Sitzung vom 16. Februar 1910 hätten: Gott, um die Zukunft kümmern wir uns nicht, wir ſchließen einen Vertrag auf 20, 30 Jahre, — dann wären wir jetzt nicht in der glücklichen Lage, dieſen großen Poſten einzuſtellen. Und ich glaube, wir haben ebenſo die Verpflich⸗ tung, unſererſeits auch an die zu⸗ künftige Generation zu denken, wie es die Vergangenheit uns gegenüber getan hat. Dann bedenken wir doch auch, welche großen Aufgaben uns noch bevorſtehen. Der Herr Vorſteher erwähnte ſchon einige. Wir haben hier eine Reihe von Punkten, die nahezu reif ſind; ich erinnere an das Wohnungs⸗ amt, erinnere auch vor allen Dingen an die Badeanſtalt in der Nürnberger Straße. Meine Herren, auf die Dauer werden wir den Platz nicht weiter öde liegen laſſen können. Er verſchlingt jährlich, glaube ich, 200 000 ℳ Zinſen und dieſer Betrag kommt natürlich immer weiter auf den Bau der Badeanſtalt herauf. Wir müſſen da bald zu einem Entſchluß kommen, auch im Intereſſe der Bürgerſchaf t. Ebenſo liegt es mit einigen anderen Punkten, auf die ich nicht näher ein⸗ gehen will. Meine Herren, wir werden alſo ſehen müſſen, wie wir die 3wecke des Straßenbaues, der Verkehrs⸗ verbeſſerung im Etatsausſchuß noch in weiterem Maße erfüllen können, als es die Vorlage des Magiſtrats getan hat; wir werden mit Eifer an die Arbeit gehen müſſen in dem Beſtreben, daß, wie bisher, die wohlhabenden wie die minderbe mittelten Klaſſen gern in Charlottenburg wohnen bleiben und aus anderen Gemeinden in unſere Gemeinde ziehen. In dieſem Geiſte werden wir an die Etats⸗ beratung in dem beantragten Ausſchuſſe heran⸗ gehen und gern mit den anderen Herren mit⸗ arbeiten. (Bravo!) Sta dtv. Hirſch: Meine Herren, meine Herren Vorredner haben, als ſie die Frage er⸗ örterten, worauf die ſchlechte Finanzlage zurück⸗ zuführen iſt, auch die angeblich ſo hohen Summen für kulturelle und Wohlfahrtszwecke erwähnt. Ich werde darauf ſpäter zurückkommen, möchte an dieſer Stelle nur erklären, daß ich mich wundere, daß keiner der Herren die wahren Urſachen der ſchlechten Finanzlage nicht nur unſerer Stadt, ſondern über⸗ haupt aller Gemeinden erörtert hat. Dieſe Ur⸗ ſachen ſind zurückzuführen auf die Politik, die im Reiche und im Staate getrieben wird. Sie dürfen nicht vergeſſen, daß die ganzen Aufwendun⸗ gen, die wir für Beamtenbeſoldungen ausgegeben haben, die ſich — um das Wort des Herrn Kämme⸗ rers zu gebrauchen — wie ein roter Faden durch den Etat ziehen, in letzter Linie nicht den Beamten zugute kommen, ſondern daß ſie lediglich ein Erſatz ſind für das, was die Beamten infolge der verteuerten Lebenshaltung auf allen Gebieten mehr zahlen müſſen. Meine Herren, wenn wir die ſchlechte Finanzlage der Städte betrachten, müſſen wir unbedingt auf dieſes meiner Meinung nach ſehr wichtige Moment hinweiſen. Ebenſo, meine Herren, iſt daran zu erinnern, daß auch andere ſtaatliche Ausgaben von Jahr zu 45 Jahr wachſen. Sie ſehen, daß die Provinzial⸗ ſteuern in dieſem Jahre die Summe von 1 408 000ℳ, alſo beinahe 1 ½% Millionen Mark erreicht haben, gegen das Vorjahr ein Mehr von 191 000 ℳ; Sie