154 Der Etatsausſchuß hat von dieſer Summe, wie bereits referiert worden iſt, 6800 ℳ abgeſtrichen. Ich möchte Sie bitten, dieſe Summe wieder hinzu⸗ zuſetzen und damit die Poſition wieder auf die vom Magiſtrat beantragte Höhe zu bringen. Der „Vater⸗ ländiſche Frauenverein“ hat nach meiner Auffaſ⸗ ſung und, wie ich glaube, auch nach der des Magi⸗ ſtrats mit dem Cecilienhauſe eine Zentralſtelle für die Wohlfahrtspflege geſchaffen, die vorbildlich iſt und um die uns viele beneiden können und auch beneiden. Ich möchte dazu ganz kurz einige nüch⸗ terne Angaben machen, die aber meiner Anſicht nach eine beredte Sprache ſprechen: In dem Cecilienhauſe ſind untergebracht ein⸗ mal die Vereinigung der Wohltätigkeitsbeſtrebun⸗ gen, die mit der Jugendgerichtshilfe verbunden iſt, ferner die Schreibſtube für Stellenloſe, das Bureau des Vereins gegen Verarmung und das der Ferien⸗ kolonien, die ſtädtiſche Fürſorgeſtelle für Lungen⸗ kranke mit dem zugehörigen Verwaltungsbureau, eine Säuglingsfürſorgeſtelle mit Milchküche und eine Schülerſpeiſeſtelle. Für dieſe Räume zahlt die Stadtgemeinde Miete. Ferner ſind im Cecilien⸗ haus, ohne daß von der Stadtgemeinde Miete ge⸗ zahlt wird, untergebracht: ein Sanatorium mit 50 Betten, das beſonders den Bedürfniſſen des Mittelſtandes dienen ſoll und damit eine Lücke aus⸗ gefüllt hat, die in unſerer Stadt noch heute beſteht; ferner die Volksküche mit Krankenküche, die einzige Einrichtung dieſer Art, die in Charlottenburg vor⸗ handen iſt, weiter eine Krippe, die die Stadt mit 1000 ℳ unterſtützt und die der Verein ſelbſtver⸗ ſtändlich mit den 1000 ℳ allein nicht führen kann, ſodann die neue Fürſorgeſtelle für Alkoholkranke, für die der Verein die Schweſtern der Lungen⸗ fürſorge, die Oberſchweſter und die Räume ohne Entgelt zur Verfügung ſtellt; dann die Rechtsaus⸗ tunftsſtelle des „Gemeinnützigen Vereins“ und die „Rechtsſchutzſtelle für Frauen“. Ich meine, daß dieſe Aufſtellung, wenn ich Sie Ihnen auch nur ganz nüchtern gegeben habe, genügt, um zu ſehen, in wie vorbildlicher und ſchöner Weiſe die Wohl⸗ fahrtspflege Charlottenburgs durch die Bemühun⸗ gen des Vaterländiſchen Frauenvereins zuſammen⸗ gefaßt iſt. Ich möchte noch kurz darauf hinweiſen, daß neben dieſen in dem Hauſe ſelbſt unmittelbar in die Erſcheinung tretenden Einrichtungen vom Verein fernerhin die Arbeitergärten ſowie die Kindererho⸗ lungsſtätte im Grunewald, die von der Stadt Charlottenburg zum weſentlichſten Teile in An⸗ ſpruch genommen wird, unterhalten werden und daß der Vaterländiſche Frauenverein für die ſtädti⸗ ſchen Waldſchule die Bewirtſchaftung übernommen hat; er hat die Wirtſchaftsbaracke, die einen Wert von zirka 5000 ℳ hat, ſeit Jahren unentgeltlich zur Verfügung geſtellt, und er beſorgt endlich die Frühſtücksverteilung in den Gemeindeſchulen. Was haben wir nun für die Erbauung dieſes Hauſes, das unzweifelhaft auch für uns eine weſent⸗ liche Hilfe bei der Ausübung der Wohlfahrtspflege bedeutet, getan? Der Verein hat keinen Pfennig von uns verlangt, und wir haben ihm keinen Pfennig gegeben. Andere Vereine haben mehr von uns bekommen. Ich erinnere daran, daß wir dem „Auguſta⸗Viktoria⸗Haus zur Bekämpfung der Säuglingsſterblichkeit“ recht wertvolles Land ge⸗ ſchenkt und ein anderes Stück zu ſehr mäßigem Preiſe überlaſſen