Sitzung vom 22. März 1910 Wie unrichtig dieſe Bemerkung iſt, geht ſchon daraus hervor, daß unſer Bebauungsplan für den Stadtteil nördlich der Spree nach ganz beſtimmten Prinzipien aufgeſtellt iſt. Wir haben ein Wohn⸗ quartier, das unmittelbar an die Anlagen Siemens & Halske angrenzt; da ſind breite Straßen, flache Baublöcke mit Vorgärten vorgeſehen, und da iſt durch Polizeiverordnung die Anlage von Fabriken ausgeſchloſſen. Wir haben ferner ein Quartier, das ausdrücklich für Fabriken beſtimmt iſt, das iſt das Quartier öſtlich der Straße 77, wenn ich die Bezeichnung des Bebauungsplans richtig im Ge⸗ dächtnis habe. Dieſes Quartier iſt mit beſonders tiefen Baublöcken vorgeſehen und iſt ausgezeichnet zur Anlage von Fabriken geeignet. Es iſt alſo auch nur ein Gerücht, daß wir die Induſtrie vertreiben wollen; davon iſt gar keine Rede. Ich habe ſchon wiederholt Gelegenheit genommen, Intereſſenten dies beſonders zu verſichern. Im übrigen weiſe ich gegenüber den Ausführungen des Herrn Wilk darauf hin, daß wir erſt kürzlich das große Regu⸗ lierungsunternehmen von Zimmermann & Sohn im Stadtteil nördlich der Spree eingeleitet haben. Glauben Sie, daß dorthin Millionäre ziehen werden? Davon iſt keine Rede. Daß dort nur kleine Wohnungen gebaut werden, ergibt ſich von ſelber. Gerüchte, die geeignet ſind, gewiſſe Per⸗ ſonen oder den Magiſtrat zu diskreditieren, und durch die offenkundigen Tatſachen entkräftet werden, ſollten doch keine ernſtliche Beachtung finden. Gegenüber den Gerüchten iſt vielmehr weiter zu bemerken, daß, wenn derartige Ideen, wie ſie angeblich herrſchen ſollen, wirklich auftauchen ſollten, ſie von vornherein an den realen Tatſachen ſcheitern würden. Es iſt ja undenkbar, daß man ſolchen Verhältniſſen, die ſtärker ſind als der Wille einzelner, entgegentreten kann. Nun hat der Herr Stadtv. Wilk aus der Er⸗ klärung, daß der Magiſtrat bereit ſei, die Regu⸗ lierung eines Teils des Nonnendamms bis zur Straße 45 und der Straße 45 ſelbſt möglichſt zu fördern, die Berechtigung ſeines Antrages ableiten zu können geglaubt. Ja, meine Herren, wenn wir bereit ſind, etwas tunlichſt zu fördern, dann tun wir das unter der Vorausſetzung, daß uns die Mittel, von denen in der Petition geſprochen wird, auch tatſächlich zur Verfügung geſtellt werden. Aber Ihr Antrag geht ja dahin, wir ſollen im Jahre 1910 die Straße 45 regulieren. Wenn Sie noch wenigſtens die Bedingung daran geknüpft hätten, Herr Wilk: unter der Vorausſetzung, daß ein Regulierungsvertrag mit den Anliegern und der Firma Siemens Halske zuſtande kommt! (Stadtv. Wilk: Der kommt ja zuſtande!) — Ja, nach Ihrer Meinung kommt er zuſtande. Es iſt häufig ſchon vorgekommen, daß die Herren ſagen: wir machen das —, und nachher geſchieht es nicht. Die Erfahrung am Nonnendamm lehrt doch, daß dort Erklärungen abgegeben ſind: wir werden dies und das tun —, und nachher iſt die Sache im Sande verlaufen. Sie ſchreiben dieſen negativen Erfolg uns zu Laſten, während das wo anders verbucht werden muß. Alſo, meine Herren, Sie können einen derartigen Beſchluß: die Straße 45 ſoll im Jahre 1910 reguliert werden, nicht faſſen, wenn Sie nicht ſelbſt Ihren bisherigen Grundſätzen untreu werden wollen. Herr Wilk wird mit ſeinem Antrag den eigenen Ausführungen nicht gerecht. Er erklärt ja ſoeben, daß die Regulierung nur ſtatt⸗ finden ſoll, wenn die erforderlichen Mittel zur Ver⸗ 147 fügung geſtellt werden und ein Regulierungs⸗ vertrag zuſtande kommt. (Die Beratung wird geſchloſſen. Kapitel vIII, Straßenbau, wird in Einnahme und Ausgabe nach dem Voranſchlage des Magiſtrats mit den vom Berichterſtatter vorgetragenen Anderungen feſt⸗ geſtellt.) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Wir kommen zur Abſtimmung über den Antrag Wilk und Gen. Die Unterzeichneten beantragen, daß in dieſem Etatsjahre die Straße 45 reguliert wird. (Der Antrag wird abgelehnt.) Stadtv. Wilk (zur Geſchäftsordnung): Dann ſtelle ich den Antrag — — (Zurufe: Das geht nicht mehr!) Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Das iſt jetzt zu ſpät, wir ſind bei der Abſtimmung. Stadtv. Wilk (zur Geſchäftsordnung): Dann ſtelle ich den Antrag, daß der Magiſtrat eine Vor⸗ lage in der allernächſten Zeit machen ſoll, die die Regulierung vorſieht. Vorſteher⸗Stellv. Dr. Hubatſch: Sie können einen beſonderen Antrag für die nächſte Sitzung einreichen; aber zu dieſem Punkte kann ich einen Antrag nicht mehr annehmen, da wir in der Ab⸗ ſtimmung ſind oder vielmehr ſchon abgeſtimmt haben. Über die Petitionen iſt noch abzuſtimmen. Der Etatsausſchuß empfiehlt, die Petition des Hausbeſitzers Rühl dem Magiſtrat zur Erwägung und die Petition von Creutzfeld und Gen. dem Magiſtrat zur Berückſichtigung zu überweiſen. (Die Verſammlung beſchließt demgemäß.) Durch den über den Antrag Wilk gefaßten Beſchluß ſind die zu dieſem Gegenſtande einge⸗ gangenen Petitionen gleichfalls erledigt. Das Protokoll vollziehen heute die Herren Dr Borchardt, Hirſch und Dr Stadthagen. (den Vorſitz über⸗ Vorſteher Kaufmann nehmend): Wir kommen zu Kapitel XII. Kapitalvermögen. Berichterſtatter Stadtv. Nickel: Der Etats⸗ ausſchuß empfiehlt die unveränderte Annahme des Kapitels. Ich bitte Sie, ſo zu beſchließen. (Die Beratung wird geſchloſſen. Kapitel XII, Kapitalvermögen, wird in Einnahme und Ausgabe nach dem Voranſchlage des Magiſtrats feſtgeſtellt.) Vorſteher Kaufmann: Kapitel XIII. Anleihedienſt. Zu dieſem Kapitel beantragt Herr Kollege Stadthagen: Der Magiſtrat wird erſucht, beim Städte⸗ tage zu beantragen, bei der Reichsregierung