Sitzung vom 14. März 1910 Ausſchußberatung zu unterbreiten. Ich tue das hiermit. Stadtv. Zietſch: Auch meine Freunde haben ſich über die Vorlage gefreut, und wir haben mit Genugtuung gehört, daß der Herr Referent an⸗ ertannt hat, daß dieienigen, die den Samen der Wertzuwachsſteuer zuerſt hier geſät haben, keine fruchtloſe Arbeit damit geleiſtet haben. Wenn aber Herr Kollege Stadthagen meinte, daß ſeine Freunde ſchon im vergangenen Jahre an den Magiſtrat die Anfrage gerichtet hätten, wie es mit der Einführung der Wertzuwachsſteuer nach den Vorgängen in Schöneberg und dem Reiche ſteht, ſo möchte ich demgegenüber betonen, daß meine Freunde ſchon ſeit 4 oder 5 Jahren die Frage hier angeregt haben. Aber darin gebe ich Herrn Kollegen Stadthagen Recht: daß er ſich überraſcht fühlen kann, daß wir jetzt auf einmal innerhalb 24 Stunden dieſe Vorlage erledigen ſollen. Aber bei uns müßte dieſes Gefühl der Überraſchung, die wir auf viel längere Zeit der Mitarbeit zurückblicken können, noch viel größer ſein. Und um ſo ſtärker aber iſt dieſes Gefühl für uns, da die Gründe, die der Herr Referent für die Schnelligkeit der Durchberatung der Vorlage angeführt hat, nicht neu ſind und auch für den Magiſtrat nicht neu ſein konnten. Daß im Reiche eine Wertzuwachsſteuer vorbereitet werden würde, wußte der Magiſtrat nicht erſt ſeit einigen Wochen, ſondern, wie der Herr Referent angeführt hat, datiert dieſer Gedanke aus der Zeit, aus der die Reichsfinanzreform in ihrer letzten Aufmachung herrührt. Auch wußte ja der Magiſtrat, daß even⸗ tuell nicht der 1. April 1910 für die Gemeinden in Frage kommen würde, ſondern der 1. April 1909. Ich glaube, daß wir erſt in ein ſchnelleres Tempo der Beratung der Wertzuwachsſteuer⸗ ordnung hineingekommen ſind, nachdem uns Schöne⸗ berg in ſo überraſchender Weiſe vorangeeilt iſt. (Widerſpruch vom Magiſtratstiſch.) Ich will durchaus nicht auf die Beratungen der ge⸗ miſchten Deputation zurückgreifen; aber ich will, ohne indistret zu ſein, nur andeuten, daß ja in demſelben Augenblick, als Schöneberg ſeine Wert⸗ zuwachsſteuer beſchloſſen hatte, auch bei uns mehr Sympathie für die Wertzuwachsſteuer entſtanden iſt, als bisher dafür vorhanden war. Das iſt auch ſelbſtverſtändlich und ganz ertlärlich, weil ia einer der Hauptgründe, die gegen die Wertzuwachsſteuer in Charlottenburg geltend gemacht worden waren, ſich darauf ſtützte: ſolange die übrigen weſtlichen Vorortgemeinden von Groß⸗Berlin in dieſer Frage nicht Hand in Hand mit uns gehen, können wir zu nichts Greifbarem in Charlottenburg kommen. Nun aber frage ich mich: wenn in Schöneberg ſeinerzeit die überaus ſchnelle, faſt amerikaniſche Erledigung der Wertzuwachsſteuer vor ſich ge⸗ gangen iſt, dann hat das ſeine realen Gründe in den bevorſtehenden großen Abſchlüſſen von Terrain⸗ verkäufen in Schöneberg gehabt, bei welchen die Schöneberger Verwaltung noch verſchiedene Hun⸗ derttauſende von Mark einſtecken wollte. (Zuruf bei den Liberalen: Wollte! — Heiterkeit.) — Na ja: wir wollen hier nicht das erzielte Re⸗ ſultat gelten laſſen ſondern die gute Abſicht, die ausſchlaggebend war. Denn als man die Wert⸗ zuwachsſteuer in Schöneberg durchjagte, hegte man noch nicht die Erwartung, daß man nicht das betam, was als gebratener Speck vorgehangen