Sitzung vom 9. März 1910 Stadtſyndikus Dr. Maier.:. Meine Herren, wenn Sie den Vorſchlag des Herrn Referenten annehmen, wird der Zuſtand in der Bismarckſtraße kein proviſoriſcher mehr ſein, ſondern wahrſchein⸗ lich ein definitiver. Wir haben wirklich ſo viel an den Maſten herumgedoktert, und die Anwohner der Bismarckſtraße und Kaiſerdammes verlangen end⸗ lich nach einer endgiltigen Regelung. Ich warne dringend davor, dieſe äußerſt komplizierte Frage von neuem aufzurollen. Es iſt ja tatſächlich richtig, daß bis zur Wilmersdorfer Straße die Verhältniſſe anders liegen als jenſeits der Wilmersdorfer Straße, inſofern als bis zur Wilmersdorfer Straße die Kombination ſtattfinden ſoll, daß gleichzeitig die Lichtträger auch der Straßenbahn als Träger der Stromzuleitung dienen ſollen, während jenſeits der Wilmersdorfer Straße eine andere Regelung möglich ſein würde. Vorausgeſetzt, daß nicht die Straßenbahn von ihrem Rechte künftig Gebrauch macht, welches ihr durch den Nachtragsvertrag geſichert iſt, ihre Straßenbahnlinien einmal bis nach Weſtend hinaus fortzuſetzen. Welche Anſprüche hinſichtlich der Maſtengeſtaltung dann geſtellt werden, wiſſen wir noch nicht. Es liegt aber doch nahe, zu fordern, daß auch hier die Lichtträgermaſte gleichzeitig für die Straßenbahn zu benutzen ſind. Ich meine, die ſchleunige Aufſtellung gleichartiger Maſten in der ganzen Straße iſt doch ſo erwünſcht, daß es ſich nicht empfehlen dürfte, von Neuem zu experimentieren und neue Entwürfe von in⸗ tereſſierten Firmen einzufordern. Sta dtbaurat Seeling: Meine Herren, als der einzige Verbrecher möchte ich noch ein paar Worte ſagen. (Heiterkeit.) Ich möchte Sie dringend bitten: bleiben Sie bei der einheitlichen Löſung der Frage! Die Objekte ſind zu groß, als daß ſie einen Wechſel der Form noch vertragen. Es könnte ſich nur darum handeln, wenn wir jetzt bis zum Reichskanzlerplatz gehen, in einer anderen, einer der abſchwenkenden Straßen, einen anderen Typ zu wählen. Aber ich bitte Sie dringend: bleiben Sie in dem Straßenzug ſelbſt bis zum Reichskanzlerplatz bei einem Typ. Zu der Form der Kandelaber wollte ich noch ſagen, daß ich ſchließlich eine künſtleriſche Vergangen⸗ heit zu wahren habe, und daß ich durchaus in der Lage bin, für dieſen Kandelaber, der ja allerdings nicht ganz mein Kind iſt, da ich meinem Vorgänger gefolgt bin, wie der Herr Oberbürgermeiſter ſchon ausgeführt hat, meinen Namen herzugeben. Wenn ich heute noch einmal einen Entwurf aufzuſtellen hätte, bei dem die gleichen praktiſchen Bedingungen zu erfüllen ſind, ſo würde ich kaum einen anderen Weg beſchreiten. (Bravo!) Einige Abänderungen können im Intereſſe der Fabrikation vielleicht kommen; das iſt möglich; aber ich bin in der Lage, die volle künſtleriſche Ver⸗ antwortung für die Form der Kandelaber zu über⸗ nehmen. (Bravo! — Stadtv. Wilk: So energiſch hätten Sie bei dem Schulentwurf ſprechen ſollen!) (Die wiedereröffnete Debatte wird von neuem geſchloſſen. Die Verſammlung lehnt den Antrag des Berichterſtatters auf Einſetzung eines Aus⸗ ſchuſſes ab und