Sitzung vom 14. März 1910 ſo vorgehen können, daß wir die ſehr ſchwankenden Erträge dem dieſe Weiſe machen. Meine Herren, ich bin damit mit meinen Aus⸗ führungen im weſentlichen zu Ende. Ich möchte Sie nur noch auf einen Punkt unſerer Ordnung aufmerkſam machen. Es heißt da im Schluß⸗ paragraphen: Dieſe Steuerordnung tritt mit dem Tage ihrer Veröffentlichung in Kraft. und nun, meine Herren, möchte ich Sie bitten, daß dieſer Tag der Veröffentlichung einer der nächſten Tage, die uns bevorſtehen, der 16. oder 17. März dieſes Monats ſein möge. Ich will nicht übertreiben, und ich will nicht etwa ſagen: Ge⸗ ſchieht dies nicht, ſo wird dieſer Tag für Char⸗ lottenburg nie anbrechen — das würde zu weit gegangen ſein — ich muß aber ſagen: die Gefahr, daß das paſſiert, liegt vor, wenn wir eine unge⸗ bührliche Verzögerung in dieſe Beratungen hinein⸗ bringen. Und ich möchte Sie fragen: wollen Sie die Gefahr laufen, daß um unbedeutender Dinge willen ein Projekt gefährdet wird, das ich für ein außerordentlich nützliches, ja notwendiges für unſere Stadt anſehe? Denn ich bin der Anſicht, daß der Beſchluß dieſer Ordnung für uns ein ſegensreiches Werk bedeutet, und daß aus ihm uns Mittel zu⸗ fließen werden für eine ganze Reihe von ſchönen, nützlichen und notwendigen Dingen, deren Er⸗ füllung wir uns aus Rückſicht auf unſere Finanz⸗ lage bisher haben verſagen müſſen. Ich ſpreche es aus, daß ich dieſes Projekt für ein ſegensreiches halte, obwohl ich mir bewußt bin, daß mit ſeiner Einführung neue bisher nicht beſtandene Laſten einem großen Teil unſerer Bürger aufgebürdet werden. Aber ich bin der Anſicht, daß dieſe Laſten getragen werden können dank der Konſtruktion dieſer Steuer, und ich will hoffen, daß auch dieſe Kreiſe, die davon betroffen werden, einſehen, daß ſie dieſe Laſten mit Recht tragen. Ich würde mich freuen, wenn ſie ſich zu der Überzeugung durch⸗ ringen, daß ein Gedanke von hohem ſittlichen und ſozialen Ernſt darin liegt, daß einer auch der All⸗ gemeinheit einen Teil desjenigen Gewinnes wieder⸗ gibt, den er dem Wirken dieſer Allgemeinheit verdankt. (Lebhafter Beifall.) Ausgleichsfonds zuführen und au ſie dem allgemeinen Etat zunutze Stadtv. Jolenberg: Meine Herren, die Be⸗ ſtimmungen dieſer Steuerordnung ſind nicht ſo milde, wie ſie erſcheinen. Ich habe darin Härten vorgefunden, wie ſie, glaube ich, in anderen Steuer⸗ ordnungen ähnlicher Art nicht beſtehen. Ich möchte Ihnen das an einem Beiſpiel klar machen. Je⸗ mand erwirbt für 100 000 ℳ Bauland, er baut darauf ein Haus, das ihm 200 000 ℳ koſtet; d i e Sache koſtet ihm alſo zuſammen 300 000 ℳ. Er verkauft nun das Haus, das er aufgebaut hat, für 325 000 ℳ. Dann werden ihm die 25 000 ℳ Verdienſt nicht etwa für die ge⸗ ſamte Summe als Gewinn angerechnet, die er aufgewendet hat, alſo für 300 000 ℳ, ſondern ihm werden nach dieſer Steuer⸗ or dnung die 25 009 ℳ als Verdien ſt auf die 100 000 ℳ angerechnet, und er hat dann entſprechend abzugeben. Meine Herren, ich glaube nicht, daß das die Unternehmer zu Neubauten hier in Charlottenburg anregen wird. 93 Ich ſehe darin einen großen Fehler fſund eine große Gefahr. (Zuruf.) — Das war Ihnen unklar? Dann werde ich es Ihnen noch einmal ſagen. Wer 300 000 ℳ für ein Grundſtück aufwendet, dem wir d, wenn er daran 25 000 ℳ ver⸗ dient, nicht etwa 8% Gewinn ange⸗ rechnet, ſondern 25% nach dieſer Steuerordnung. Das iſt es, was ich da⸗ bei für ungerecht halte. (Zuruf.) — Herr Kollege Jaſtrow ſagt, das wäre Unſinn; ich hoffe, daß der Herr Vorſteher dieſen Zuruf rügen wird. (Große Heiterkeit. Glocke des Vorſtehers.) Vorſteher Kaufmann: Ich möchte bemerken, daß der Zuruf nur zu den Ohren des Herrn Kollegen Jolenberg gelangt iſt, und Herr Kollege Jolenberg verbreitet dieſe Anſicht. (Heiterkeit.) Ich müßte Herrn Kollegen Jolenberg zur Ordnung rufen, daß er ſich Unſinn vorwirft. (Heiterkeit.) Stadtv. Jolenberg (fortfahrend): Alſo, meine Herren, wenn ich mich nun dem Druck der Ver⸗ hältniſſe füge und meinen Widerſtand gegen dieſe Steuerordnung aufgebe (Bravo!) — trotzdem aufgebe, ſo möchte ich Sie auf einen Punkt aufmerkſam machen, der durchaus der Abänderung bedarf. Meiner Anſicht nach muß die Grundſteuer für unbebaute Grundſtücke abgezogen werden können. Auch hier möchte ich Ihnen ein Beiſpiel vorführen. Jemand hat ein unbebautes Grundſtück für 100 000 ℳ erworben; er beſitzt das Grundſtück 10 Jahre und zahlt nun ſeine 5,3 pro Mille, alſo etwa % s jährlich Grundſteuer; das macht in 10 Jahren rund 5 000 ℳ. Ihm koſtet alſo das Grund⸗ ſtück, das Terrain, aus dem er keinerlei Nutzen ge⸗ zogen hat, nicht 100 000 ℳ, ſondern 105 000 ℳ. Das wird Ihnen klar ſein. Wenn er nun nach 10 Jahren für dieſes Grundſtück, das ihm 105 000 ℳ gekoſtet hat — 100 000 ℳ ausgelegtes Geld für das Terrain und 5 000 ℳ. Grundſteuer — etwa 120 000 ℳ bekommt, dann muß er nicht etwa von den tatſächlich verdienten 15 000 ℳ, ſondern von den 15 000 % Verdienſt und von 5000 ℳ Grund⸗ ſte uer, die er doch nur ausgelegt hat, die Steuer bezahlen, d. h. die 5000 ℳ Grundſteuer werden ihm als Gewinn angerech⸗ net — ein Gewinn, den er niemals gemacht hat! Meine Herren, darin ſehe ich eine ſchwere Ungerechtigkeit und ich ſtelle den Antrag: in § 5 nach Nr. 2 einzufügen: 3. für unbebaute Grundſtücke darf die Grundſteuer abgezogen werden. Ich bin nicht der Meinung, daß dadurch die Steuer⸗ ordnung verzögert oder ganz und gar verhindert werden könnte. Denn wenn der Magiſtrat unſerm Beſchluß, falls er zuſtande kommt, beitritt, dann iſt die Sache in bezug auf Beſchleunigung der An⸗ gelegenheit genau ſo, wie ſie vorher war. Ich würde mich freuen, wenn es möglich wäre, dieſe Härte aus der Wertzuwachsſteuerordnung zu be⸗ ſeitigen.