98 gewußt, er hat ja gewußt, daß eine Reichswert⸗ zuwachsſteuer kommen muß, und konnte infolge⸗ deſſen ſchneller arbeiten. Ich gebe zu, daß wir das freilich alles gewußt haben; aber der Referent, Herr Dr Frentzel, hat ja ausdrücklich betont, daß die Beratungen ungemein eingehend geweſen ſind, und daß wir uns über die verſchiedenen Fragen, wer weiß wie oft und wie lange, unterhalten haben und deshalb die Zeit leider in dem ganzen ver⸗ gangenen Jahr verſtrichen iſt. Vor allen Dingen iſt Herr Stadtverordneter Zietſch auf die Frage der direkten Wertzuwachs⸗ ſteuer eingegangen. Die Frage, ob indirekte oder direkte Wertzuwachsſteuer, iſt ſehr eingehend ventiliert worden, hat uns ungemein lange in Anſpruch genommen; aber die Gegenſätze über dieſe Frage waren ſo groß, daß nicht angenommen werden konnte, daß jetzt, wenn wir die Sache nicht beſchleunigten, überhaupt eine Einigung erfolgte. Und nun, meine Herren, kamen jetzt plötzlich alle die Momente, die Herr Dr Frentzel angeführt hat: der Erlaß des Miniſters in erſter Linie betreffend die Beſchleunigung, die Beſchlüſſe anderer großer Gemeinden in derſelben Schnelligkeit und überall die Mahnungen in der Preſſe und der Offentlich⸗ teit: wer jetzt nicht kommt, kommt am Ende zu ſpät. Deshalb haben wir die Frage der direkten Wert⸗ zuwachsſteuer zurückgeſtellt und geſagt: auf jeden Fall müſſen wir vorangehen und fertig werden. Und unter dieſem Druck haben wir Ihnen jetzt die Vorlage ſo plötzlich gebracht. Herr Stadt⸗ verordneter Zietſch, glauben Sie etwa, wenn wir uns im vergangenen Jahre geeinigt hätten, daß wir Ihnen eine andere Vorlage als eine über⸗ raſchende gebracht hätten? Wir hätten niemals daran gedacht, etwa 14 Tage vorher in der Stadt⸗ verordnetenverſammlung zu ſagen: in der nächſten Stadtverordnetenverſammlung kommt eine Wert⸗ zuwachsſteuervorlage. Nein, unſere Vorlage wäre, ob ſie jetzt, in einem halben Jahre oder in dreiviertel Jahren gekommen wäre, immer über Nacht ge⸗ zommen und wäre in der Beziehung immer für Sie eine überraſchende geweſen. (Zuruf des Stadtverordneten Zietſch.) — In der Deputation iſt ſie nicht überhaſtet worden. Ich muß darin dem Herrn Referenten wider⸗ ſprechen; er hat ſich in einem Punkt geirrt. Er hat geſagt, in einer Sitzung iſt die Vorlage beraten worden; es ſind tatſächlich z we i ſehr ausgiebige Sitzungen geweſen. Alſo von einer Überhaſtung in der Deputation kann, glaube ich, kaum die Rede ſein. Ich möchte nun noch auf einen Punkt ein⸗ gehen, den gerade Herr Stadtverordneter Zietſch bezüglich der Form erwähnt hat. Er hat hier rühmend die Beiſpiele in denjenigen Städten erwähnt, die mit ſo großer Schnelligkeit vor⸗ gegangen ſind. Er hat von amerikaniſcher Schnellig⸗ teit geſprochen, mit der eine Nachbarſtadt eine Steuerordnung eingeführt hat. Ja, meine Herren, gerade in dieſer Stadt ſind die Verhandlungen ſehr ſchnell gegangen, vielleicht noch ſchneller als bei uns. Und, meine Herren, die Beweggründe liegen bei uns ebenſo vor wie dort, und was unſere Nachbarſtädte können, das werden Sie auch jeden⸗ falls können und jedenfalls mit amerikaniſcher Schnelligkeit eine Steuerordnung annehmen. (Zuruf des Stadtv. Zietſch: So war es nicht gemeint!) — Ia, ich habe es ſo aufgefaßt. Sitzung