Sitzung vom 14. März 1910 eines gewiſſen Vorbehalts meinerſeits eingeflößt. Ich glaube, dieſer Verdacht iſt unberechtigt. Ich wollte nichts weiter ſagen, als daß die Beſchluß⸗ faſſung dem Magiſtrat überlaſſen bleibt, und daß wir nicht wiſſen können, zu welchen Reſultaten der Magiſtrat kommt. Nun noch ein Wort zum Herrn Kollegen Dr Liepmann. Er ſagte, es werde mit der Aufhebung der Vorſchulen ein Zwang auf die Eltern aus⸗ geübt. Keineswegs! Den Eltern ſteht es frei, aus ihren Mitteln die Kinder Privatſchulen be⸗ ſuchen zu laſſen. Was wir verhindern wollen, iſt eben, daß ein Zwang des Kapitals auf unſere öffentlichen Schulen ausgeübt wird, in dem Sinne, daß uns dadurch keine Plätze mehr übrig bleiben für begabte Kinder unbemittelter Eltern. Ich glaube, es iſt ein Wunſch jedes Pädagogen, daß der höheren Schule dieſe begabten Kinder zuge⸗ führt werden, mit denen er gute Reſultate er⸗ zielen kann. Auf die für Erhaltung der Vorſchulen ein⸗ tretenden Mütter brauchen wir keine Rückſicht zu nehmen. Die Frauen haben heutzutage Gelegen⸗ heit genug in der Welt, ihre Forderungen durch⸗ zuſetzen, und ich glaube, hier gerade iſt es am Platze, daß wir Männer die Führung übernehmen und ſagen: es iſt für unſere Kinder beſſer, daß ihr ſie nicht von denen der minderbemittelten Klaſſen abſchließt! Meine Herren, als wir ehemals mit der Re⸗ form der Volksſchulen begannen — ich hatte die Ehre, von Anfang an beteiligt zu ſein —, da war unſer vornehmſtes Streben, die Frage zu löſen: wie fangen wir es an, ohne Zeitverluſt und mög⸗ lichſt raſch den begabten Kindern der wirtſchaftlich ſchlechter geſtellten Klaſſen den Zugang zu den höheren Lehranſtalten zu öffnen? Dies Problem iſt dank der Arbeit unſeres Stadtſchulrates und der Deputation, die zu dieſem Zwecke eingeſetzt war, gelöſt worden, und ich hoffe, daß die nächſten drei Jahre uns in dieſer Beziehung ſehr erfreuliche Reſultate bringen werden. Ich kann alſo nur in Übereinſtimmung mit meinem Freunde Otto und meinen anderen Freun⸗ den Sie bitten, die Vorſchläge des Etatsausſchuſſes anzunehmen. Stadtv. Dr. Liepmann (perſönliche Bemer⸗ kung): Meine Herren, der Herr Berichterſtatter hat mir den Vorwurf der Rückſtändigkeit gemacht. Ich laſſe mir dieſen Vorwurf ſehr gern machen, wenn er eine Rückſtändigkeit darin findet, daß ich vermieden haben will, durch eine Einrichtung, wie er ſie wünſcht, eine Differenzierung zwiſchen Reich und Arm hervorgebracht zu ſehen. Denn wenn die Eltern derjenigen Kinder, die ſie nicht in die ſ Volksſchule ſchicken wollen, ſie die Privatſchulen beſuchen laſſen, erreichen wir ſtatt der Einigung die Trennung. Dann werden Mittelſtand und die höheren Stände auf der einen Seite und die ärmere Klaſſe auf der anderen Seite eingeſchult werden. Sie haben dann den Unterſchied: hie reich, hie arm — gegenüber dem jetzigen doch entſchieden vor⸗ zuziehenden Zuſtand, da hauptſächlich die ſoziale Schichtung für die Wahl der Schulart entſcheidend iſt. (Die Verſammlung beſchließt nach dem An⸗ trage des Etatsausſchuſſes, wie folgt: