126 Stadtv. Zietſch: Nach der vorzüglichen Be⸗ gründung der vorliegenden Anträge durch die beiden Herren Vorredner kann ich es mir geſtatten, auf die Begründung meines Antrages zu verzichten. Stadtrat Dr. Gottſtein: Die praktiſche Seite der Maßregel iſt nicht ſehr we itgehend, und ich ver⸗ hehle mir auch nicht, daß nach den vorausgegan⸗ genen Ausführungen die Annahme des Antrages des Magiſtrats und der Deputation für Geſund⸗ heitspflege nicht ſehr wahrſcheinlich iſt. Da aber das Wort gefallen iſt, die geplante Maßnahme ſei antiſozial, ſo muß ich die Deputation für Geſund⸗ heitspflege dagegen verwahren, daß ſie durch irgend⸗ welche Erwägungen ſich beſtimmen laſſen könnte, Maßregeln unhygieniſcher oder antiſozialer Art zu treffen. Unſere Gründe waren ganz anderer Art. Von den drei Kategorien von Bädern, die wir verabreichen, dienen die Wannenbäder und die Brauſebäder der öffentlichen Geſundheits⸗ fürſorge; es iſt von keiner Seite angeregt worden, die Sätze hierfür zu erhöhen. Ein ſolcher Vorſchlag hätte auch ſtritte Ablehnung erfahren. Die Schwimmbäder dagegen dienen zum Teil der privaten Geſundheitsfürſorge, und es iſt be⸗ rechtigt, von den Intereſſenten dafür einen ange⸗ meſſenen Preis zu verlangen. Nur ſoweit die Aus⸗ bildung der Bevölkerung, namentlich der Jugend, im Schwimmen in Frage kommt, liegt ein öffent⸗ liches Intereſſe vor, dem wir ausreichend Rechnung tragen. Vor zwei Jahren haben wir an die Jugend 12 600 Schwimmbäder unentgeltlich verabreicht, im vorigen Jahre 17 000, und in dieſem Jahre wird die Zahl 20 000 überſchreiten. Damit iſt das er⸗ reicht, was Herr Stadtverordneter Braune ge⸗ wünſcht hat. Soweit dagegen die private Geſundheitspflege in Frage kommt, die durch die Herſtellung des Schwimmbades allein von uns ſchon unterſtützt wird, ſo liegt ſie nur zum Teil im Intereſſe der geſamten Bevölkerung. Wir haben ihr dadurch Rechnung getragen, daß die Stadt einen Zuſchuß leiſtet — in welchem Umfange, dafür ſind wirt⸗ ſchaftliche Verhältniſſe maßgebend. Ich will für dieſe zwei Zahlen anführen: in den Jahren 1905 und 1906 betrug der ſtädtiſche Zuſchuß für die Be⸗ triebskoſten abzüglich der einmaligen Ausgaben rund 2500 ℳ, im nächſten Jahre 6600 ℳ. Das Jahr 1908 war abnorm, weil die Zweigſtelle errichtet und die Schwimmhalle repariert wurde: der Zuſchuß betrug an 40 000 ℳ. Im laufenden Jahre wird der Zu⸗ ſchuß 15 000 ℳ betragen. Er hat ſich alſo in drei Jahren auf das ſechsfache erhöht. Er verteilt ſich eigenartig auf die verſchiedenen Kategorien der Bäder. Die Selbſtkoſten für das einzelne Brauſe⸗ bad betragen § bis 11 Pfennig, wir geben es für 10 Pfennig; das Wannenbad 12 bis 17 Pfennig, wir geben es für 25 Pfennig. Auf ein Schwimm⸗ bad, gleichviel, ob für Kinder oder Erwachſene, weil wir das Baſſin im Sommer täglich füllen, kommen mehr als 40 Pfennig Koſten; wir verabreichen es für 10 bzw. 20 Pfennig. Im vorigen Jahre haben wir alſo aus den Brauſebädern unſere Ausgaben wieder einbekommen, aus den Wannenbädern etwa 15 000 ℳ. eingenommen und zu den Schwimm⸗ bädern etwa 30 000 ℳ Zuſchuß gegeben. Es war, da eine weſentliche Erhöhung unſerer Ausgaben für Löhnung und Heizungsmaterial