Sitzung vom 22. März 1910 dieſe Verpflichtung in erſter Linie die Regierung zu erfüllen, für die ja die Poliziſten da ſind, die die Macht der Regierung und auch ihr Unrecht heute hochhalten und ſtärken müſſen und dafür zu ſorgen haben; nicht aber die Bürgerſchaft, die von den Poliziſten niedergeritten und niedergeknüttelt wird. Stadtv. Dr. Frentzel: Meine Herren, der Etatsausſchuß hat die Ausgabe⸗Poſition 32 des Ab⸗ ſchnitts 5, wie der Herr Berichterſtatter bereits ausgeführt hat, in Höhe von 400 ℳ geſtrichen. Sie betrifft einen Beitrag an die Rechtsſchutzſtelle für Frauen. Ich habe ſelber zu denen gehört, die für die Streichung geſtimmt haben, und möchte trotzdem oder vielleicht auch gerade deswegen Sie bitten, dieſe Poſition wiederherzuſtellen, nachdem einer großen Anzahl der Kollegen und auch mir Informationen zugegangen ſind, wonach ich es nicht für richtig halte, dieſe Streichung aufrecht zu er⸗ halten. Wir haben im Etatsausſchuß angenommen, daß die Arbeit dieſer Rechtsſchutzſtelle nicht gerade hoch anzuſchlagen ſei, namentlich deswegen, weil eine richtige juriſtiſche Kraft fehlt, die den Leitern dieſer Rechtsſchutzſtelle bei ihren Arbeiten zur Seite ſteht, und weil wir auch geglaubt haben, daß die Wirkſamkeit dieſes Vereins überflüſſig wäre durch die Exiſtenz der Rechtsauskunftsſtelle Groß⸗Berlin. Es hat ſich nun herausgeſtellt, daß dieſe Infor⸗ mationen nicht richtig waren. Der Verein hat ſich eine ſehr tüchtige juriſtiſche Kraft zur dauernden Unterſtützung geſichert und iſt deswegen auch in der Lage, wirklich Gutes zu leiſten. Wir haben er⸗ fahren, daß er eine erhebliche ſoziale juriſtiſche Tätigkeit oder allgemein rechtliche Tätigkeit, möchte ich lieber ſagen, ausübt, die von der Rechtsaus⸗ kunftsſtelle nicht ausgeübt werden kann und aus⸗ geübt wird. Es empfiehlt ſich infolgedeſſen doch, dieſem Verein weiter einen Beitrag zu gönnen. Ich beantrage alſo, die 400 ℳ wieder einzuſetzen. Oberbürgermeiſter Schuſtehrus: Meine Her⸗ ren, Herr Stadtv. Zietſch hat eine eingehende Kritik an die Verwaltung der Charlottenburger Polizei gelegt. Ich ſtehe nicht auf dem Boden, auf dem er ſteht; ich kann das, was er in ſeiner Kritik geſagt hat, nicht unterſchreiben. Ich habe aber im einzelnen gar keine Veranlaſſung, auf dieſe von ihm geübte Kritik weiter einzugehen, denn die Verwaltung der Polizei unterſteht nicht dem Magiſtrat, ſondern einer königlichen Behörde. Wir ſind alſo gar nicht in der Lage, darüber urteilen zu können, ob die Verwaltung, die wir nicht näher kennen, richtig geführt wird oder nicht. Wir können uns hier mit der Polizei nur beſchäftigen, inſofern die finanziellen Wirkungen, welche die Verwaltung der Polizei auf den Haushalt der Stadt ausübt, dabei in Frage kommen. Nach der Richtung hin können wir uns auch um die Organiſation der Polizei kümmern, d. h. alſo inſoweit ſie in finan⸗ zieller Beziehung von einer Tragweite für uns iſt. Wir tun das bei der Aufſtellung jedes Jahresetats, den die Polizei uns vorzulegen hat. Dieſer Etat wird von uns eingehend geprüft, und wir haben bisher mit der hieſigen Poilzei immer eine Einigung über unſere Wünſche erzielt. Nun wünſcht Herr Stadtverordneter Zietſch, daß die Zahl der Polizeibeamten vermindert wird. Das ſteht aber im Widerſpruch mit einer ſehr häufig geäußerten Anſicht der