten. Hingegen wurde angeführt, daß es mit dem Abſchluß des Bauvertrages keine ſolche Eile habe; es könnte der Bauvertrag auch, nachdem die übrigen Verträge abgeſchloſſen ſeien, immer