eingetreten iſt, nicht mehr als billig, zu erwägen, ob die Inter⸗ Sitzung vom 14. März 1910 eſſenten nicht zu dieſen vermehrten Koſten herangezogen werden ſollen. Nun liegt eine Reſolution des Etatsaus⸗ ſchuſſes vor: im Falle der Erhöhung der Sätze für Abonnenten einen billigeren Satz, ebenſo wie in andern Städten, einzuführen. Ich habe dazu zu bemerken, daß vor fünf Viertel⸗ jahren die Deputation die Frage der Einführung von Stammkarten erwogen hat. Sie hat dieſe Frage im gegenwärtigen Etat zurückgeſtellt, aber beſchloſſen, falls eine Erhöhung der Preiſe eintreten ſollte, die Frage der Stammkarten wieder aufzu⸗ nehmen. Für den unwahrſcheinlichen Fall, daß Sie dem Antrage des Magiſtrats folgen würden, wären wir daher genötigt, ſchon in der nächſten Deputationsſitzung den Antrag einzubringen, daß Stammkarten für etwa 10 Bäder eingeführt wer⸗ den. Ich würde damit den Antrag verbinden, auch den Schwimmvereinen, bei denen eine andere Ab⸗ rechnung ſtattfindet, den alten Satz zu gewähren, weil hier wirklich ein öffentliches Intereſſe vorliegt, während ſonſt bei der Benutzung der Schwimm⸗ halle meiſt nur ein privates, geſundheitliches Inter⸗ eſſe eintritt, bei dem wir nicht verpflichtet ſind, die ganze Höhe der Steigerung unſerer Unkoſten unſererſeits aufzubringen. Wie Sie auch immer beſchließen: für die regelmäßigen Intereſſenten der Schwimmhalle wird nichts geündert, und für die anderen iſt die Sache nur wenig belangreich, ſo daß, wie der Be⸗ ſchluß auch ausfallen wird, wir uns mit ihm ab⸗ finden können. Stadtv. Meyer: Ich teile die Auffaſſung des Herrn Kollegen Dr Stadthagen, daß, wenn wir von der Erhöhung der Gebühren abſehen, die Reſolution überflüſſig iſt und abgelehnt werden ſollte. (Die Beratung wird geſchloſſen.) Berichterſtatter Stadtv. Dr. Landsberger: Die Ausführungen des Herrn Stadtrats Gottſtein haben klar gelegt, weshalb die Geſundheitspflege⸗ deputation und auch der Etatsausſchuß dazu ge⸗ kommen ſind, Ihnen die Erhöhung der Schwimm⸗ badpreiſe vorzuſchlagen. Es iſt nicht erwähnt wor⸗ den der eine Geſichtspunkt, der vielleicht berück⸗ ſichtigt zu werden verdient, daß nämlich das Schwimmbad in der Krummen Straße an man⸗ chen Stunden geradezu überfüllt i ſt und wir das Intereſſe haben, ſolange wir kein anderes Schwimmbad haben, es nicht übermäßig voll drängen zu laſſen. Deshalb würde eine Er⸗ höhung wohl nicht unberechtigt ſein. Außerdem muß man behaupten, daß in der Tat die Schwimm⸗ bäder doch im weſentlichen von der zahlungsfähi⸗ geren Bevölkerungsſchicht benutzt werden; neben⸗ her gewährt die Stadt, wie Sie aus dem Munde des Herrn Stadtrats Gottſtein gehört haben, mit großer Opulenz ſehr vielen Schülern die Benutzung des Schwimmbades ganz ohne Entgelt. Ich meine alſo, die Beſchlußfaſſung des Etatsausſchuſſes war ſachlich nicht ganz unbegründet. Ich ſtelle die Be⸗ ſchlußfaſſung anheim, erwarte aber als logiſche Konſequenz, daß, wenn Sie die Erhöhung ablehnen und das Schwimmbad wieder mit 20 Pfennig nor⸗ mieren ſollten, die Einführung von Stammkarten unterbleibt. 8 (Die Verſammlung beſchließt nach dem An⸗ trage der Stadtverordneten Braune, Dr Stadthagen und Zietſch, wie folgt: mit