hieſigen Stadtverordneten⸗ 153 verſammlung, die den Magiſtrat mehrfach in Re⸗ ſolutionen erſucht hat, dahin zu wirken, daß die Polizeibeamten vermehrt werden. Ich bin alſo auch im Sinne der Stadtverordnetenverſammlung gar nicht in der Lage, als Dirigent des Magiſtrats eine Beeinfluſſung des Polizeietats nach dem Wunſche des Herrn Stadtv. Zietſch zu ermöglichen. Was die Poſition angeht, die zur Unterſtützung der Witwen und Waiſen der Polizeibeamten 1000 fordert, ſo bitte ich Sie dringend, meine Herren, dieſe Poſition nicht zu ſtreichen. Es iſt hier durch die Polizeibeamten aus eigener Kraft ohne irgend⸗ welche andere Hilfe eine Kaſſe gegründet worden, die im Laufe der Jahre zu der ziemlich erheblichen Summe von 60 000 ℳ angewachſen iſt. Die Be⸗ amten haben ein Muſikkorps aus ſich heraus ge⸗ gründet, das hat Konzerte gegeben, an denen die anderen Beamten mit ihren Familien teilgenom⸗ men haben, und auf dieſe Weiſe iſt hauptſächlich der Fonds zuſtande gekommen. Aus den Zinſen dieſes Kapitals ſollen nun die Witwen und Waiſen von Schutzleuten in Notfällen unterſtützt werden. Die Verpflichtung, die der Staat den Charlotten⸗ burger Polizeibeamten wie allen anderen Polizei⸗ beamten gegenüber hat, erfüllt er. Das reicht aber nicht immer aus. Das iſt nicht nur im ſtaatlichen Betriebe ſo, das iſt auch ſo in ſtädtiſchen und an⸗ deren Betrieben. Für dieſe Notfälle iſt alſo dieſe Kaſſe gegründet worden. Wir wünſchen nun den Schutzleuten bei Gelegenheit des Polizeijubiläums eine Anerkennung für ihr Verhalten zu gewähren, das ſie ſeit Jahrzehnten in Charlottenburg unſerer Bürgerſchaft gegenüber gezeigt haben. Es wird nicht zu verkennen ſein, meine verehrten Herren, daß die Stellung, die die Polizeiverwaltung in Charlottenburg gegenüber der ſtädtiſchen Verwal⸗ tung ſeit Jahrzehnten innegehabt hat, immer er⸗ freulich geweſen iſt, daß wir niemals zu Klagen Veranlaſſung gehabt haben. Wir können auch über den Geiſt, der in unſerem Schutzmannskorps herrſcht, keine Klage führen. Die Leute ſind Be⸗ amte, haben ihre Pflicht zu tun, und wenn ſie nach Treptow oder nach dem Tiergarten kommandiert werden, haben ſie hinzugehen. Das verſteht ſich ganz von ſelbſt. Aber daß unſere Bürgerſchaft in irgendeiner Weiſe zu irgendeiner Zeit von den Polizeibeamten ſchikaniert, ſchlecht behandelt wor⸗ den ſei, kann niemand ſagen. Wir können über unſere Polizei nicht klagen. Auch die Beiſpiele, die Herr Zietſch angeführt hat, zeigen, wie milde die Polizei gegenüber der Bürgerſchaft auftritt. Er kann ſich über rigoroſes Vorgehen, namentlich auch was den Sandkaſten betrifft, wahrlich nicht beklagen. Ich glaube alſo, meine Herren, es iſt bei dem angenehmen Verhältnis, das zwiſchen Stadt und Polizeiverwaltung ſowohl, als zwiſchen Bürger⸗ ſchaft und Exekutivbeamten beſteht, durchaus be⸗ gründet, daß wir den Schutzleuten zum Jubiläum eine Aufmerkſamkeit erweiſen, in der eine Aner⸗ kennung dieſer verdienten Beamten liegt. Ich möchte Sie bitten, die 1000 ℳ nicht zu ſtreichen, ſondern zu bewilligen. Stadtrat Seydel: Meine Herren, ich möchte zu einer andern Poſition ſprechen. Der Magiſtrat hatte bei Ihnen beantragt, für den Vaterländiſchen Frauenverein die Summe von 20 430 ℳ zu be⸗ willigen. Das iſt der Betrag der Umſatzſteuer, die zweimal für das Cecilienhaus gezahlt worden iſt.