144 Straße fertigzuſtellen. Nach den Grundſätzen, die die Stadtverordnetenverſammlung in Überein⸗ ſtimmung mit dem Magiſtrat bisher befolgt hat, wird eine derartige Regulierung immer nur vor⸗ genommen, wenn die erforderlichen Mittel von den Anliegern zur Verfügung geſtellt werden. Nun ergibt ja die Petition des Bezirksvereins Nonnen⸗ damm, die ich erſt jetzt hier in der Sitzung kennen lerne, daß angeblich die Mittel ſichergeſtellt ſind. Meine Herren, ich weiß nicht, woher die Herren Petenten dieſe Kenntnis haben. Ich kann Ihnen mitteilen, daß erſt ſeit ganz kurzer Zeit die Ver⸗ handlungen zwiſchen der Firma Siemens & Halste, einigen Anliegern und uns in die Wege geleitet ſind wegen der Regulierung der Straße 45. Ob die Verhandlungen zu dem erwünſchten Reſultate führen werden, das wiſſen wir nicht. Wir wollen das Beſte hoffen, und Sie können verſichert ſein, daß wir unſererſeits uns bemühen werden, die Verhandlungen mit aller Energie zu führen. Aber etwas Mehreres können wir der Stadt⸗ verordnetenverſammlung heute nicht mit⸗ teilen. Aus dieſen Gründen empfiehlt es ſich auch nicht, zu beſchließen, daß noch in dieſem Etatsjahre die Straße 45 reguliert wird. Denn, wie geſagt, die Möglichteit der Regulierung hängt davon ab, daß auch tatſächlich die erforderlichen Mittel zur Verfügung geſtellt werden, wie es bei uns üblich iſt. Wenn die Firma Siemens « Halske die in der Petition erwähnten 150 000 ℳ zahlt und auf dieſe Weiſe die Anlieger entlaſtet und ſich im übrigen die Anlieger verpflichten, den Reſt der vollen Koſten zu zahlen, ſo werden wahrſcheinlich keine Bedenten gegen die Regulierung entſtehen. Die techniſche Prüfung dieſer Frage iſt freilich noch nicht vollſtändig abgeſchloſſen. Ich möchte Sie bitten, bei der Ungetlärtheit der Sachlage nicht einen Beſchluß zu faſſen, deſſen Tragweite die Stadtverordneten⸗ verſammlung nach meinem Dafürhalten nicht ohne weiteres überſehen kann. Stadtv. Wilk: Meine Herren, ich konnte es mir ſchon denken, daß die Geſchichte wieder ab⸗ gelehnt wird, daß von ſeiten des Magiſtrats ab⸗ gewinkt wird. Es wird eben nichts gemacht, und wenn wir heute nicht zu einem endgültigen Be⸗ ſchluſſe kommen, ſo ruht die Sache wieder aller Wahrſcheinlichteit nach auf Jahre hinaus. Es iſt im allgemeinen eine verbreitete Tatſache, daß von dem Magiſtrat der Firma Siemens & Halste in bezug auf die Regulierung des Nonnendamms die größten Schwierigkeiten in den Weg gelegt werden. Die Firma Siemens é Halske hat ſeinerzeit verſucht, weil ihr die Anlage in der Franklinſtraße zu klein wurde und die Werke in Berlin in der Markgrafenſtraßo aufgehoben wurden, ſich innerhalb Charlottenburgs niederzulaſſen. In Charlottenburg hat man einfach die Sache abgelehnt; es ſoll ſogar in einer Sitzung, an der durchaus glaubwürdige Perſonen teilgenommen haben — wenn ich mich recht erinnere, ſollen Herr von Siemens und namhafte Perſonen des Siemens⸗ konzerns ſowie Mitglieder des Magiſtrats an⸗ weſend geweſen ſein —, in dieſer Sitzung ſoll von einem unſerer Stadträte die Außerung gefallen ſein: wir werden in Charlottenburg die Induſtrie ausräuchern. (Hört! hört!) Sitzung vom 22. März 1910 Meine Herren, wollen Sie denn