Sitzung vom 14. März 1910 — Hoffentlich, gewiß; wir ſind in der Beziehung wohl beide Optimiſten, Herr Kollege Stein. (Heiterkeit.) Für den Fall aber, daß der Magiſtrat dahin kommt, eine ſolche Luxusbadeanſtalt, wie ich ſie mal nennen will, nicht zu bauen, weil die Vorausſetzung, die er mit Recht ſtellt, daß eine ſolche Anſtalt ſich ſelbſt erhalten ſoll, nicht der Erfüllung nahe zu bringen iſt, dann liegt im Sinne der Petenten in dieſer Petition noch ein Zweites: nämlich dann unter allen Umſtänden ſobald wie möglich eine Volks badeanſtalt zu errichten. Es iſt in der Petition die Rede von dem Mittelſtande in jener Gegend und von den kleineren Mietern, und aus meiner Kenntnis dieſes Bezirkes, die eine ziemlich genaue iſt, muß ich Herrn Kollegen Stein völlig Recht geben; Herr Kollege Wilk hat ſehr Un⸗ recht, wenn er hat durchklingen laſſen, als ob in jenem Bezirk etwa nur wohlhabende Leute wohnen, die alle Jahre nach der Oſtſee fahren können. (Zuruf des Stadtv. Wilk.) — Nein, auch nicht der größte Teil, Herr Kollege Wilk. Sie haben in jenem Teile eine große Anzahl von ſogenannten kleinen Leuten wohnen, denen eine Volksbadeanſtalt ebenſo nötig iſt wie den Be⸗ wohnern der Krummen Straße, und wenn wir dieſe Petition zur Berückſichtigung überweiſen, ſo liegt darin auch ausgeſprochen: wird aus dem erſten Projekt nichts, dann möge der Magiſtrat recht bald den Bau einer Volksbadeanſtalt in die Wege leiten. Das ſchließt nicht aus, daß auch der Wunſch des Herrn Kollegen Wilk Erfüllung findet, den ich ebenfalls für berechtigt halte, nämlich in der Gegend jenſeits der Spree eine Volksbadeanſtalt zu bauen, und das ſchließt nicht aus, daß wir auf dieſem Wege weiter gehen und auch in andern Stadtgegenden Volksbadeanſtalten erbauen nach dem Vorbild der Volksbadeanſtalt in der Krummen Straße, die ſich ausgezeichnet bewährt hat. (Bravo!) Bürgermeiſter Matting: Meine Herren, wenn Sie in der Annahme des Antrages des Petitions⸗ ausſchuſſes weiter nichts erblicken, als was Herr Stadtv. Otto ſoeben darin zu ſehen wünſcht, nämlich den Ausdruck, daß Sie die Angelegenheit der Badeanſtalt in der Nürnberger Straße nun nachgerade für dringlich halten, ſo iſt ſelbſtverſtänd⸗ lich 4. gar nichts zu ſagen. Zu einer ſolchen Außerung haben Sie die vollſte Berech⸗ tigung. Ich habe nur ſagen wollen: wenn Sie mit der Annahme der Petition etwa gleichzeitig eine materielle Entſcheidung treffen würden, ſo, wie Herr Stadtv. Jaſtrow nach ſeinen Ausführungen es für möglich hält, ſo kann eine derartige Annahme den Magiſtrat nicht von der Pflicht entbinden, ſachlich ſo ſorgfältig ſeine Vorbereitungen zu treffen, wie es nötig iſt, um Ihnen eine Vorlage zu machen, die er wirklich vor Ihnen vertreten kann. Stadtv. Holz: Ich glaube, wir können Herrn Kollegen Otto ſehr dankbar ſein, daß er den ſpringen⸗ den Punkt, den Inhalt der Petition herausgehoben hat. Daraus ergibt ſich ganz klar und deutlich, daß wir gar nichts anderes tun können als den Antrag des Petitionsausſchuſſes annehmen. Denn wenn in der Petition ſteht, was ja von mehreren Seiten ausgeſprochen worden iſt, daß wir nach Ablauf von 9 oder 10 Jahren endlich eine Erklärung vom Magiſtrat haben wollen, ob dort eine Bade⸗ 119 anſtalt gebaut wird oder nicht, ſo, meine ich, können wir gar nicht anders als ſo beſchließen. Es muß jetzt, meine Herren, ein Ende geſehen werden. Deshalb war es ganz gut, daß Herr Kollege Otto uns gewiſſermaßen einmal die Steigerung vergegen⸗ wärtigt hat zwiſchen Material, Erwägung und Berückſichtigung. Der Magiſtrat wird eben, wenn die Stadtverordnetenverſammlung beſchließt, die Petition dem Magiſtrat zur Berückſichtigung zu überweiſen, endlich Schluß machen und zeigen, was er für eine Vorlage uns bringen wird. Aber etwas muß geſchehen. Ich will deshalb, meine Herren, und mit Rückſicht auf die vorgeſchrittene Zeit nicht weiter auf die Sache eingehen. Allerdings iſt es richtig, daß Herr Kollege Stein mit dem Argument, das er zuletzt angeführt hat, den Befürwortern der Volksbadeanſtalt keinen Dienſt erwieſen hat. Wenn er nämlich ſagt, daß Wilmersdorf eine Volksbadeanſtalt bauen will, ſo könnte ich ja entgegnen: wenn wir dort eine Badeanſtalt bauen würden, würden wir zweifellos alle Nachbargemeinden — Schöneberg, Wilmers⸗ dorf — heranziehen, beſonders wenn die Bade⸗ anſtalt ſo großartig gebaut werden ſollte, wie ſie ge⸗ plant worden iſt. Aber, meine Herren, es kommt, wie geſagt, nur auf die Beſchaffenheit der Petition an. Die Petition will, daß endlich eine Badeanſtalt gebaut wird, ſie will, daß dort eine Badeanſtalt gebaut wird, weil das Bedürfnis dort vorhanden iſt — darin ſtimme ich mit Herrn Kollegen Stein vollkommen überein —, und wenn das Bedürfnis vorhanden iſt, muß eben der Magiſtrat ſo ſchnell wie möglich eine Vorlage bringen. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Mottek (Schlußwort): Ich wollte nur noch feſtſtellen, daß wir nicht 10 Jahre auf dieſe Badeanſtalt warten, ſondern nur 5 Jahre. Es ſollte, wie ich ſchon ausführte, dort urſprünglich eine Gemeindedoppelſchule errichtet werden, und erſt im Februar 1905 iſt die Anleihe zur Beſchaffung der Mittel für eine Badeanſtalt bewilligt worden. Aber ſelbſt in dieſen 5 Jahren hätte auf dem Terrain das eine oder andere ge⸗ ſchehen können, um dasſelbe für ſtädtiſche Zwecke zu verwenden. (Die Verſammlung beſchließt nach dem Antrage des Petitionsausſchuſſes, die Petition III dem Magiſtrat zur Berückſichtigung zu überweiſen.) Borſteher Kaufmann: Wir kommen nunmehr zum letzten Punkt der Tagesordnung: Bericht des Etatsausſchuſſes über den Stadt⸗ haushaltsetat für 1910. — Druckſachen 23, 43, 45. Zunächſt: Kap. II4. Höhere Knabenſchulen. Berichterſtatter Stadtv. Schwarz: Meine Herren, die Überſchrift ſoll von jetzt ab lauten: Höhere Lehranſtalten für die männliche JIugend. Der Etatsausſchuß empfiehlt die Annahme der auf Druckſeite 67 der Vorlagen angegebenen Anderungen und ferner folgende Beſchlußfaſſung.