Sitzung vom 22. März 1910 157 30 ℳ, um ein Beiſpiel zu nennen —, keine drückende! — ſo ſind ſie gedacht — ein untrennbares Ganze. und jedenfalls viel leichter zu ertragen ſei als eine Mehrbelaſtung der III. Gewerbeſteuerklaſſe; eine Mehrbelaſtung der mittleren Gewerbetreibenden, die ohnehin in Charlottenburg einen ſchweren Kampf gegen die großen Geſchäfte Berlins führen, müſſe vielmehr als beſonders odiös abgelehnt werden. Die Minderheit des Etatsausſchuſſes hielt aber auch ferner an der einträglicheren Er⸗ höhung der Grundſteuer deshalb feſt, weil ſie im Gegenſatze zu der Mehrheit die Wertzuwachs⸗ ſteuer heute nicht eskomptieren wollte, zumal die Gefahr vorliegt, daß die Umſatzſteuer im neuen Etatsjahr ebenſo großen Ausfall erleidet, wie die Wertzuwachsſteuer Gewinn bringt. Aus den gekennzeichneten Gründen hat die Minderheit gegen die Anträge geſtimmt, die von der Mehrheit zum Beſchluß erhoben worden ſind. Meine Herren, ich habe als Referent des Aus⸗ ſchuſſes die Aufgabe, Ihnen die Beſchlüſſe des Aus⸗ ſchuſſes zur Annahme zu empfehlen. Als Stadt⸗ verordneter füge ich die Erklärung hinzu, daß ich perſönlich dagegen ſtimmen werde. Vorſteher Kaufmann: Von Herrn Kollegen Otto iſt der Antrag eingegangen: 1. Wiederherſtellung der Magiſtratsvor⸗ lage im Sonderetat Nr. 9, Müllbeſeitigung. 2. Feſtſetzung der Gemeindegrundſteuer auf 2,7% für bebaute und auf 5,4% für un⸗ bebaute Grundſtücke. 3. Wiederherſtellung der Magiſtratsvorlage, betr. die Gewerbeſteuerklaſſe III. Stadtv. Bergmann: Meine Herren, ich bin im allgemeinen gegen jegliche Mehrbelaſtung des Grundbeſitzes, weil ich der Anſicht bin, daß der Grundbeſitz eine höhere Steuer nicht mehr ver⸗ tragen kann und weil ein großer Teil dieſes Grund⸗ beſitzes in recht ſchwachen Händen iſt, die eine wei⸗ tere Belaſtung nicht vertragen. Nachdem uns aber dargelegt worden iſt, daß bei Ablehnung dieſer Erhöhung die Gewerbeſteuer um 50% erhöht werden ſoll, was ich für ein weit größeres Übel halte, muß ich meine ſchweren Bedenken, die ich gegen eine Erhöhung der Grundſteuer habe, zu⸗ rückſtellen. Ich hoffe, daß ein Teil, vielleicht der größere Teil meiner Freunde, die bisher denſelben Standpunkt wie ich eingenommen haben, mir darin folgen werden. Ich hoffe allerdings auch, daß in den nächſtjährigen Etats dieſe Frage uns nicht mehr beſchäftigen wird, damit endlich einmal in den Kreiſen der Grundbeſitzer Beruhigung eintritt. Stadtv. Otto: Nach der Erklärung des Herrn Kollegen Bergmann darf ich hoffen, daß der Ver⸗ mittlungsvorſchlag, den ich mir einzubringen er⸗ laubte, wohl mit erheblicher Mehrheit von dieſer Verſammlung angenommen werden wird. Ich be⸗ ſchränke mich deshalb zur Begründung dieſes Vor⸗ ſchlages auf das Allernotwendigſte. dDer Vorſchlag betrifft drei Punkte: einmal die Wiederherſtellung der Magiſtratsvorlage im Sonderetat Müllbeſeitigung, zweitens einen Mittel⸗ weg bezüglich der Gemeindegrundſteuer, indem wir nur die Hälfte der vom Magiſtrat vorgeſchla⸗ genen Erhöhung bewilligen wollen, und drittens die Wiederherſtellung der Magiſtratsvorlage, betr. die Gewerbeſteuerklaſſe 1I1, alſo die Herabſetzung von 150% auf 100%. Dieſe drei Vorſchläge