vom 14. März 1910 Nun, meine Herren, komme ich zur Steuer⸗ ordnung ſelbſt. Ich muß konſtatieren, daß im all⸗ gemeinen gegenüber der Bedeutung der Vorlage die Einwendungen, die gemacht worden ſind, doch meines Erachtens ziemlich unerheblich ſind, und ich glaube, daß die Herren Antragſteller ihre Ein⸗ wendungen ſogar zum Teil zurückziehen werden, wenn ich die Gründe ausführe, die gegen ihre eigenen Anträge ſprechen. Ich hoffe, daß bei den verſchiedenſten Anträgen ohne w eiteres die Stellung⸗ nahme des Magiſtrats eingeſehen werden wird. Denn ich glaube, konſtatieren zu können, daß wir jeden der einzelnen Punkte, die von den Herren Vorrednern hier berührt worden ſind, im Magiſtrat durchberaten haben und mit eingehenden Gründen ſchließlich zu unſerer Faſſung gekommen ſind. Da, meine Herren, iſt zunächſt die große Frage, ob die direkte Wertzuwachsſteuer bei § 2 ein⸗ zuführen iſt oder nicht. Meine Herren, der Antrag des Herrn Stadtverordneten Zietſch iſt verfehlt. Bei dieſer Steuerordnung können Sie dieſen Antrag niemals ſtellen aus rechtlichen Bedenken; denn die direkte Wertzuwachsſteuer iſt eine veränderte Grund⸗ ſteuer und hat mit der Wertzuwachsſteuer als ſolcher gar nichts zu tun. 4 (Sehr richtig! bei den Liberalen. Stadtv. Zietſch: Sehr unrichtig!) — Ja, meine Herren, Sie ſchütteln den Kopf; ich kann Ihnen aber erklären, daß ich dieſe Frage mit der Aufſichtsbehörde erörtert habe, und gerade Ihnen, die Sie eine Wertzuwachsſteuer haben wollen, möchte ich ausdrücklich ans Herz legen, von dieſem Antrage zurückzugehen. Denn zu einer Steuerordnung mit derartigen Paragraphen, die nicht in die Wertzuwachsſteuer hineingehören, ſondern eine Anderung der Grundſteuerordnung bedingen, werden Sie niemals eine Genehmigung der Aufſichtsbehörde erlangen; damit werden Sie für den Fall der Annahme der ganzen Wert⸗ zuwachsſteuerordnung das Grab graben. Dieſe Erklärung kann ich aufs beſtimmteſte abgeben; denn ich habe vor einigen Tagen dieſe Frage ſpeziell mit der Aufſichtsbehörde erörtert. (Hört, hört!) Dann, meine Herren, möchte ich auf § 2 eingehen, indem ich der Reihenfolge nach gehe, und mich zu den Ausführungen des Herrn Stadt⸗ verordneten Stadthagen wenden. Er hat gewünſcht, daß ſtatt des Wörtchens „kann“ das Wort „wird“ eingeführt wird. Ja, meine Herren, es handelt ſich ſich beim Niederſchlagen einer Steuer um die Ausübung eines Finanzhoheitsrechtes einer Ge⸗ meinde. Und, meine Herren, Sie werden nicht wollen, daß Sie von vornherein der Stadtgemeinde bei der Ausübung des Finanzhoheitsrechtes für alle Zutunft die Hand binden wollen. Es iſt be⸗ grifflich meines Erachtens mit der Ausübung eines derartigen Rechts nicht vereinbar, daß Sie von vornherein ſchon Beſtimmungen treffen, daß es niemals anders ausgeübt werden kann, als daß tat⸗ ſächlich in poſitivem Sinne eine Niederſchlagung erfolgen m u ß. Ich glaube deshalb, daß aus dieſem logiſchen Grunde, weil ſchon der Begriff „muß“ oder „wird“ ſich nicht deckt mit dem Begriff des Finanzhoheitsrechtes, es unrichtig, zum mindeſten aber unzweckmäßig wäre, hier eine Anderung zu treffen. 1 Dann, meine Herren, iſt vor allen Dingen noch der Antrag vom Herrn Stadtverordneten Zietſch geſtellt worden, der der Ordnung der