haben, daß wir ferner der Höhne⸗ ſtiftung, dem Wa ſenhauſe „Luiſens Andenken“ und Sitzung vom 22. März 1910 dem Verein „Jugendheim“ ein Grundſtück geſchentt haben und daß wir dem Verein „Säuglingsheim“ die Umſatzſteuer ebenfalls zurückerſtatten wollen. Ganz im Gegenſatz dazu hat der Vaterländiſche Frauenverein für ſein Cecilienhaus, für das er wohl einen ähnlichen Anſpruch hätte erheben können, nichts gefordert. Der Erſatz der Umſatzſteuer ſoll nun der einzige Beitrag ſein, den die Stadt zu dem Bau des Cecilienhauſes leiſtet. Ich glaube, daß das, was das Cecilienhaus uns gegeben hat und jetzt noch gibt, dieſe Leiſtung wohl wert iſt. Ich bitte Sie daher, die 6800 ℳ, die Sie geſtrichen haben, wieder einzuſetzen. Vorſteher Kaufmann: Herr Kollege Dr Stadt⸗ hagen beantragt, in den einmaligen Ausgaben die Poſition Abſchnitt 13 in der eben vom Herrn Stadt⸗ rat Seydel erbetenen Höhe von 20 430 ℳ wieder⸗ herzuſtellen. Herr Kollege Stadthugen hat dieſe Anregung zu ſeinem Antrage gemacht. Stadtv. Vogel 1: Meine Herren, ich möchte zu Nr. 83 des Abſchnitts 6 der Ausgaben ein paar Worte ſagen. Darin wird für den Verein zur Blumenpflege außer der bisherigen Unterſtützung von 150 ℳ noch einmal der Betrag von 150 ℳ, im ganzen alſo 300 ℳ, verlangt. Dieſer Verein iſt von dem verſtorbenen Stadtrat Töbelmann nicht nur begründet, ſondern auch unterhalten worden; er hat die Hauptmittel dazu gegeben. Die Lei⸗ ſtungen dieſes Vereins ſind ſo bedeutend, daß ſie durch die Mitgliederbeiträge allein nicht entfernt gedeckt werden können. Da hat Herr Stadtrat Töbelmann, ſolange er lebte, immer mit dem Nötigen nachgeholſen, und nach ſeinem Tode hat Frau Stadtrat Töbelmann verſprochen, daß ſie das auch tun und die Unterſtützungen weiter geben würde. Ebenſo iſt es mit den Ferienkolonien. Auch für die Ferienkolonien hat Herr Stadtrat Töbel⸗ mann immer größere Summen gegeben, viele Tau⸗ ſende. Auch hier hat Frau Stadtrat Töbelmann geſagt, ſie würde, wenn nötig, auch nach dem Tode ihres Mannes ebenfalls Unterſtützungen gewähren. Sie hat z. B. die großen Koſten beſtritten, die die Errichtung des Brunnens in Horſt gemacht hat. Ich bin feſt überzeugt, daß Frau Stadtrat Töbel⸗ mann, wenn man an ſie heranträte, auch die hier noch notwendigen Mittel beiſteuern würde. Es iſt ja für ſie eine Kleinigkeit. Zuerſt hat ſich der Verein nur auf die Förderung der Blumenpflege in Balkons und Vorgärten erſtreckt, ſpäter hat er darauf ſeine Aufmerkſamkeit gerichtet, Schulkindern Gelegenheit zur Blumenpflege zu geben, was in pädagogiſcher Beziehung ſehr nützlich iſt. Die Stadt hat bisher dazu auch das Waſſer geliefert und das Terrain gegeben, und das wird ſie wohl auch weiter tun. Die übrigen Mittel aber, die von der Stadt verlangt werden, wird gewiß Frau Stadtrat Töbel⸗ mann dem Verein gewähren; er wird ſicher keine Fehlbitte tun. Sie hat es ja feſt verſprochen, daß ſie die Unkoſten, wie es früher ihr Herr Gemahl getan, decken will. Stadtrat Seydel: Herr Stadtv. Vogel befindet ſich im Irrtum. Der Verein iſt gerade deshalb an uns herangetreten, weil Beiträge, die er von dieſer Seite erwartet hatte, ausgeblieben ſind und auch weiterhin ausbleiben werden. Der Verein hat ſich ſelbſtverſtändlich bemüht, ſich dieſe Beiträge zu erhalten; es iſt ihm nicht gelungen.