118 Sie ſie dem Magiſtrat zur Berückſichtigung oder als Material überweiſen, der Magiſtrat wird ſich durch den Inhalt dieſer Petition wahrſcheinlich nicht von ſeinen Erwägungen drängen laſſen, die dahin gehen, ſehr reiflich zu überlegen, ob und welche Ausgeſtal⸗ tung dieſe Badeanſtalt haben muß. Ich möchte es mir deshalb auch verſagen — zumal ich erwarte, daß wir uns über dieſe Vorlage noch ſehr eingehend werden unterhalten müſſen —, heute auf die Aus⸗ führungen des Herrn Stadtverordneten Jaſtrow einzugehen. Denn die Frage, was man unter den Begriff einer Volksbadeanſtalt vereinigen kann, und welchen Charakter gerade die Anſtalt in der Nürnberger Straße tragen muß, iſt viel zu ſchwierig, als daß man ſie hier, noch dazu ohne jede Unter⸗ lage, verhandeln könnte. Ich möchte nur noch ein⸗ mal mitteilen, daß das eben gerade das Problem iſt, das gelöſt werden ſoll, und über deſſen Löſung ſich die zuſtändigen Inſtanzen heute leider noch immer nicht einig ſind. Stadtv. Wilk: Meine Herren, auch wir ſind der Meinung, daß die Petition dem Magiſtrat ledig⸗ lich als Material überwieſen werden ſoll, trotzdem ja die Sache nach den Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters für die Entſchließung des Magi⸗ ſtrats vollſtändig gleich iſt. Aber, meine Herren, ich bin nicht der Meinung, daß die Frage der Er⸗ richtung einer Badeanſtalt im Weſten Charlotten⸗ burgs derartig brennend iſt. (Zurufe: Oſten!) — Nun, ich bezeichne das als Weſten. (Heiterkeit.) Es iſt der Weſten Berlins. — Jedenfalls iſt die Frage nicht ſo dringend, daß wir ſchon heute eine derartig koſtſpielige Anlage in dieſer Gegend beſchließen. Ich bin vielmehr der Meinung, genau ſo wie Herr Kollege Jaſtrow, daß uns weit wichtigere Fragen jetzt intereſſieren müſſen. Wo eine Badeanſtalt zu errichten wäre, das iſt in dem Stadtteil jenſeits der Spree. Dieſer Stadtteil muß bei jeder Ge⸗ legenheit hier in Erinnerung gebracht werden. Niemals kommt der Magiſtrat mit Vorlagen für dieſen Stadtteil. Ich möchte daher dringend er⸗ ſuchen, daß man, wenn man ſchon an die Errichtung einer Badeanſtalt herantritt, beſonders dieſen Stadt⸗ teil im Auge behalten möge. Stadtv. Stein: Meine Herren, gerade weil wir 9 Jahre darauf warten, möchte ich doch bitten, daß wir nicht noch länger warten müſſen, vielleicht noch 9 Jahre. Es iſt geſagt worden: es fehlt da eine Badeanſtalt; das wird von verſchiedenen Herren beſtritten. Ich möchte die Herren bitten, ſich in den Häuſern da umzuſehen; es gibt im Oſten eine ganze Reihe von Häuſern, in denen keine Badeeinrichtung iſt. Für die Bewohner dieſer altmodiſchen Häuſer iſt es dringend nötig, daß dort eine Badeanſtalt errichtet wird. (Zuruf bei den Sozialdemokraten: Die fahren ja nach der Oſtſee!) Es iſt ja möglich, daß Sie es nicht für ſo nötig halten; es iſt ja mit dem Baden eine eigne Sache. Der Oſten iſt nicht zu beneiden. Wir ſind dort, mitten zwiſchen Sanatorien, von dieſer Nachbarſchaft nicht beglückt und ſehen beſonders die Rote⸗Kreuz⸗Wagen und die Leichenwagen vorbeifahren. Meine Herren, es iſt ja nicht nötig, daß die Badeanſtalt koloſſal groß wird, und ich habe deshalb darauf