46 Standpunkte, daß die Beſteuerung des Grund⸗ beſitzes gerecht iſt. Aber wenn ich dieſen Stand⸗ punkt einnehme und ſtets für eine möglichſt hohe Beſteuerung des Grundbeſitzes, namentlich des unbebauten Grundbeſitzes, eingetreten bin, ſo muß ich mich auf der andern Seite ebenſo ſcharf dagegen wenden, daß den Hausbeſitzern durch Erhebung der Müllabfuhrgebühr neue Laſten auf⸗ gebürdet werden. Es handelt ſich freilich nur um eine geringe Summe: wenn ich dagegen ſpreche, geſchieht es nicht aus finanziellen, ſondern aus prinzipiellen Gründen Wir haben es nicht mit einer Steuer, ſondern mit einer Gebühr zu tun, es wird für eine Gebühr eine Gegenleiſtung verlangt. Und nun möchte ich fragen: iſt es nicht geradezu ein Unſinn, wenn ich für dieſelbe Leiſtung in dieſem Jahre dieſe Summe, im nächſten Jahre jene Summe zahlen muß? Wir werden ja mit den 0,9% auf die Dauer nicht auskommen, ſondern wahrſcheinlich wird die Müllabfuhrgebühr noch mehr erhöht werden müſſen, denn wir ſind jetzt einmal auf einer ſchiefen Ebene Es war ein Grund⸗ fehler, einmal, daß wir mit der Gefellſchaft über⸗ haupt einen Vertrag abgeſchloſſen haben (ſehr richtig), und zweitens ein Fehler, daß wir der Berechnung der Müllgebühr ein verkehrtes Prinzip zugrunde gelegt haben, (ſehr richtig!) nicht das Prinzip von Leiſtung und Gegenleiſtung, wie es ſich gebührt. Meine Herren, es iſt geſagt worden, daß der Magiſtrat einen Teil der Unkoſten der Müllabfuhr gern erſtatte, weil es ſich um hygieniſche Vorteile für die Bevölkerung handele. Das iſt der Standpunkt, auf dem ich überhaupt ſtehe: bei der Müllabfuhr handelt es ſich um einen Teil der Volkshygiene. Deshalb ſollte man nicht mit einer Erwerbsgeſellſchaft Verträge ſchließen. Die Stadt müßte eben die Müllabfuhr ſelbſt in die Hand nehmen, aber nicht auf Überſchüſſe ſehen, ſondern die Abfuhr koſtenlos machen; die Unkoſten müſſen dann auf irgendeine andere Weiſe gedeckt werden. Meine Herren, der Herr Kämmerer hat darauf hingewieſen, daß die Umſatzſteuer in den letzten Monaten erhebliche Summen eingebracht hat. Es iſt ihm bereits zugerufen worden, daß der Verkauf von Grundſtücken, namentlich von unbebauten, in großer Zahl erfolgt iſt aus Angſt vor der Ein⸗ führung der Reichswertzuwachsſteuer. Meine Her⸗ ren, gerade dieſe Erſcheinung zeigt deutlich, wie groß der Fehler iſt, den die Stadtverordneten⸗ verſammlung gemacht hat, als ſie früher die Anträge auf Einführung der Wertzuwachsſteuer dauernd ablehnte. Meine Freunde ſind ja auf dieſem Gebiete bahnbrechend vorangegangen, (Zuruf: Wie überhaupt!) leider bisher ohne jeden Erfolg. Ich rede von früheren Verſuchen gar nicht. Wir haben am 22. März 1907 einen Antrag auf Einführung einer Wertzuwachsſteuer, welcher von meinen Freunden hier ausging, verhandelt; dieſer Antrag wurde abgelehnt in namentlicher Abſtimmung gegen die Stimmen meiner Freunde und zweier Herren von drüben. Ein Jahr ſpäter hatte unſer Antrag ein beſſeres Schickſal, da wurde er wenigſtens einem Ausſchuſſe überwieſen; aber als er aus dem Aus⸗ ſchuſſe zurückkam, wurde derſelbe Antrag doch ab⸗ gelehnt. Allerdings war nun die Minderheit erheblich größer. In dieſer Sitzung, die am Sitzung vom 16. Februar 