ſehen ferner, daß die Polizeikoſten infolge des neuen Polizeikoſtengeſetzes von 600 000 ℳ auf 635 000 ℳ geſtiegen ſind. Nun ſcheint es ja, als ob einige Herren, die vor mir geſprochen haben, den dringenden Wunſch haben, noch vier mehr Geld für die Polizei auszu⸗ geben. Es iſt wörtlich geſagt: wir würden gern mehr geben, wenn uns mehr geleiſtet wird. Meine Herren, ich bin anderer Meinung; ich meine, daß wir ſchon viel zu viel Geld für die Polizei ausgeben. Leider ſind wir durch das Geſetz dazu gezwungen und können an dieſen Ausgaben nichts abknappſen. Selbſtverſtändlich verlangen wir, daß die Polizei auch ihren eigentlichen Zweck erfüllt, d. h. daß ſie für die Sicherheit des Publikums eintritt; aber zu andern Zwecken wird von unſerer Seite, und ich glaube, auch von der Mehrheit der Ver⸗ ſammlung, die Polizei ſehr wenig in Anſpruch genommen. Wenn wir dafür zahlen, tun wir es, weil wir durch die ſtaatliche Geſetzgebung dazu gezwungen ſind. Was den Etat ſelbſt anbetrifft, ſo wäre es verhängnisvoll, wenn wir uns verhehlen wollten, daß unſer Etat tatſächlich mit einem Defizit ab⸗ ſchließt. Meine Herren, wir haben den Ausgleichs⸗ fonds in Angriff nehmen müſſen. Der Ausgleichs⸗ fonds iſt aber ſeinerzeit geſchaffen worden unter der ausdrücklichen Motivierung, daß er ein etwaiges Defizit decken ſolle. Dieſes Moment iſt leider jetzt eingetreten, und wir müſſen gleich ſo tief in den Fonds hineingreifen, daß faſt nichts mehr drin bleibt. Ich gebe zu, daß es dem Herrn Kämmerer ſehr ſchwer geweſen iſt, den Etat bei 100% zu balancieren. Aber, meine Herren, wer ſagt denn, daß die Grenze von 100% nicht über⸗ ſchritten werden darf? Ich habe hier ſchon wieder⸗ holt den Standpunkt vertreten, daß wir gar keine Veranlaſſung haben, ſo ſtarr daran feſtzuhalten, daß nur ja nicht über 100% erhoben werden ſollen, und der Herr Vorſteher hat zu meiner Freude ſich heute auf denſelben Standpunkt geſtellt, nur will er, daß eine Gemeinde von Groß⸗Berlin nicht allein vorgeht. Nun, meine Herren, ich glaube, wir werden mit der Zeit dazu gezwungen werden — ſämtliche Gemeinden von Groß⸗Berlin werden einfach durch die Macht der Verhältniſſe gezwungen werden, die 100% zu überſchreiten. Irgendeinen Sinn hat es nicht, an den 100% feſtzuhalten; denn wenn früher geſagt wurde, daß bei einer Uberſchreitung der 100% der Etat zur Genehmigung eingereicht werden muß, ſo fällt dieſer Punkt heute fort, weil unſer Etat ſowieſo der Genehmigung der Königlichen Staatsregierung bedarf. Meine Herren, unter den Einnahmen weiſen die Steuern einen erheblichen Mehrüberſchuß auf. Ich will nur hoffen, daß die Summen, die der Herr Kämmerer in den Etat eingeſtellt hat, wirklich einkommen. Der größte Mehrüberſchuß wird erwartet von der Grundſteuer, und wir finden auch, daß der neue Etat wieder eine Erhöhung der Grundſteuer vor⸗ ſieht. Der Herr Kämmerer ſagt allerdings: das iſt nur rechneriſch. Gewiß, aber tatſächlich werden die Hausbeſitzer von dieſer neuen Steuer getroffen. Ich bitte, nicht etwa zu denken, daß ich irgend⸗ etwas dagegen habe; ich ſtehe durchaus auf dem