hat. 28 2 422 4 (Heiterteit. ) 4 5 2 95 Aber dieſe Beweggründe ſcheiden bei uns aus. Ich wüßte wenigſtens nicht, ob irgendwelche großen Grundſtücksumſätze in Ausſicht ſtehen. (Zuruf: Koloſſale!) Aber auch wenn das der Fall wäre, jedenfalls iſt es ganz ausgeſchloſſen, daß dieſelben in einem Um⸗ fange Platz greifen würden, wie ſolche in Schöne⸗ berg damals in Ausſicht geſtanden haben. Aber ſelbſt wenn das der Fall wäre, würde ich, offen geſtanden, lieber dieſe Gelder drangeben als eine Wertzuwachsſteuer ſchaffen, deren Abänderung nur eine Frage von ſehr kurzer Zeit iſt. Daß dieſe Frage ſo überraſchend an uns heran⸗ getreten iſt, gibt uns zu mancherlei Bedenken Anlaß. Eine gründliche Beratung würde uns viel lieber ge⸗ weſen ſein als dieſe Ad-hoc-Annahme, wie ſie empfohlen wird. Denn wenn bei dieſer ausſchuß⸗ loſen Beratung und Annahme der Vorlage die Möglichteit erwächſt, daß wir doch in nächſter Zeit an Anderungen dieſer Ordnung herangehen müſſen, ſo erweckt das nach außen hin den unerwünſchten Eindruck von einer geſetzgeberiſchen Arbeit, wie ſie im Magiſtrat und in der Stadtverordneten⸗ verſammlung nicht Platz greifen ſollte. Daß Anderungen an dem vorliegenden Entwurf vorgenommen werden müſſen, erhellt für meine Freunde ſelbſt aus einem oberflächlichen Überblick über dieſe Vorlage und ihre Beſtimmungen. Denn bei weitem iſt nicht alles, was wir gewünſcht haben, in eine Wertzuwachsſteuerordnung hinein⸗ gebracht zu ſehen, in dieſer Vorlage enthalten, ſondern ſehr weſentliche Geſichtspunkte, die wir immer ins Vordertreffen unſerer Diskuſſion ge⸗ ſtellt haben, fehlen in der Wertzuwachsſteuer⸗ ordnung, die uns hier unterbreitet iſt. Es ſind teil⸗ weiſe ſehr ſchwere prinzipielle Fehler, die wir an dieſer Vorlage bemängeln müſſen, und ich will, ohne mich in weitere Einzelheiten zu verlieren, nur die hauptſächlichſten Geſichtspunkte, die wir beanſtanden und hervorheben müſſen, hier unterſtreichen. Da iſt zuerſt die Frage auch von dem Herrn Referenten in den Vordergrund der Erörterungen geſtellt worden: warum kamen wir zu einer in⸗ direkten Wertzuwachsſteuerordnung? warum ging man nicht weiter und ſchuf nach den An⸗ regungen, die namentlich von meinen Freunden ausgegangen waren, die direkte Wertzu⸗ wachsſteuer? (Zuruf bei den Liberalen.) — Ja, ſoll ich Ihnen begründen, warum wir die direkte Wertzuwachsſteuer wünſchen? (Rufe: Nein!) — Ich meine, das wäre auch angeſichts der hen⸗ tigen Debatte überflüſſig. Ich will ſchon mit Rück ficht auf die Geſchäftslage auf dieſe Weiterungen nicht eingehen. Ich meine auch, es iſt eine ſo koloſſale prinzipielle Differenz zwiſchen Ihren und unſeren Auffaſſungen darüber, daß ich es für ganz ausgeſchloſſen hate, daß Sie heute Ihre prinzipielle Auffaſſung ändern würden und anſtatt des Grund⸗ ſatzes der indirekten Beſteuerung die direkte Be⸗ ſteuerung des Wertzuwachſes einführen würden. Wir hätten ſelbſtverſtändlich gern geſehen, die dirette Wertzuwachsſteuer würde mit dieſer Ord⸗ nung eingeführt worden ſein. Aber wenn die direkte Wertzuwachsſteuer nicht durchgängig eingeführt werden kann, wie die Sache nun einmal liegt, dann würde es uns wenigſtens erwünſcht ſein, ſie für die Aktiengeſellſchaften eingeführt zu ſehen, und dieſe ließe ſich ohne weiteres, ohne an den