etwa aus Char⸗ lottenburg eine Agrarierſtadt machen und weiter nichts haben als Kohlrübenbauern? (Heiterkeit.) Wir können doch zufrieden ſein, daß wir ſo groß⸗ artige induſtrielle Werke hier haben. Wenn die Dinge ſo liegen, daß die Regulierung des Nonnen⸗ damms künſtlich hintertrieben wird, daß der Firma Siemens « Halske Schwierigkeiten gemacht werden, dann müſſen wir uns als Stadtverordnete auf das allerenergiſchſte dagegen verwahren. Die Firma Siemens hat beim Magiſtrat beantragt, ſie wolle den Bahnhof Fürſtenbrunn anlegen. Das wurde hier auch in der Etatsausſchußſitzung ſchon beſprochen. Die Stadt Charlottenburg hat einfach die Genehmigung dazu nicht erteilt. Die Firma Siemens hat dann kurzen Prozeß gemacht und hat mit ihrer bekannten amerikaniſchen Ge⸗ ſchwindigkeit den Bahnhof auf eigene Koſten er⸗ richtet. Die Stadt Charlottenburg hat rechtzeitig Einſpruch erhoben — rechtzeitig! —, wurde aber mit ihrem Einſpruch abgewieſen. Das gleiche iſt bei der Brücke am Fürſtenbrunner Weg geſchehen. Da ſind Verhältniſſe geweſen, die jeder Beſchrei⸗ bung ſpotten. Es beſtand eine kleine Fähre, die den Verkehr zwiſchen der Charlottenburger Seite und dem Stadtteil Nonnendamm, alſo dem Kabelwerk Siemens vermittelte, eine Fähre, die im Höchſtfalle 100 oder 150 Perſonen faſſen konnte. Nun wurde von Woche zu Woche das Werk vergrößert, und infolgedeſſen reichte die Fähre nicht mehr aus. Die Verhältniſſe lagen ſehr ſchwierig. Die Firma wußte ſich keinen anderen Ausweg, ſie kam bei der Stadt um die Erlaubnis zum Bau einer Brücke ein. Von der Stadt Charlottenburg wurde wieder geſagt: Sie bekommen die Erlaubnis zum Bau nicht, denn wir haben die Abſicht, hier eine große Hafenanlage hinzubauen und können alſo Ihre Brücke nicht gebrauchen, die würde uns ſtören. Die Firma Siemens hat ſich einfach geſagt: wir können das Riſiko nicht auf uns nehmen, wir werden jetzt die Brücke doch bauen. Denn wenn eines ſchönen Tages die Fähre umkippt, und es ertrinken uns 200—300 Mann, wer trägt die Ver⸗ antwortung? — Jedenfalls hat der Bauleiter — wahrſcheinlich ein ſehr geſchickter Mann — über den Kopf der Stadt ſofort mit dem Bau der Brücke auf dem anderen Ufer angefangen. Von Charlotten⸗ burg iſt dann auf der Charlottenburger Seite ein Beamter hingeſtellt worden, der mit Argusaugen darüber wachte, daß nur nichts auf Charlottenburger Gebiet gemacht wurde, was dem Bau einer Brücke ähnlich ſah. Aber man hat es doch verſtanden ob der betreffende Beamte zu dumm war oder was ſonſt, weiß ich nicht, jedenfalls hat er nicht die nötige Auf⸗ merkſamkeit an den Tag gelegt —, eines ſchönen Tages hat die Bauleitung von der Firma Siemens ihre Brücke genommen und ſie nach Charlotten⸗ burg hinübergeſchoben. Die Brücke war fertig. Selbſtverſtändlich hat nun Charlottenburg eins, zwei, drei ſofort Beſchwerde eingelegt; ſie iſt auch mit dieſer Beſchwerde abgewieſen worden. Meine Herren, was ſoll denn nun daraus werden! Sie ſehen, es wird tatſächlich ſyſtematiſch hintertrieben, daß die Firma Siemens ſich richtig entwickeln kann. Ich möchte daher dringend erſuchen, daß wir heute abend zu einem end⸗ gültigen Beſchluſſe kommen. (Bravo! bei den Sozialdemokraten.)