hingewieſen, daß auch noch andere Anſtalten im Nordoſten zu Sitzung vom 14. März 1910 erbauen ſind. Es iſt nicht nötig, daß wir nur für das Grundſtück die teure Miete zahlen — das habe ich gemeint. Gegenüber dem Herrn Bürgermeiſter ſage ich das. Gut, meine Herren, errichten wir eine billigere Badeanſtalt und daneben die andern Baulichkeiten! Ich will Ihnen noch etwas anderes mitteilen, was ich vor kurzem von dem Stadtverordneten⸗ vorſteher von Wilmersdorf gehört habe. Der hatte keine Ahnung, daß ſeit 9 Jahren eine Badeanſtalt bei uns errichtet werden ſoll, und ſagte: Gott, das iſt ja reizend, daß ich das höre, wir waren eben dabei, in Wilmersdorf eine Badeanſtalt zu bauen. (Heiterkeit.) Stadtv. Dtto: Ich weiß wirklich nicht, ob Herrr Kollege Stein durch ſeine letzte Mitteilung den An⸗ trag der Petitionskommiſſion ſonderlich gefördert hat. Ich muß allerdings ſagen, daß die Ausführungen des Herrn Bürgermeiſters mich nach einer Richtung überraſcht haben: es klang aus den Worten des Herrn Bürgermeiſters heraus, als ob es dem Magiſtrat materiell ziemlich gleich ſei, ob die Stadtverord⸗ netenverſammlung eine Petition als Material oder zur Berückſichtigung überweiſe. Nun, die Stadt⸗ verordnetenverſammlung verbindet damit eine ganz beſtimmte Abſicht, wenn ſie eine gewiſſe Leiter aufſtellt. Wenn ſie etwas als Material überweiſt, ſo wird damit auf eine Beſchlußfaſſung nicht gedrängt, ſondern dem Magiſtrat nur anheim⸗ gegeben, die Sache neben anderem Material zu prüfen. Wenn die Stadtverordnetenverſammlung eine Petition zur Erwägung überweiſt, ſo liegt darin ſchon eine beſtimmte Mahnung an den Magiſtrat, recht bald einen Beſchluß zu faſſen. Und wenn die Stadtverordnetenverſammlung die höchſte Sproſſe der Leiter, die ihr zur Verfügung ſteht, betritt, und ſagt: ſie überweiſt dem Magiſtrat eine Petition zur Berückſichtigung, ſo liegt darin der dringende Wunſch ausgeſprochen, daß der Magiſtrat möglichſt bald zu der Frage, die in der Petition berührt iſt, Stellung nehme. (Sehr richtig!) Wir wollen nicht, daß der Magiſtrat ſich aus wohl⸗ erwogenen Erwägungen, wie der Herr Bürger⸗ meiſter ſagt, herausdrängen läßt; aber der Magiſtrat kann ſehr wohl eine Frage ſchneller in Arbeit nehmen als eine andere. Und nun befürchte ich nicht, was Herr Kollege Jaſtrow befürchtet, daß wir uns, wenn wir dieſe Petition nach dem Antrage des Petitionsausſchuſſes zur Berückſichtigung überweiſen, damit in irgend⸗ einer Weiſe feſtlegen. Wer den Inhalt der Petition geleſen hat — von dem Inhalt iſt bis jetzt noch recht wenig die Rede geweſen —, (Stadtv. Holz: Sehr richtig!) der wird zugeben, daß man die Beſchlußfaſſung, die Petition zur Berückſichtigung zu überweiſen, nach zwei Richtungen auslegen kann. Einmal liegt darin im Sinne der Petenten die Bitte ausgeſprochen, daß der Magiſtrat nun endlich einmal zu einer Entſcheidung kommen möge, (ſehr richtig!) und dieſe Bitte iſt ihm ſo eindringlich von allen Seiten dieſer Verſammlung unterbreitet worden, daß ich glaube, daß dieſes einmütige Verlangen der Stadtverordnetenverſammlung auf den Magiſtrat nicht ohne Eindruck bleiben wird. (Stadtv. Stein: Hoffentlich!)