beſchließt nach dem Antrage des Magiſtrats, wie folgt: 65 a) In Ergänzung des Beſchluſſes vom 12. April 1905, nach welchem für die Beleuchtung der verbreiterten Bismarckſtraße vom Knie bis zur Schloßſtraße und ihrer Verlängerung — Kaiſerdamm — bis zur Gemarkungsgrenze mit Einſchluß des Reichskanzlerplatzes elek⸗ triſches Licht zu verwenden iſt, werden 91 200 ℳ für die Ausgeſtaltung der elektriſchen Beleuchtung des genannten Straßenzuges nachbewilligt. p) Der Betrag von 91 200 ℳ iſt in das Extra⸗ ordinarium des Sonderetats 7 für 1910 ein⸗ zuſtellen.) Vorſteher Kaufmann: Punkt 16 der Tages⸗ ordnung: Vorlage betreffend Verſorgung der Kolonie an der Heerſtraße mit Gas, Elektrizität und Kanali⸗ ſation. — Druckſache 61. Berichterſtatter Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, es ſind drei Verträge, die der Magiſtrat uns hier zur Begutachtung unterbreitet, und zu deren Abſchluß er unſere Genehmigung erbittet. Alle dieſe drei Verträge ſind meiner Meinung nach unter einem Geſichtspunkt zu betrachten, wie ſie ja auch nur einen Zweck erfüllen ſollen: einer im Weſten unſerer Stadt in Zukunft entſtehenden Villentolonie diejenigen Dinge zu verſchaffen, die notwendig ſind, um eine ſolche Kolonie ins Leben rufen zu können. Es ſind drei Verträge; ich wünſchte, es wären vier, und wir hätten noch über einen anderen Ver⸗ trag, welcher die Waſſerverſorgung betrifft, zu verhandeln. Ich würde dieſen Vertrag jedenfalls mit ganz beſonderer Sympathie begrüßen. Leider können wir uns mit einem ſolchen Vertrag nicht beſchäftigen; denn als unſere Herren vom Magiſtrat im Juli des Jahres 1907 ſich mit der maßgebenden Behörde, welche dieſe Kolonie ins Leben rufen ſollte, in Verbindung ſetzten, mußten ſie zu ihrem Leidweſen erfahren, daß bereits 5 Monate vorher uns ein anderer zuvorgekommen war und dieſen Vertrag auf Waſſerlieferung abgeſchloſſen hatte, nämlich die Charlottenburger Waſſerwerke Aktien⸗Geſellſchaft. Die Vorlage des Magiſtrats beginnt mit dem Worte: ſofort. Man muß annehmen, daß der Magiſtrat glaubt, daß dieſes Wort noch einer Steigerung fähig iſt, die ja die deutſche Sprache nicht kennt. Jedenfalls haben diejenigen Herren, welche ſo glücklich waren, dieſen Vertrag einzu⸗ heimſen, in einem Tempo gearbeitet, das dieſer Begriffsbeſtimmung entſpricht, nämlich noch ſchneller als ſofort. Der Magiſtrat hat in ſeiner weiteren Vorlage, ſoweit ſie nicht eben einfach den Abdruck der Ver⸗ träge betrifft, ſich einer gewiſſen Zurückhaltung befleißigt und im weſentlichen nur eine Analyſe der tatſächlichen durch die Verträge geſchaffenen Verhältniſſe gegeben. Er hat es anſcheinend mit einer gewiſſen Abſichtlichkeit vermieden, auf all⸗ gemeine wirtſchaftliche Geſichtspunkte einzugehen, und hat ſich auch gar nicht darüber geäußert, mit welchem Wert er das Zuſtandekommen dieſer Verträge mit unſerer Gemeinde einſchätzt. Ich glaube, ich verſtehe die Gründe, die den Magiſtrat hierzu veranlaßt haben — Gründe, die ich im weſentlichen auch vollkommen billigen kann. Meine Herren, es iſt ſchließlich bei der noch vollkommen