bilden Wenn ich annehme, daß in der Reihenfolge, wie ſie hier gemacht worden ſind, auch abgeſtimmt wird, ſo ſetzt das voraus, daß zunächſt der Sonderetat Müllbeſeitigung in der Faſſung des Magiſtrats wiederhergeſtellt wird. Sollte dieſe Wiederher⸗ ſtellung wider Vermuten nicht erfolgen und der Antrag des Etatsausſchuſſes angenommen werden, ſo erkläre ich für meine Perſon, daß ich damit Punkt 2 und 3 meines Vermittlungsvorſchlags als erledigt anſehe und dann in dieſen beiden Punkten der unveränderten Magiſtratsvorlage zu⸗ ſtimme. Ich hoffe aber, daß das weite Entgegen⸗ kommen, das durch den Punkt 2 meines Antrags ausgeſprochen worden iſt, die richtige Würdigung findet. Dieſes Entgegenkommen verſucht, zwiſchen zwei gegenſätzlichen Anſchauungen zu vermitteln. Die eine Anſchauung behauptet: der Grundbeſitz iſt zurzeit ſchon ſo ſchwer belaſtet, daß wir ſelbſt nicht davor zurückſcheuen, die vorhandene Reſerve bis auf das Letzte aufzuzehren und ohne jede weitere Reſerve den Etat für 1910 zu balancieren, ohne Rückſicht darauf, was aus dem Etat 1911 wird. Die andere Anſchauung ſagt: es iſt ganz unmöglich, daß die Stadt Charlottenburg in dieſer Weiſe fi⸗ nanziell vorgeht, wir müſſen uns gewiſſe Reſerven laſſen. Ich verſuche, zwiſchen dieſen beiden An⸗ ſchauungen zu vermitteln, indem ich zugebe, daß der Grundbeſitz ſich zurzeit in einer beſonders ſchweren Lage befindet, anderſeits aber mich un⸗ bedingt auf den Standpunkt ſtelle, daß wir gewiſſe Reſerven auch für das Jahr 1911 bereit halten müſſen. Nun ſind die Reſerven, die durch meinen An⸗ trag geſchaffen werden, nicht ſonderlich hoch, und ſie bedeuten gegenüber dem Geſamtetat Char⸗ lottenburgs herzlich wenig. Aber ich meine, ein Wenig iſt beſſer als nichts, und ich denke anderſeits, auch diejenigen Reſerven, die wir hätten, wenn wir dem Magiſtratsantrage zuſtimmen, bedeuten gegen⸗ über dem Geſamtetat Charlottenburgs nicht viel mehr. Die Gewerbeſteuer nicht zu erhöhen, dazu haben mich die Darlegungen veranlaßt, die nach weiterer Beſprechung dieſer Angelegenheit erfolgt ſind und die allerdings zwingend nachgewieſen haben, daß wir eine gewiſſe Ungerechtigkeit ſchaffen würden, wenn wir die Klaſſe 1I11 auch in ihren unteren Stufen, die wir leider nicht von den höheren Stufen ablöſen können, um 50% erhöhten. Ich bitte Sie, meine Herren, ohne noch in eine lange, eingehende Beſprechung der ganzen Angelegenheit einzutreten, dem Vermittlungs⸗ vorſchlage zuzuſtimmen, und ich hoffe, daß auch der Magiſtrat die ſchweren Bedenken, die er nach ſeiner Überzeugung gewiß gegen dieſen Antrag ausſprechen wird, zurückſtellen wird im Intereſſe einer einheitlichen Beſchlußfaſſung und des Zu⸗ ſtandekommens eines Gemeindebeſchluſſes. (Bravo!) Stadtv. Hirſch: Meine Herren, inwiefern der Antrag des Herrn Kollegen Otto ein Vermittlungs⸗ antrag iſt, iſt mir nicht recht klar. Der Antrag kommt in Wirklichkeit darauf hinaus, daß von den Vorſchlägen des Magiſtrats etwas abgehandelt wird, und ich glaube, gerade diejenigen, die nach Meinung des Herrn Kollegen Otto ſeinen Antrag als Vermittlungsantrag auffaſſen, werden darin keine Vermittlung erblicken, ſondern werden ſeinen