Der Magiſtrat wird erſucht, zu erwägen, ob und inwieweit die durchgeführten Maß⸗ 123 nahmen betr. Hebung der Volksſchulen nun⸗ mehr die Aufhebung auch der zurzeit be⸗ ſtehenden Vorſchulen an den höheren Lehranſtalten geſtatten und ſtellt Kapitel II 4, höhere Lehranſtalten für die männliche Jugend, in Einnahme und Ausgabe nach dem Voranſchlage des Magiſtrats mit den auf Druckſeite 67 der Vorlagen angeführten und den vom Berichterſtatter vorgetragenen Anderungen feſt.) Vorſteher Kaufmann: Kapitel vII, Hochbau, iſt abzuſetzen für nächſten Mittwoch. Kapitel IX. Feuerlöſch⸗ und Straßen⸗ reinigungsweſen. Berichterſtatter Stadtv. Jaſtrow: Ich be⸗ antrage die Annahme dieſes Kapitels in Einnahme und Ausgabe mit den auf der Druckſeite 68 der Vorlagen angegebenen Anderungen. Stadtv. Dtto: Meine Herren, die ſtädtiſchen Straßenreiniger haben den Wunſch, daß ihre Ar⸗ beitszeit geändert werde. Sie ſind jetzt im Sommer und Winter beſchäftigt von 7 Uhr morgens bis 7 Uhr abends, und ihr Wunſch geht dahin, im Sommer von 6 Uhr morgens bis 6 Uhr abends beſchäftigt zu werden. Sie begründen dieſen Wunſch damit, daß ſie dann an den Sommerabenden etwas mehr Zeit haben, ſich ihrer Familie zu widmen. Ich muß anerkennen, daß dieſe Begründung vieles für ſich hat, und ich bitte den Magiſtrat, dieſem Wunſche eine wohlwollende Prüfung zuteil werden zu laſſen. Stadtrat Boll: Wir werden die Wünſche in wohlwollende Erwägung nehmen. Stadtv. Wilt: Meine Herren, mir war es nicht möglich, im Etatsausſchuß noch einige Wünſche zur Sprache zu bringen, die ſich insbeſondere um die Bekleidungskammer drehen. Es iſt ſeitens der hie⸗ ſigen ſtädtiſchen Gärtner der Wunſch ausgeſprochen worden, in bezug auf ihre Kleidung etwas anders geſtellt zu werden, außerdem auch für die jetzt vor⸗ handene Bekleidung eine beſſere Art von Stoffen zu erhalten. Die Leute haben mir einige Proben mitgegeben; es wird die Herren hier weniger inter⸗ eſſieren, eine genauere Unterſuchung anzuſtellen. Jedenfalls ſind die Stoffproben, die mir hierher gegeben ſind, nicht beſondere, und ich möchte daher dringend erſuchen, daß man in der Auswahl dieſer Stoffe etwas mehr Sorgfalt verwendet, ins⸗ beſondere in bezug auf den ſogenannten Sommer⸗ ſtoff, der derartig beſchaffen iſt, daß er, ſobald er dem Regen ausgeſetzt iſt und dann wieder trocken wird, o harte Stellen bekommt, daß er den Körper wund reibt. Dieſelben ſchlechten Eigenſchaften treffen auch auf die Stoffarten zu, die die Kanalarbeiter er⸗ halten. Fernerhin wird darüber geklagt, daß dieſe Stoffe ſehr leicht abfärben, und zwar in folgender Weiſe. Die Kanalarbeiter haben ſchwarz gefärbte Joppen oder Jacken. Sobald ſie naß geworden ſind oder ſchwitzen, wird die Unterwäſche von dem Farbſtoff, der in dieſen Stoffen enthalten iſt, voll⸗ ſtändig beſchmutzt. Weiter haben die hieſigen ſtädti⸗ ſchen Bogenlampenwärter den Wunſch ausge⸗ ſprochen, für ihren Dienſt auf den Straßen Regen⸗ mäntel zu bekommen. Ich möchte an die Verwal⸗ tung die dringende Bitte richten, dieſen Wünſchen entgegenzukommen.