1910 11. November ſtattfand, gab es ſogar noch eine große Reihe von Herren hier in der Verſammlung, die ſich nicht einmal grundſätzlich — vorbehaltlich der Regelung im einzelnen — für die Einführung einer Wertzuwachsſteuer erklären wollten. Aller⸗ dings wurde dann gegen die Stimmen dieſer Herren ſchließlich die Einſetzung einer Deputation beſchloſſen, und wir haben wohl Ausſicht, demnächſt — d. h. zu einer Zeit, wo die Grundſtücksbeſitzer die Sahne abgeſchöpft haben — eine Wertzuwachs⸗ ſteuer zu bekommen. Meine Herren, es iſt Tatſache, daß Millionen und Abermillionen dadurch dem Stadtſäckel nicht zugefloſſen ſind, und das iſt bedauerlich; wir werden dieſen Verluſt nie wieder einholen können. Hätte der Kämmerer unſere Ratſchläge befolgt, er brauchte heute nicht darüber zu jammern, daß ihm ſo vielc fette Biſſen verſchwunden ſind, er hätte heute einen ſehr fetten Biſſen und brauchte nicht den Ausgleichsfonds anzugreifen. (Zuruf bei den Liberalen.) Sehr gefreut habe ich mich, aus dem Etats⸗ voranſchlag zu entnehmen, daß der Reingewinn bei der Gasanſtalt zurückgegangen iſt. Meine Herren, es mag ja ſonderbar ſein, wenn man ſich darüber freut, daß der Gewinn aus einem Unter nehmen zurückgeht; aber die Freude kommt mir von Herzen, weil die Verringerung des Überſchuſſes auf die Erhöhung der Gehälter, der Löhne und vor allen Dingen auf die Verringerung der Arbeits⸗ zeit zurückzuführen iſt. Trotz der Verringerung der Einnahmen werden aber die Gasanſtalten noch immer einen Überſchuß von etwa 2½ Millionen geben. Wenn ein ſolches Unternehmen einen ſo eminenten Überſchuß ergibt, trotzdem bereits wichtige ſozialpolitiſche Forderungen durchgeſetzt ſind, dann beweiſt das doch, wie recht wir gehabt haben, als wir jahrelang forderten, daß für die ſtädtiſchen Arbeiter die Arbeitszeit verkürzt wird eine Forderung, die ja an dem Widerſtande der Mehrheit geſcheitert iſt, bis endlich der Magiſtrat ſelbſt die Initiative dazu ergriffen hat. Sie ſehen alſo, daß trotz der Verkürzung der Arbeitszeit und trotz der Erhöhung der Löhne immer noch recht hohe Überſchüſſe aus der Gasanſtalt herausgewirtſchaftet werden. Ich ſtehe nun grundſätzlich auf dem Stand⸗ punkt, daß unſere Betriebsunternehmungen über⸗ haupt nicht dazu da ſind, hohe Uberſchüſſe herauszuwirtſchaften. (Zuruf bei den Liberalen.) — Meine Herren, aus Steuern! Ob Sie ſie gern zahlen wollen, iſt mir ganz gleich. Ich ſtehe nicht auf dem Standpunkt, daß die Betriebsunter nehmungen lediglich dazu da ſind, hohe Überſchüſſe herauszuwirtſchaften, ſondern mein prinzipieller Standpunkt geht dahin, daß ſämtliche Bedürfniſſe der Stadt aus Steuern gedeckt werden ſollen. Gewiß, Sie wollen das nicht, weil dadurch die Beſitzenden einen ſchweren Nachteil haben; ſie zahlen nicht gern Steuern; es iſt ja auch ſchon die Befürchtung ausgeſprochen; daß die Beſitzenden aus Charlottenburg wegziehen, aber wir haben darauf keine Rückſicht zu nehmen, wir haben lediglich zu fragen, welche Geſichtspunkte die rechten ſind. Meine Herren, die fortdauernden Ausgaben des Anleihedienſtes ſind ja auch wieder erheblich geſtiegen. Ich muß ſagen, daß mir das keine zu große Angſt einflößt. Wir haben allerdings ganz